Foto: Yky Galore (The Exaltics)

Alle machen plötzlich Electro, nur The Exaltics machen einfach weiter wie zuvor. Seit über einem Jahrzehnt widmet sich Robert Witschakowski nunmehr dem Projekt und ist dabei gleichermaßen dem Genre wie den eigenen Underground-Werten treu geblieben. Über das von ihm gemeinsam mit Nico Jagiella betriebene Label SolarOneMusic veröffentlicht er weiterhin eigene Produktionen wie auch Musik von anderen, die aus alten Träumen neue Ideen extrahiert. Nachdem vor Kurzem mit Das Heise Experiment 2 ein weiteres Kapitel in the The Exaltics-Diskografie und der physisch-astronomischen Fabelwelt des eigenen Kosmos erschien, ist Witschakowskis Beitrag zu unserem Groove-Podcast ein weiterer Beleg dafür, dass in Jena weiterhin Gegenwart und Zukunft statt oller Kamellen auf dem Programm stehen.

 


 

Vor Kurzem erschien mit Das Heise Experiment 2 nach einem Album aus dem Jahr 2013 und einer extrem aufwändig gestalteten EP anno 2017 ein weiteres Kapitel eures Konzeptprojekts, beigelegt ist diesmal ein Comic. Wieso solche Mühen auf sich nehmen, um eine Geschichte zu erzählen – und welche Geschichte ist das überhaupt?
Wir sind Filmfreaks, lieben Comics und natürlich Collector Editions. Da war es naheliegend, irgendwann selbst ein solches Konzept umzusetzen, da wir heute über die Mittel und Kontakte verfügen. Wir kannten ja Mehdi (Godspill) schon von früheren Covergestaltungen für uns. Die Geschichte um Dr. Robert Heise (Heise ist mein Geburtsname) fiel uns über mehrere Jahre Stück für Stück ein. Es ist eine Sci-Fi-Geschichte über einen Wissenschaftler, der ein gestrandetes Alien findet, und seine Verbindung zu den Exaltics, eine außerirdische Macht, die für das Gleichgewicht im Universum sorgt. Eine klassische Sci-Fi-Geschichte eben, zu der ich den Soundtrack liefere. Es macht einfach Spass, sich in allen Facetten auszuleben. Diese Kombination gibt einem Projekt noch mehr Tiefe und jeder Einzelne wird die Geschichte anders erleben. Das finde ich faszinierend. Die Entstehung war natürlich eine harte Nummer. Nico hat die Geschichte geschrieben, Mehdi hat alles gezeichnet, und ich hab Stunden mit ihm über neue Szenen und wie diese umzusetzen sind gechattet. Das ist gar nicht so einfach, wenn man sich nicht persönlich trifft. Dann kamen noch erhebliche Probleme mit dem Presswerk dazu, welche das Projekt immer wieder verschoben. Das hat alles wirklich Substanz gekostet. Wir hoffen aber, dass sich alle Mühen gelohnt haben und dass man es der Platte anmerkt, wenn man sie in den Händen hält.

Das Heise Experiment 2 listet einen gewissen Rudolf Klorzeiger als Feature-Gast auf, dahinter verbirgt sich Electro-Legende Gerald Donald. Wie kam die Zusammenarbeit mit ihm zustande und wie organisierte sich euer Arbeitsprozess?
Die Arbeit mit Gerald begann mit einem Dopplereffekt-Remix für meine The Truth-Remix-Platte. Nico hat ihn damals angeschrieben und gefragt, ob er Interesse hätte, einen Remix zu machen. Er fand das Projekt und die Musik sehr ansprechend und hat dann den Remix beigesteuert. Wir sind danach einfach im Kontakt geblieben und haben als nächstes an der Project STS-31 – Spiralgalxie-LP gearbeitet und danach auch für Das Heise Experiment 2. Ich fand die Zusammenarbeit sehr spannend und inspirierend, aber komplett reduziert auf das Wesentliche – die Musik. Eine interessante Erfahrung und komplett anders als regulär.

Ebenso wie Gerald Donald fußt euer Gesamtkonzept auf naturwissenschaftlichen Motiven, vor allem aus den Bereichen der Physik, Mathematik und Astronomie. Welcher konkrete Zusammenhang aber besteht eigentlich zwischen Electro als Genre und Wissenschaft – und was macht eure eigene Faszination daran aus?
Also wir sind mehr die Sci-Fi-Fanatiker, also im entfernteren Sinne an Astronomie interessiert. Ich glaube, Electro hat eine lange Geschichte mit Cybotron oder Drexciya über Zukunftsvisionen oder einfach Utopien im Allgemeinen. Das soll nicht heißen, dass das im Techno zum Beispiel nicht so wäre. Bestes Beispiel: Jeff Mills. Elektronische Music im Allgemeinen würde ich mit Zukunft und Technik und Wissenschaft verbinden. Sie entsteht ja aus moderner Technik, wie im Labor zum Beispiel, und hat wenig mit dem klassischen Arrangements mit Instrumenten zu tun. Elektrizität wird zu Gefühlen des jeweiligen Artists. Wenn das nicht Future/Wissenschaft ist, auch heute noch, dann weiß ich nicht.

Auf eurem Label SolarOneMusic erscheint demnächst eine neue EP des Detroiter Kollektivs Scan7, das den Beginn der sogenannten Techno City Series markiert. Welcher Gedanke steht hinter der Serie und warum machen ausgerechnet Scan7 den Auftakt?
Wir sind immer auf der Suche nach neuem und wir lieben Serien, da diese zusammen ein Ganzes ergeben und irgendwann abgeschlossen sind, damit wir wieder nach neuen Dingen suchen können. Eine Platte nach der anderen herauszubringen, war nie unser Ding. Ein Konzept muss immer da sein und diese Serie befasst sich mit Städten, die bei der Entstehung elektronischer Musik eine Rolle gespielt haben. Scan7 haben uns Tracks geschickt, die uns gefallen haben. Also waren sie die ersten für die Serie. Detroit ist natürlich prädestiniert, um dort zu starten. Das war also ein glücklicher Umstand. Die zweite wird sich um Chicago drehen und vom Urgestein DJ Skull sein.

Dein Beitrag für unseren Groove-Podcast fokussiert sich auf Electro, umfasst dabei aber fast ausschließlich neue Produktionen. Hast du mit dem Mix ein bestimmtes Konzept verfolgt?
Ich dachte einfach, ich bringe mal was Aktuelles! (lacht)

Last but not least: Wann können wir dich beziehungsweise euch in nächster Zeit live erleben und wie sehen eure Pläne als Produzenten und Labelbetreiber aus?
Live werde ich jetzt häufiger unterwegs sein, da ich Spass daran gefunden habe. Ich war ja viele Jahre diesem Sektor untreu und hab mich lieber auf Studio und Label konzentriert. Wir arbeiten auch schon längere Zeit an einem Onlineshop für Vinyl und Digital. Das dürfte als nächstes großes Projekt anstehen. Musikalisch habe ich gerade eine LP für Clone fertiggestellt und eine weitere Shape-Vinyl-Picture-Disc wird auch bei SolarOneMusic veröffentlicht. Die wird eine Kollabo mit Egyptian Lover beinhalten, wo ich sehr stolz drauf bin. 2019 kann kommen!



Stream: The Exaltics – Groove Podcast 181

01. Intro
02. The Exaltics – Fallen Star
03. Jensen Interceptor & The Hacker – Trigger Zone
04. Morphology – Wages Of Sin
05. Westcoast Cruisers – Down With Us
06. Morah – Cassiopeia’s Daughter’s Nebular Gate
07. Gauss – Maximum Entropy
08. DJ Seinfeld – Sakura
09. Jensen Interceptor – Contact
10. The Exaltics – 0998.0989.12
11. Privacy – Shove
12. Jeremiah R – Alpha Draconis
13. Vectorvision – Vortex Unknown
14. Cherriep – Corrupted
15. LA-4A – Slackline
16. Cyborg 95 – Def6
17. Cem3340 – Sedna
18. Gian – Purple Burglar
19. Lorenzo Senni – XAllegroX (DJ Stingrayas Molto Allegro mix)
20. No Moon – Where Am I
21. Effet Rose – Warschauer

Vorheriger ArtikelFAQ: So geht es mit Groove online weiter
Nächster ArtikelPlatten der Woche mit Lady Blacktronika, Orson und Air Liquide
Kristoffer Cornils war zwischen Herbst 2015 und Ende 2018 Online-Redakteur der GROOVE. Er betreut den wöchentlichen GROOVE Podcast sowie den monatlichen GROOVE Resident Podcast und schreibt die Kolumne konkrit.