Fotos: Rick Haylor

Zuerst erschienen in Groove 173 (Juli/August 2018).

Während unseres Skype-Interviews sitzt Larry Heard im Studioraum seines Hauses in Memphis, Tennessee – im Hintergrund seine Plattensammlung, die Turntables, eine Bassgitarre und ansonsten überschaubares Studioequipment. Die Zeiten mit vollgepackten Hardware-Racks vermisst er nicht. Alleine das Verkabeln sei ihm stets ein Graus gewesen. Dass es bis zu der 2016 erschienenen EP „Outer Acid“ mehr als zwei Jahrzehnte lang keine Platte von Mr. Fingers gab, war keine bewusste Entscheidung. In den Neunzigern hatte Larry Heard den Namen zunächst aus vertraglichen Gründen
abgelegt – sein Deal mit dem Major MCA war beendet, juristischen Scherereien wollte er lieber aus dem Weg gehen.

Fortan veröffentlichte er seine Musik ohne Pseudonym und verlor Mr. Fingers schlichtweg aus den Augen. Das neue Album Cerebral Hemispheres kommt als etwas überlanges Doppelalbum daher. Die Reaktionen darauf sind ganz unterschiedlich, manch einer hätte sich wohl eine LP im Stile der Klassiker „Washing Machine“ oder „Can You Feel It“ gewünscht und gerne auf diese für Larry Heard typischen Quiet-Storm-Stücke zwischen 80er-R’n’B und Smooth Jazz verzichtet. Dabei entpuppen sich gerade einige dieser Songs als die Highlights des Albums.

Cerebral Hemispheres ist ein stilistischer Querschnitt der inzwischen 33 Jahre währenden Karriere dieses aus Chicago stammenden Musikers, der in all der Zeit stets relevant blieb. Mit dem neuen Album im Gepäck geht Larry Heard in Kürze wieder auf Tour, bei ausgewählten Gigs wird erstmals wieder Robert Owens mit von der Partie sein. Mit Owens und Ron Wilson gründete der 57-Jährige einst das House-Trio Fingers Inc., dessen einziges Album Another Side heute völlig zu recht mythisch verklärt wird. Anlässlich der Veröffentlichung von Cerebral Hemispheres sprach Heard mit Holger Klein über seine lange Karriere.

13 Jahre liegt dein letztes Album Soundtrack From The Duality Double-Play nun zurück, eine halbe Ewigkeit. Als ich mich jetzt mal wieder durch deine Platten durchhörte, kam mir der Gedanke, dass du eigentlich immer ein Albumkünstler gewesen ist, für Housemusik ist das ja eher ungewöhnlich. Viele deiner besten Tracks sind niemals als Single herausgekommen, deine Alben waren niemals nur eine Sammlung einzelner Stücke. Wie siehst du das?
Ja, stimmt schon. Ich bin sicher nicht der einzige, auf den das zutrifft. Aufgewachsen bin ich mit der Albumkultur. Als kleiner Junge konnte ich mir nur Singles leisten, aber sobald ich mir mit Teilzeitjobs Geld verdiente, kaufte ich Alben.

Dein neues Album hat eine epische Spieldauer von einer Stunde und vierzig Minuten. Warum ist es so lang geworden?
Vielleicht deshalb, weil ich all denen, die so lange auf neue Musik von mir warten mussten, eine Art Wiedergutmachung anbieten wollte.

Die Stücke auf dem Album reichen stilistisch von R’n’B-orientierten und jazzigen Songs über introvertierten House bis hin zu straightem Techno. Stand dahinter die Absicht, dein gesamtes musikalisches Spektrum der letzten Jahrzehnte abzubilden?
Es ist einfach so, dass du auf einem Album den notwendigen Raum hast, dich in ganz unterschiedlichen Facetten auszudrücken, auf einem Doppel-Album erst recht. Natürlich war es da mein Anspruch, von einem Punkt zum anderen zu kommen, und von dort zum nächsten. Ich hatte keine Lust, an nur einem Ort zu verweilen.

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