Du hast inzwischen große Teile deines Katalogs wiederveröffentlicht. Besitzt du die Masterrechte an allen Alben?
Ja, ich hatte für alle meine Aufnahmen lediglich Lizenzdeals vergeben.

Es scheint so, als hättest du geschäftlich bessere Entscheidungen getroffen als einige deiner Zeitgenossen im Musikbusiness, die ihre Musik an Labels verdealten und dabei alle Rechte abgaben.
Ich möchte nicht behaupten, dass all meine Entscheidungen schlau waren, ich versuchte aber, gesunden Menschenverstand walten zu lassen. In Chicago haben solche Fehlentscheidungen in der Musik Tradition. Leute wie Muddy Waters machten dieselben Erfahrungen. Die kannten sich in ihrer Musik aus, doch das Geschäft erforderte ein ganz anderes Wissen.

Du hast in einem Interview mal erzählt, dass Sade dich 1992 gerne als Produzenten für ihr damaliges Album angeheuert hätte. Was hatte es damit auf sich?
Larry Heard: Man hatte das diskutiert. Doch die Leute von ihrer Plattenfirma waren der Meinung, dass ein House-Produzent nichts für Sade wäre. Also wurde der Vorschlag abgelehnt. Ganz offensichtlich hatten sie sich nicht das Introduction-Album angehört, das sich eben nicht ausschließlich um House drehte. Die Platte enthielt ja auch jazzige Elemente oder Ambient-Einflüsse. Vermutlich kannten die Leute ihrer Plattenfirma nur “Can You Feel It” und “Bring Down the Walls”. Natürlich hätte so ein Sound nicht zu Sade gepasst. Wenn die Leute ihrer Plattenfirma so etwas wie “Empty” mit Robert Owens oder “What About This Love?” gekannt hätten, wäre es vielleicht anders gekommen. Es gab noch weitere solcher Situationen. Ich war auch als Produzent für Chaka Khan, Jody Watley oder Gwen Guthrie im Gespräch. Im Mainstream hatte House ein negatives Image, Disco genauso. Clubmusik wurde mit Drogen und Schwulen assoziiert, so wie man generell auf schwarze Musik oder Latin-Sounds herabblickte. Heute nennt man so etwas Profiling. Man betrachtete diese Musikstile genau wie ihre Macher als nur bedingt kultiviert.

Aufgewachsen bist du ja in einer äußerst musikalischen Familie.
Ja, meine Eltern spielten beide Piano und sangen, so wie auch meine Tanten und Onkel. Alle sammelten Platten., die waren richtig enthusiastisch. Ich bekam also eine Menge Musik mit, schon lange bevor ich überhaupt soweit war, dass ich mir meine ersten eigenen Platten kaufen konnte. Es gab da auch einige Plattencover, die sich ganz stark in mein Gedächtnis eingeprägt haben. Mir fällt da gerade die Sun Goddess-LP von Ramsey Lewis ein, das Bild fand ich wahnsinnig eindrucksvoll, aber ich war zu jung, um es wirklich zu verstehen. Ich las auch die Linernotes und Credits auf den Covern. Meine beiden älteren Brüder spielten Gitarre, seitdem sie zehn oder elf Jahre alt waren. Ich hingegen habe lange kein Instrument gespielt, Luftgitarre und Luftpiano waren die Ausnahmen, so kam ich zu meinem Spitznamen Loose Fingers. Mit 15 musste ich aber auf der Schule das erste von drei Instrumente lernen, ich entschied mich für Gitarre. Das hat für mich aber nicht so gut funktioniert, also wechselte ich zum Bass. Am Ende wurde das Schlagzeug mein Instrument. Die nächsten sieben Jahre spielte ich in diversen Bands mit, in einem Studio waren wir aber nur, um mal zwei oder drei Demosongs aufzunehmen. Damals hatte man ja die Vorstellung, dass man seine Demos zu Columbia oder Warner schickt. Aber natürlich haben die sich von Leuten wie uns nichts angehört.

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