Foto: Mjut

Leipzig hat einen neuen Club. Das alleine ist nicht viel Aufregung wert, hat sich doch spätestens mit der Eröffnung des Instituts für Zukunft vor vier und des So&So vor zwei Jahren die Clublandschaft in der durchgehypten sächsischen Metropole auf hohem Niveau eingependelt. Inzwischen hat man hier eher mit der altbekannten Der-Hype-frisst-seine-Kinder-Problematik zu kämpfen: Durch den massiven Zuzug steigen die Mieten, die neuen BewohnerInnen wollen ihre Ruhe, Ordnungsamt und Polizei greifen inzwischen rigoros durch, wo früher noch ein Auge zugedrückt wurde. Die meisten illegalen und halblegalen Läden mussten schließen, Open-Airs werden von Uniformierten aufgelöst, selbst viele Spätis müssen inzwischen um 22 Uhr schließen. Das IfZ bekam den Druck vor einigen Monaten in Form der stadtseits durchgedrückten Sperrstunde zu spüren.

Davon unbeachtet öffnete Anfang April das Mjut. Das Spannende an diesem Club ist nicht unbedingt sein Konzept, das die Entwicklungen im Clubkontext der letzten Jahre aufnimmt und weiterspinnt. Es ist seine Lage und es sind vor allem die Leute dahinter. Das Mjut ist in einer alten Lagerhalle untergebracht, umgeben von Gewerbehallen und viel Brachland, auf halbem Weg zwischen dem Hauptbahnhof und der Eisenbahnstraße. Letztere steht als Synonym für das letzte Stadium der Hypeisierung Leipzigs. Wo vor fünf Jahren zwei Drittel aller Häuser leerstanden, sieht es heute aus wie in einer Miniaturversion der Neuköllner Hermannstraße: arabische Supermärkte und Spielcasinos reihen sich an hippe Cafés und Bars. Vor zwei Jahren eröffnete der erste Plattenladen, dieses Jahr folgt der zweite. Was dem Viertel bisher fehlte, war ein Club, zumindest ein legaler.

Das Mjut füllt diese Leerstelle und schickt sich an, der Ort für die Szene des Szeneviertels zu werden. Und es stimmt: Von den Grafikern über die Technikleute bis zur Barcrew sind hier die Leute am Werkeln, die in dieser Gegend in den letzten Jahren Läden betrieben, Projekte vorangetrieben und Partys geschmissen haben. Das bestätigt auch eine der beiden Personen aus der Booking-Crew, die Groove zum Interview traf: „Viele der Locations, die es vorher gab, haben ihren Charme, sind aber auch limitiert in dem, was man dort machen kann. Ein Clubrahmen, in dem man einfach mehr Acts einladen kann oder auch mal Konzerte auf die Beine stellen kann, und das auf einer legalen Ebene, das ist halt schon mal was anderes. Ich glaube dass das Mjut einfach eine logische Konsequenz der Entwicklung im Viertel war.“

Die Leute, die den etwas heruntergekommenen Backsteinbau mit Warehouse-Charme bespielen, bezeichnen sich als sich Kollektiv. Sie wollen keine Namen von sich in der Öffentlichkeit lesen und dort auch keine aussagekräftigen Fotos des Clubs sehen. „Heutzutage ist das alles total einfach, man kann vor dem Rechner sitzen oder am Telefon und sich DJ-Sets bei Boiler Room anschauen. Alles ist so klar und nah dran, man schaut sofort nach und urteilt. Wir wollen den Ort zu etwas Besonderem machen. Was dort passiert, soll offline stattfinden und sich ausgliedern aus dem, was immer überall verfügbar ist“, meint einer unserer Interviewpartner. Denn: „Wir sind jetzt nicht in den Neunzigern, wo alles irgendwie mystisch und verhallt ist und nur schwarz-weiß kopierte Zettel herausgegeben werden. Klar machen wir bei Facebook mit und so weiter. Aber wir wollen eben schon, dass die Leute sich damit beschäftigen, wie wir in die Öffentlichkeit treten, und sich dann auch mal durchfragen müssen. Aber auch, wenn sie dann hier sind. Wir hatten hier jetzt zum Beispiel die Berceuse-Heroique-Labelnacht. Da muss man sich auch mal die Zeit nehmen um zu merken, dass da ein musikalisches und künstlerisches Konzept dahintersteht. Es wäre schön, wenn wir dieses Bewusstsein bei unseren Gästen hervorrufen könnten.“

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