Foto: Bassiani

In der Nacht vom Freitag auf Samstag kam es in der georgischen Hauptstadt Tbilissi zu Polizeirazzien, Ziel der Aktion waren der Club Bassiani sowie das Café Gallery. Laut Angaben des Bassiani wurden in dem unter einem Fußballstadion untergebrachten Club sowie nach erfolgten Spontanprotesten außerhalb des Gebäudes in derselben Nacht rund 60 Verhaftungen vorgenommen. Auf Bildern und Videos sind mit Maschinengewehren ausgestattete Polizisten in schwerer Einsatzmontur zu sehen, vor dem Club wurden Auseinandersetzungen zwischen Polizei und Protestierenden dokumentiert.

Anlass der Einsätze sind fünf Todesfälle im Laufe der letzten drei Wochen, die laut einem Statement des Bassiani auf eine bisher unbekannte Substanz zurückzuführen sind. Des Weiteren berichtete der im Herbst 2015 eröffnete Club im selben Zug, dass einige Gruppen bereits seine Schließung gefordert hätten und bestritt jeglichen Zusammenhang zwischen den Drogentoten und dem Bassiani.

Laut dem Nachrichtenportal Civil.ge meldete das georgische Innenministerium die Verhaftung von acht Personen, die mit Drogen gehandelt haben sollen. Ein heute vom Innenministerium über Facebook veröffentlichtes Video zeigt angeblich den Drogenhandel auf offener Straße und im Clubkontext. Der genaue Zusammenhang mit dem Bassiani wie dem Café Gallery sowie der dort durchgeführten Razzien wird indes nicht explizit thematisiert.

Ein Instagram-Post des Bassianis lässt indes darauf schließen, dass die Maßnahmen als politische gewertet werden. “Special forses [sic] have blocked BASSIANI, musicians trapped in, the rightist are becoming more radical”, steht darin zu lesen. Tatsächlich wurden in der Musikgeschichte angefangen vom britischen Criminal Justice and Public Order Act aus dem Jahr 1994 bis hin zu kürzlich erfolgten Repressionen auf russischem Boden die Unterbindung des Versammlungsrechts sowie die Schließung von Clubs mit Verweis auf Drogenhandel und Drogen-induzierte Todesfälle gerechtfertigt, nicht selten allerdings schienen diese Begründungen vorgeschoben.

2017 berichtete Groove-Chefredakteur Heiko Hoffmann in einer Reportage über die Szene Tbilissis über die Spannungen, mit welcher sich die LGBTQ-freundliche Techno-Community angesichts “einer Gesellschaft, in der orthodoxe Priester auf offener Straße Schwule angreifen und wo die Null-Toleranz-Politik der Regierung Drogenkonsum mit Haftstrafen belegt” konfrontiert sieht. Laut einem Bericht des Georgian Journals mehren sich die Solidaritätsbekundungen aus dem eigenen Land sowie der internationalen DJ-Community.

Update 15.15 Uhr: Am Samstagnachmittag kam es laut Augenzeugenberichten zu Demonstrationen vor dem Parlamentsgebäude in Tbilissi, während derer der Rücktritt des Premiers Giorgi Kvirikashvili und des Innenministers Giorgi Gakharia gefordert wurden.

Update 16.14 Uhr: Auf Twitter hat die Hedonistische Internationale für 19 Uhr am Samstagabend eine Demonstration an der Berliner Elsenbrücke angekündigt.

Update 16.20 Uhr: Der Club Khidi hat über Facebook bekanntgegeben, die heutige Clubnacht zu verlegen und sich den Protesten anzuschließen.

Update 18.08 Uhr: Für Sonntagnachmittag 15 Uhr wurde eine private Solidaritätsaktion vor der georgischen Botschaft in Berlin angekündigt, mehr Informationen sind einem Facebook-Event zu entnehmen.

Update Sonntag, 13.58: Laut einem Bericht von Civil.ge seien die Verhaftungen wegen Drogenbesitzes bzw. Drogenhandels außerhalb des Bassianis und geraume Zeit vor dem Polizeiensatz im Club zustande gekommen. Einem Statement der Innenministeriums zufolge handle es sich indes bei einem der im Club festgesetzten Verdächtigen um einen Security-Mitarbeiter des Clubs, der Eingriff erfolgt gegen 1 Uhr nachts unter dem Verdacht, dass zu diesem Zeitpunkt der Absatz von Drogen auf dem Grundstück des Clubs geplant gewesen sei.

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Kristoffer Cornils war zwischen Herbst 2015 und Ende 2018 Online-Redakteur der GROOVE. Er betreut den wöchentlichen GROOVE Podcast sowie den monatlichen GROOVE Resident Podcast und schreibt die Kolumne konkrit.