Fotos: Numinos

Es ist ohne Frage schwierig geworden, in der elektronischen Musik eine eigenständige Handschrift zu entwickeln. Denn jeder hat theoretisch Zugriff auf jeden denkbaren Klang, jede Struktur ist am Rechner reproduzierbar und ein unverkennbares Merkmal wie das singuläre Timbre einer Stimme fehlt. Frank Bretschneider ist einer der wenigen Künstler, die sich hier deutlich abgrenzen können. Seine Tracks sind stilistisch offen, folgen aber einer sparsamen, konzentrierten Strenge und nehmen sich die Zeit und den klanglichen Raum,die dahinterstehende Idee wirklich auszuerzählen. Auf Lunik, seinem neuen Album, wird dies besonders deutlich, schließt es eine Klammer aus Track-Fragmenten, die in den 90er-Jahren des letzten Jahrhunderts geöffnet wurde.

Wir treffen den Musiker und Videokünstler in seinem sparsam eingerichteten Musikwohnzimmer in Prenzlauer Berg in Berlin. Auf den ersten Blick erkennbar: Bretschneider hat keinerlei akustische Maßnahmen ergriffen. Er fühle sich aber dennoch wohl mit den klanglichen Gegebenheiten und seinen altgedienten Mackie-HR-824-Monitoren, gibt er zu Protokoll. Der Blickfang des Zimmers sind zwei Racks, von denen das eine mit einem Nord Lead Modular und einem Elektron Octatrack ist, das andere mit zwei Flightcases, in denen sich ein aufwändiges Modularsystem versteckt.

Ein Blick auf die beiden Racks zeigt, dass es in seiner Gesamtheit weniger mit dem Fokus als Klangerzeuger, sondern mehr wie ein Effektgerät konzipiert ist. Bretschneider berichtet, dass er erst 2015 begonnen hat, sich ein Modularsystem aufzubauen, und dass seine Zusammenstellung – wie bei fast allen Besitzern eines solchen aus Einzelkomponenten aufgebauten Systems – auch bei ihm eine wechselvolle Genese durchgemacht hat. Ursprünglich wollte er eigentlich nur eine Art vierstimmigen, halb-modularen Synthesizer für den Live-Einsatz bauen. Durch das Ausprobieren verschiedener Module über drei Jahre hinweg sei das komplette System dann allerdings doch zu einem komplexen Sampler/Sequencing/Effekt-Monster angewachsen, berichtet der 62-Jährige sichtlich vergnügt.

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