„#2“ und das Titelstück „All Melody“ erinnern zum Teil an die sphärische Live-Elektronik der Berliner Schule der 70er-Jahre – an Musiker wie Klaus Schulze oder die frühen Tangerine Dream. Hat diese Musik je eine Rolle für dich gespielt?
Nee, überhaupt nicht. Das ist gar nicht meins. Aber den Vergleich kann ich natürlich nachvollziehen: Das ist relativ schlichte Sequenzer-Synthese und das passt auch in diese Zeit und klingt ziemlich klassisch. Für mich waren aber etwa Boards of Canada viel wichtiger. Die haben für mich die Vorstellung davon, wie Synthesizer klingen können, erweitert, leider ohne es zu schaffen, das auch live umzusetzen. Ab einem bestimmten Level funktioniert das halt nur im Studio. Mir war es immer wichtig, dass ich meine Stücke auch live spielen kann, und dafür brauche ich eher einfache, stabile Synthesizer mit Speichermöglichkeit für die Sounds. Damit fallen dann schon mal alle richtig coolen Synthesizer weg. (lacht)

Eigene Sounds zu machen ist dir wichtig, aber du scheinst kein besonderes Interesse daran zu haben, dass die auch neu klingen, oder?
Nein, neue Sounds nur um ihrer Neuigkeit willen interessieren mich nicht. Das war schon so, als ich Musikwissenschaften studiert und mich dort auch mit physical modelling beschäftigt habe. Mein Forschungsbereich hat am Computer eine Geige gebaut und die dann neue Sounds generieren lassen. Das klang zwar wie nichts, was ich jemals zuvor gehört habe, aber halt auch leider völlig uninspiriert und unbrauchbar. Ich hab dann vorgeschlagen, lieber mal zu versuchen, im Computer einen Gong zu bauen, der 50 Kilometer Durchmesser hat, einen Kilometer dick ist und auf den man einen Kometen schlagen lässt – die anderen haben sich halb totgelacht und dann an ihrer bescheuerten Geige weitergebaut.

Auf „Fundamental Values“ synchronisierst du das Klavier zum Beispiel mit einer Bass-Marimba. Das Resultat klingt gleichzeitig neu und vertraut.
Genau und das ist es, was mich interessiert. Die Bass-Marimba hat ein befreundeter Musiker, Sven Kacirek, eingespielt. Das Klavier, das ich auf dem Stück spiele, ist ein kleines, dänisches Modell, das man auch Pianette nennt und dessen Hämmer ich mit Filz gedämmt habe [dieser durch den Filz modifizierte Klavierklang wurde so etwas wie Frahms Markenzeichen. Er ist bereits auf Wintermusik zu hören und war bei dem Album Felt namensgebend; Anm. d. Aut.]. Ich hab bei der Arbeit an dem Soundtrack zu Victoria schon festgestellt, dass es einen netten Effekt ergibt, wenn man die Bassnoten vom Klavier zum Beispiel per MIDI mit Bassnoten von einem Synthesizer doppelt. Das klingt dann gleich viel fetter. Für das Album wollte ich das dann lieber mit einem akustischen Bassinstrument ausprobieren und da fiel mir dann Sven und seine Bass-Marimba ein, die einen sehr dreidimensionalen Klang hat.

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