Was für einen Einfluss hat die neue Umgebung auf deine Musik?
Das hat jetzt eine andere Ernsthaftigkeit. Es gibt hier so viele Details, die zu einer besonderen Atmosphäre beitragen. Die Akustik und die Stille im Raum ermöglichen eine besondere Konzentration und das wirkt auch inspirierend. Ganz praktisch habe ich auch einfach viel mehr Platz. Ich kann Sachen aufbauen und umräumen, davon konnte ich vorher nur träumen.

Kürzlich hat Four Tet auf Twitter ein Foto seines Studios gepostet, in dem er sein letztes Album aufgenommen und abgemischt hat. Zu sehen war lediglich ein Laptop, eine Soundkarte und ein MIDI-Keyboard.
Ha, cool! Ich wünschte, ich könnte das auch. Ich wünschte, ich könnte mich derart einschränken. Aber ich weiß auch, dass ich dann unter meinen Möglichkeiten bleiben würde.

Seit Jahrzehnten gibt es eine Entwicklung zur Demokratisierung bei der Musikproduktion. Du scheinst den umgekehrten Weg zu sein: Dein Album ist mit Equipment entstanden, das einen deutlich sechsstelligen Betrag kosten dürfte.
Ja, aber dieses Equipment allein macht auch keine Musik. Das ist mir besonders wichtig: Klarzumachen, dass es keine Tricks gibt. Es gibt keine Geheimnisse, wie ich meine Musik mache. Ich finde es wichtig, das Wissen, das man hat, zu teilen. Die Unendlichkeit des Computers verschreckt mich. An echten Instrumenten schätze ich auch die Unmittelbarkeit. Beim Musikmachen am Computer gibt es immer noch eine Latenz zwischen dem Impuls, den Ton zu machen, und dem eigentlichen Schallereignis. Diese paar Millisekunden machen für mich tatsächlich einen Unterschied.

Hängt das auch damit zusammen, wie du zum Musikmachen gekommen bist?
Klar, ich komme halt von echten Instrumenten her. Ich hab mit meinem Vater zusammen Hausmusik gemacht und damit meine ich keine Housemusik. Jeden Abend hat er Klavier oder Gitarre gespielt und ich ihn auf Bongo, Xylofon oder Mundharmonika begleitet. Und alle diese Instrumente hatten den Vorteil, dass sie sofort da waren, quasi eine
Verlängerung von mir. Besonders gut fand ich es, wenn ein Instrument plötzlich anders klingt, als es das normalerweise tut, indem man zum Beispiel eine andere Bewegung
macht. Das interessiert mich auch heute noch: andere Klänge auf alten Instrumenten zu finden.

Du benutzt den Computer vor allem als …
…Bandmaschine und zum Editieren. Da ist er tatsächlich unschlagbar.

Aber nicht als Instrument.
Nein, dabei finde ich toll, was zum Beispiel Alva Noto mit dem Computer macht. Der Computer kann ein richtig geiles Instrument sein, vor allem wenn man seine Eigenartigkeit dabei berücksichtigt. Wo ich nicht ein so großer Fan von bin, ist, wenn man den Computer dazu benutzt, um andere Klänge zu emulieren. Ich sehe nicht ein, warum man einen Computer dazu verwenden sollte, um eine Hammondorgel oder einen Röhrenverstärker zu emulieren. Es ist unsinnig zu denken, dass der Computer alles besser kann. Dadurch wird die Welt doch nur steril und langweilig und Tiefe und Details gehen verloren. Ich hab da eher einen haptischen Zugang zu Instrumenten.

Das gilt auch für deine Konzerte.
Ja, ich möchte, dass der Musiker oben schwitzt. Der Auftritt muss aufregend sein und schiefgehen können. Es muss ein Risiko geben, auch wenn man am Synthesizer spielt.

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