Ist es heute schwieriger einen Club zu betreiben als vor 20 oder 25 Jahren?
Man muss zwischen Ost und West unterscheiden. Im Westen gibt es wahrscheinlich wenig Unterschiede, was die Arbeit der Behörden in den letzten Jahrzehnten betrifft, im Osten aber schon. Es ist heute nicht mehr möglich, einen Club illegal zu starten. Du musst von vornherein einen Plan machen, Geld in Hand nehmen und die behördlichen Auflagen erfüllen. Es braucht einen Architekten, der dir alles plant. Das war vor 20 Jahren anders, als man einfach starten konnte, weil die Behörden sich erstmal sortieren mussten. Aber auch die Szene ist heute anders: Es ist ein Business geworden. Du hast Künstler, die haben ihre Agenturen und mit denen musst du erstmal reden. Früher hast du die Künstler persönlich gebucht, es gab niemanden dazwischen. Jetzt hast du Agenturen, deren Personal ja auch immer wechselt und dann musst du teilweise wieder von vorn anfangen. Seit Jahren hat man mit der Agentur zusammengearbeitet und plötzlich muss man erklären, wer schon alles bei uns gespielt hat. Natürlich wirst du heute auch mit Gagen konfrontiert, die teilweise deutlich unser Limit übersteigen. Die weiter massiv steigenden Gagen der Künstler sind eigentlich das größte Problem.

Wie hat sich die Leipziger Clubszene aus deiner Sicht über die Jahre verändert?
Vor 15 Jahren gab es hier nicht wirklich viel. Da waren wir fast die einzigen. Erst in den letzten zehn Jahren sind Clubs dazu gekommen, die auch Bestand haben. Was ich positiv finde ist, dass das Institut fuer Zukunft und So&So neu dazu gekommen sind. Früher haben wir gedacht, dass es total super ist, wenn wir der einzige Club sind. Dann kommen die Leute alle zu uns. Aber das ist falsch. Immer dann, wenn überall was los ist, sind auch alle Läden voll. Wenn nirgendwo etwas ist, ist es auch bei allen leer. Je mehr Angebot ist, desto mehr Leute gehen zu der Musik weg. Jeder Club hat auch sein eigenes Zielpublikum. Das ist wie in einem Ökosystem: Je breiter die Vielfalt, desto stabiler ist es. Doch eigentlich finde ich den Anteil der Leute, die zwischen 20 und 30 Jahren alt sind und in Clubs weggehen, zu gering. In Leipzig leben ca. 580.000 Einwohner, da könnten noch mehr Leute von ihren Sofas und Netflix-Zugängen weggelockt werden.

Wird es die Distillery auch noch in 25 Jahren geben?
Wenn es nach mir geht – auf jeden Fall. Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass es die Distillery irgendwann nicht mehr gibt. Es ist auch so, dass ich nach wie vor ein gutes Gefühl zu dem Laden habe – zu den Leuten, die hier arbeiten und zu den Gästen, die hier her kommen. Ich habe immer noch Bock das zu machen. Wenn es uns gelingt, den Standort hier zu halten oder an einem neuen Ort sinnvoll zu entwickeln, sehe ich den Laden in 25 Jahren noch. Es ist nur die Frage, wie sich das Weggehverhalten der Leute verändert, ob es das Clubleben wie heute noch gibt oder ob es mehr in Richtung Events geht. Das kann aber keiner vorhersagen.

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