Dass der ganze Raum auf das Akustik-Erlebnis hin optimiert ist, kann man nicht nur hören, sondern auch sehen. Es gibt etwa kaum rechte Winkel, die sind nämlich schlecht für den Schall. Die Wandpanele sind aus grob gefräster BauBuche, die Oberflächen haben eine Wabenstruktur, sodass die hohen Schallwellen sanft zurückgleiten können. Eine Woche hat der Computer nach einem eigens entwickelten Algorithmus die optimalen Diffusoren berechnet und dann ein Muster ausgespuckt, das nun in MDF-Platten gefräst wie ein Schwarm Sardinen im Meer aussieht – auf chaotische Weise schön.
Natürlich ist das ein bisschen wahnsinnig, so einen ans Audiophile grenzenden Aufwand zu betreiben. Dahinter stecke aber etwas Grundsätzliches. „Im Club geht es nur um eins: gemeinsam zu tanzen“, sagt Muallem. „Man kann einen Lautsprecher als etwas Physikalisches sehen, der überträgt Schallwellen. Der überträgt aber auch Gefühle. Und Musik ist etwas sehr Emotionales und Abstraktes. Das macht sie so besonders. Ein Bild kann man anschauen, aber auch anfassen. Musik nicht. Die trifft dich emotional.“ Heißt: Mit dem Klang bewegt man die Menschen. Um seine Gedanken zu ordnen, hat er ein Manifest über den perfekten Club geschrieben. 15 Seiten lang, ordentlich gegliedert, wie eine Hausarbeit an der Uni. „Ich bin der Einzige, der sich das durchgelesen hat“, sagt Brane.
„Darf ich ein bisschen nerdiger werden?“, fragt Muallem an der Bar, da parkt Brane gerade sein Auto um. „Viele Clubs legen wahnsinnigen Wert auf den Subbass. Find ich auch wichtig, der gibt nämlich den Groove. Aber was Menschen unaufhörlich zum Tanzen bringt, das ist die 4/4-Kick. Dieses Bam Bam Bam Bam, das immer wenn du müde wirst, sagt: weitertanzen!“ Deshalb haben sie im Blitz ein Sechswegesystem, das die Frequenzen sauber trennt und auch eine optimale Aufteilung zwischen Subbass und Kickdrum ermöglicht. „Alle Clubs, in denen die Leute so crazy tanzen, die haben eine Identity Kick, eine druckvolle, pumpende, warme, spezielle Kickdrum. Da muss viel Luft bewegt werden, damit die immer weiter massiert.“
Wenn Muallem solche Sätze sagt, hört man eine kleine Verschiebung in der Tonhöhe. Dann wird es grundsätzlich, feierlich, und, ja, auch ein bisschen pathetisch. Da fallen Worte wie Lebenstraum und Magie. Es klingt, als würde er seine persönlichen Superhochtöner zuschalten. Die haben sie übrigens auch in ihren Club gebaut. Wie Kirchenglocken hängen die von der Decke und warten darauf, dass der DJ sie in besonderen Momenten zuschaltet. Gerade die New Yorker DJs hätten das viel gemacht, erzählt Roland Appel später, als der Club soeben aufgemacht hat, und steckt gerade seine Festplatte an. Dabei läuft die erste Platte. Auch dafür haben sie sich was ausgedacht im Blitz. Zu Beginn jeder Clubnacht spielen sie nämlich ein thematisch passendes Album. Heute, wo Carl Craig zu Gast ist, läuft The Detroit Experiment.