Die zweite Nacht verging ebenso schnell wie ereignisreich. Draußen hielt eine vielköpfige Kölner Entourage um Cologne Tape und Matias Aguayo plus Band ihre krautig-elektronischen Konzerte ab, danach gab es den sphärischen Soundtrack zu um den See aufsteigenden Lampignons. Im Zelt eröffnete derweil Leif mit einem tropischen Set, das vielleicht besser gegen Nachmittag an den See gepasst hätte. Denn dort fehlte tagsüber eindeutig ein Set, welches sowohl Wachgebliebene als auch Frühaufsteher abholen konnte. Stattdessen sprangen die DJs gefühlt wahllos zwischen verschiedenen Vibes und Energieleveln hin und her. Bei Leif passte alles – mit Ausnahme der Location.

Jeff Mills machte draußen dann wieder alles richtig. Mit seinem Setup aus 3 CDJs und der Roland 909, der welcher er immer wieder eindrucksvoll rhythmische Soli zum besten gab, bediente er die tobende Menge für gute zwei Stunden. Wem das irgendwann zu dolle wurde, der konnte sich dieses Jahr auf dem Ambient-Floor ausruhen. Der stellte nicht ohne Grund für viele BesucherInnen ein Highlight des Festivals dar. Gleich am Eingang des Geländes neben dem Campingplatz positioniert, konnte man hier auf Matratzen dem Sonnenaufgang entgegen schlummern oder sich einfach mal von den Strapazen des Wochenendes erholen. Auf dem Floor legten neben Nachtdigital-Resident und -Booker Steffen Bennemann vor allem auch viele der Main Acts auf – so spielten hier etwa Job Jobse oder aber auch Deadbeat, der den Sonntagmorgen mit Dub und Reggae einläutete.

Foto: Christian Rothe/Nachtdigital (Whignomy Brothers)

Wer dann wieder Kraft getankt hatte, ging zurück zur Mainstage, wo die wiedervereinten Wighnomy Brothers ein Set in Bestform darboten. Angefangen bei dubbigem Techno, hin über melodische Breaks und vor allem viele große Momente, arbeiteten sich die zwei “Brüder” langsam dem Festival-Ende entgegen. Mit etwas Konfetti und viel Grinsen ging es dann schließlich in die Afterhour am See. Dort wird traditionell am Ende nochmal die Hit-Harke ausgegraben und alle Hüllen fallen gelassen – ganz buchstäblich, weil man ja im Wasser tanzen will. Ein kurzes Finale, denn dann ist es auch schon wieder vorbei! Gefühlt wie immer zu früh, obwohl es heuer schon drei Stunden länger lief als sonst. Besonderes Lob hat an dieser Stelle auch die Erfindung der sogenannten „Nachtitime“ verdient: Ein Konzept, welches das Abdrucken der Spielzeiten in codiertem Format ermöglichte, welche von einer riesigen, entsprechende Zeichen anzeigenden Uhr wiedergegeben wurden. So wusste man stets, wer gerade oder als nächstes spielt, ohne sich jemals mit der „echten“ Zeit der Restwelt auseinandersetzen zu müssen. Eine kongeniale Idee, die deutlich dabei half, sich im Moment zu verlieren.

Die Jubiläums-Nachtdigital 2017 war vielleicht nicht die beste, aber auch ganz sicher nicht die schlechteste Edition. Es war eigentlich das, was es schon immer war: ein garantiert gutes Wochenende in der Gesellschaft einer feiererfahrenen, musikliebenden und friedlichen Gemeinschaft; gespickt mit vielen kleinen persönlichen Highlights und einigen kollektiven großen Momenten. So leicht und zuverlässig wie beim Nachtdigital kommt man einfach selten in den Urlaubsmodus – und das heißt schon einiges.

Update 18. August: Eine frühere Version dieses Artikels erweckte den Anschein, dass der Ambient-Floor zum ersten Mal Teil des Nachtdigital-Programms gewesen sei und dass es sich des Weiteren bei dem aus Robag Wruhme und Monkey Maffia bestehenden Duo Wighnomy Brothers tatsächlich um Brüder handele. Beides ist selbstverständlich nicht der Fall. Wir bitten die missverständlichen Formulierungen zu entschuldigen.

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