Interview: David August, Fotos: Flavien Prioreau (Moderat) / Zuerst erschienen in Groove 159 (März/April 2016)
Bislang haben Moderat immer eine Pause eingelegt, um sich nach Album und Tour ihren angestammten Projekten Modeselektor und Apparat zu widmen. Nicht so dieses Mal. Der Musiker David August (Innervisions, Counter Records) sprach für uns mit Gernot Bronsert, Sebastian Szary und Sascha Ring über die Arbeit zum neuen Moderat-Album III, Kompromisse und warum sie überhaupt Musik machen.
Als ich III gehört habe, fand ich am beeindruckendsten, wie natürlich diese Zusammenarbeit klingt. Wie bei I und II klingt es nach einem homogenen Prozess. Ich finde das nicht selbstverständlich, sobald mehrere Parteien im Spiel sind.
Ring: Ich finde es total toll, wenn andere Musiker mir das sagen, weil ich mich manchmal ärgere, wenn ich mir Platten anhöre und ich das Gefühl habe, dass es so aus der Hand geschüttelt selbstverständlich klingt. Bei uns ist es nie einfach und es gehört vielleicht mit zum schwierigsten, dass man das nicht hört. Die Arbeit an unserem neuen Album war trotzdem ein langwieriger und quälender Prozess.
Manchmal scheint es offensichtlich was von Sascha oder was von Gernot und Szary entstanden sein könnte.
Bronsert: Ja, aber das kann auch täuschen. Ich glaube wir leben mit Moderat auch ein Stück weit unsere geheimen Sehnsüchte aus. Sascha mag ja nicht nur Streichensemble, sondern in ihm schlägt ja auch noch ein anderes Herz und bei uns ist es genauso. Wenn du Modeselektor bist, brauchst du auch mal einen Ausgleich und musst auch mal was anderes machen. Bei Moderat kann es also schon mal sein, dass Sascha eine harte Bassline programmiert oder einen Beat macht, wo wir denken: „Ah schau mal, ein Modeselektor-Beat“.
Szary: Geil ist es auch, einen Song anzufangen, bei dem man erstmal nicht denkt, dass es wie Moderat klingt und am Ende ist es dann doch ein Moderat-Song. Der Prozess, wie ein Song entsteht ist für mich das furchtbar spannende an der ganzen Sache.
Video: Moderat – Reminder
Mir fällt es schon schwer, mit einer Person Musik zu machen. Da ist für mich die menschliche und vor allem ideelle Komponente viel wichtiger. Wie viele Kompromisse müsst ihr eingehen, wenn ihr zu dritt seid?
Bronsert: Es ist schon schwierig, weil man natürlich drei unterschiedliche Ansichten hat. Der Sound ist eine Sache, aber die eigentliche Arbeit ist die Überzeugungsarbeit, die man manchmal leisten muss, damit eine Idee überleben kann.
Ring: Wir dachten ganz am Anfang total naiv, dass es überhaupt keine Kompromisse geben muss, aber das ist natürlich eine Illusion. Man muss sich immer aufeinander einstellen und muss auch oft Kompromisse machen. Das gehört dazu, aber es ist zu dritt einfacher als zu zweit. Manchmal geht es einfach demokratisch zur Sache und dann ist das Thema abgehackt. Zu zweit diskutiert man sich hingegen oft den Arsch ab.
Bronsert: Aber manchmal sind die Meinungen eines Einzelnen so stark, dass die anderen sich beugen müssen.
Ring: Ja, das gibt es auch.
Bronsert: Es ist die ganze Zeit eine einzige Entscheidungsfindung. Man verteidigt seinen Beitrag oder man versucht jemand anderen von seinem eigenen Beitrag zu überzeugen. Die eigentliche Arbeit ist nicht das Musikschreiben an sich ist.
Ring: Wir kennen uns schon ganz schön lange und man entwickelt sich musikalisch auch nicht immer in eine gemeinsame Richtung. Und dann kommt man ins Studio und jeder findet irgendwie andere Sachen geil. Das kann so ein Projekt befruchten, weil dadurch das Ganze dann auch reichhaltiger wird, aber es kann natürlich auch manchmal schwer sein, wenn man zu krasse Kompromisse eingehen muss. Man muss sich halt immer wieder zusammenraufen. Und das wir umso mehr ein Thema, je länger man sich kennt und je länger man zusammen arbeitet.