Interview: Heiko Hoffmann, Fotos: Katja Ruge
Erstmals erschienen in Groove 155 (Juli/August 2014)
DJ Koze meldet sich mit seiner ersten Platte seit seinem letzten Album Amygdala vor zwei Jahren zurück und für die DJ-Kicks-Reihe mixt er die 50. Ausgabe. Wir haben uns mit Stefan Kozalla auf ein Gespräch über das Auflegen zusammengesetzt. Im Interview erklärt er, was Live-Shows mit Blendgranaten zu tun haben, warum er berechenbare DJ-Sets hasst und warum das DJing und Produzieren für ihn nichts miteinander zu tun haben.
Du legst seit über 15 Jahren unter dem Namen DJ Koze auf, ungefähr genauso lange produzierst du auch schon. Hast du dir mal Gedanken gemacht, auch live zu spielen?
Hab ich. Ich hab das Gefühl, das wär der Next-Level-Schritt. Man könnte vermutlich mehr Gage nehmen, ich müsste nur eine Stunde spielen und könnte schon um 23 Uhr wieder im Hotelzimmer sein. Ich hab nur noch nicht das passende Konzept gefunden. Es gibt meiner Meinung nach eigentlich nur zwei Möglichkeiten: Entweder die Best-Of-Hits-Show, die mehr oder weniger vorproduziert ist und dazu liefert man Augenpulver. Eine überzeugende Blendgranate. Wie Daft Punk das gemacht haben, ein audiovisuelles Erlebnis, das einen flasht und man hört dazu die Hits, die man kennt in einem anderen Kontext. Oder man macht richtig live Musik, wie Jamie Lidell oder Herbert. Um in Echtzeit Musik generieren zu können, muss man aber richtig gut sein. Ich bin ja in erster Linie Produzent, richtig live musizieren kann ich gar nicht. Das würde dann also bedeuten, dass man die Tracks an denen man monatelang im Studio gearbeitet hat, nochmal live reproduziert und meistens wird das dann eher schlechter. Aber man selbst hätte vermutlich mehr Spaß. Das Tolle am Auflegen ist ja, dass ich mich nicht langweile. Wenn ich in fünf Sets nacheinander die gleichen drei Platten hintereinander spiele, bekomme ich ja schon das Gefühl, dass ich schwindel’. Dann spiele ich oft einfach eine Platte, die schlechter passt, freu mich aber, weil ich mir wieder etwas aufgefräst habe. Alle meine Freunde die Live-Sets spielen, sind hingegen wahnsinnig genervt von ihren eigenen Liedern, weil sie sie nicht mehr hören können. Ich glaub auch, dass wenn ich eine Scheibe das erste Mal spiele, sie erstmals richtig laut höre und davon geflasht bin, dass sich meine Aufgeregtheit auch auf das Publikum überträgt. Das hat man einfach nicht mehr, wenn man zum 50. Mal ein Stück spielt.
Das klingt so, als wenn du für dich entschieden hättest lieber nicht live zu spielen.
Nein. Ich warte nur darauf, dass irgend ein Produktionsteam auf mich zu kommt und sagt: ‚Mach das mal, wir bauen alles um Dich herum.‘ Dann wird das so ‘ne Businesskalkulation und dann macht man das. Lust hätte ich da schon mal zu, aber ich hab selber keine Kraft da weiter drüber nachzudenken. Vielleicht kommt ja nach diesem Interview jemand auf mich zu. Am liebsten wär’ mir, wenn die ganze Show schon steht und dann nur noch der Name ausgetauscht werden muss. Statt PK für Paul Kalkbrenner macht man dann einfach SK draus – Stefan Kozalla. Dann bekomm ich noch andere Visuals, die Paul nicht nehmen wollte. Anlage bleibt die gleiche, Best-Of-Mix rein, fertig. Das mit den Helmen von Daft Punk wäre natürlich auch genial. Dann könnte man an mehreren Orten gleichzeitig abräumen oder sogar gar nicht mehr selbst anreisen. Am Unspannendsten fände ich es aber tatsächlich, meine Tracks in kleine Clips aufzuteilen, in Ableton Live rumzuschieben und damit in den gleichen Clubs aufzutreten, in denen ich auch als DJ auflege. Das wär’ für mich dann das gleiche nur schlechter.
Video: DJ Koze – I Haven’t Been Anywhere But It’s On My List