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MAYA JANE COLES Wie eine künstliche Naturgewalt

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Text: Tim Caspar Boehme, Fotos: Mads Perch
Erstmals erschienen in Groove 134 (Januar/Februar 2012)

Die Newcomerin des Jahres ist weit mehr als eine gefeierte Techhouse-Produzentin: Maya Jane Coles aus London hält wenig davon, sich auf ein Genre zu beschränken. Dubstep ist nur eins der vielen weiteren Metiers der gefragten Remixerin, die neuerdings auch Bands produziert.

Maya Jane Coles. Plötzlich war der Name da. Und wie aus dem Nichts konnten sich innerhalb kürzester Zeit sehr viele auf diesen Track von ihr einigen: „What They Say“, im Oktober 2010 bei Real Tone erschienen, hielt sich zum Jahresende auf den ersten drei Plätzen der Resident Advisor-Charts und wurde zum Beatport-Verkaufserfolg. Wenn man so will, ist dies Maya Jane Coles’ erste Hymne, und sie hatte bereits all das, was man seither mit ihrem Namen assoziiert: eine zurückgenommene Techhouse-Produktion, gepaart mit eleganten Melodien in bester Deephouse-Manier sowie dezenten Beigaben von Hall und Echo, an denen sich erahnen lässt, dass da jemand starkes Interesse an Dubstep und Verwandtem hat. Was die Mischung so besonders macht, ist Coles’ fein austarierte Balance der Elemente, die man wohl nur als Resultat von „Reife“ bezeichnen kann. Kein schlechter Einstand für eine gerade mal 24 Jahre alte Produzentin.

Dabei war „What They Say“ alles andere als ein Plattendebüt: „Viele Leute denken, das sei meine erste Veröffentlichung gewesen, einfach weil es das Erste war, was sie von mir gehört haben“, sagt Coles. „Doch ich habe schon davor regelmäßig EPs und Singles veröffentlicht. Für mich hat es gar keinen Unterschied gemacht, ‚What They Say‘ war einfach ein weiterer Release.“ Vom Erfolg des Tracks war sie daher mehr als überrascht: „Bei meinen vorangegangenen Platten war es schon so gewesen, dass sie von DJs unterstützt und von Leuten gekauft wurden, aber es war ganz bestimmt nicht so ein Hype wie bei dieser Veröffentlichung. Das war ein richtiger Schock für mich, weil ich überhaupt nicht damit gerechnet hatte. Zugleich wurde der Track zur Plattform für meine zukünftigen Veröffentlichungen, sodass ich heute nicht mehr darum kämpfen muss, dass meine Musik gehört wird: Jetzt gibt es Leute, die schon darauf warten.“

Seit 2008 veröffentlicht Maya Jane Coles Musik, zunächst vor allem auf den Labels Dogmatik und Hypercolour, in diesem Jahr kamen unter anderem 20:20 Vision und Mobilee hinzu. Nicht alles davon war eine unmittelbare Folge ihres Durchbruchs-Tracks. „Vor dem ganzen Hype um ‚What They Say‘ hatte Anja Schneider (Mobilee-Chefin, Anm. d. R.) schon einige meiner früheren Veröffentlichungen unterstützt. Also habe ich mich bei ihr gemeldet und ein paar Tracks geschickt. Die haben ihr sehr gut gefallen, und sie fragte mich, ob ich die Stücke bei Mobilee herausbringen möchte.“ Für Coles war das Angebot eine große Ehre: „Als ich angefangen habe, mich für Techhouse und so zu interessieren, bin ich völlig auf die Mobilee-Releases abgefahren. Es ist eins der ersten Labels, dessen Entwicklung ich verfolgt und von dem ich Platten gekauft habe. Ich war echt glücklich, eine EP für sie zu machen.“ Die Stücke auf „Beat Faster“, ihrer EP für Mobilee, sind etwas straffer und dem Charakter des Labels gemäß minimalistischer produziert als „What They Say“ oder die Mehrheit von Coles’ anderen Produktionen. Die Beats schlagen – wie der Titel sagt – schneller, der Hall rückt etwas mehr in den Hintergrund, doch für die Coles-typischen Melodien ist auch hier noch genug Platz.

 

„Ich muss nicht mehr darum kämpfen, dass meine Musik gehört wird.“

 

Unterstützung bekommt die junge Londonerin mittlerweile von namhaften DJs rund um den Globus, angefangen von Laurent Garnier oder Steve Bug über Tony Humphries bis zu Musikern der unterschiedlichsten Sparten wie Damon Albarn oder 3D von Massive Attack. Denn sie hat sich in relativ kurzer Zeit nicht nur einen Namen als Produzentin, sondern auch als Remixerin machen können. Zu ihren Aufträgen gehören neben clubspezifischen Remixen etwa für DJ T., Tom Middleton oder Maceo Plex auch Arbeiten für Popmusiker wie Little Dragon oder Tricky. Coles klingt aufrichtig dankbar, wenn sie von ihrer Arbeit als Remixerin erzählt: „Seit Kurzem kann ich Sachen remixen, die ich wirklich gern mag. Es ist ein großer Vorteil, wenn man an etwas arbeitet, das man schätzt, so wie bei Little Dragon oder Tricky. Das ist Musik, die ich auch persönlich sehr gern höre. Es ist darum ein echtes Privileg für mich, sie verwenden zu dürfen, um daraus zusätzlich etwas Eigenes zu schaffen.“ Hinzu kommen die Remixe von ihrem Liveprojekt She Is Danger mit der Sängerin und Multiinstrumentalistin Lena Cullen. Das Duo remixte bereits unter anderem Massive Attack oder die Gorillaz. She Is Danger zeigt eine weitere Seite der Produzentin, statt House dominiert hier Dubstep, was unter anderem in einer selbstbewussten Coverversion des Eurythmics-Hits „Who’s That Girl“ resultierte, die im begleitenden Videoclip eine sexuell ambivalente Lesart des Texts anbietet.

 

Immer nur eine Sache ist langweilig

Coles stellt klar, dass sie sich nicht auf eine bestimmte Musikrichtung eingrenzen lassen möchte: „Als ich angefangen habe, Musik zu machen, waren es nicht House und Techno, die mich dazu gebracht haben, mich dem Produzieren zuzuwenden. Meine frühen Sachen waren eher von HipHop, TripHop oder Neunziger-R’n’B beeinflusst. Mit solcher Musik bin ich groß geworden.“ Der große Einschnitt kam, als sie anfing, in Clubs zu gehen, wo sie zunächst Drum’n’Bass und Jungle hörte, bis sie sich dann allmählich für House und Techno zu begeistern begann. „Danach wollte ich es selbst mal ausprobieren.“ Und zwar ohne sich sklavisch an genreübliche Konventionen halten zu wollen: „Ich höre sehr unterschiedliche Arten von Musik. Immer wenn ich mich mit einem neuen Genre beschäftige, will ich meinen eigenen Zugang finden.“ Und ein Genre allein ist definitiv nicht genug für sie: „Ich arbeite gern an unterschiedlichen Projekten, es langweilt mich, immer nur eine bestimmte Sache zu machen. Ich gehöre zu den Leuten, die sich nicht ausschließlich auf eine einzige Sache konzentrieren können. Ich muss immer verschiedene Projekte gleichzeitig am Laufen haben.“

Zu den diversen Projekten gehört auch ihr Dubstep-Alter-Ego Nocturnal Sunshine. Mit der bei LMD SkunkWorks, einem Sublabel von Lick My Deck, erschienenen Single „Can’t Hide The Way I Feel“ demonstrierte Coles, dass sie House, Techno und Dubstep mühelos miteinander fusionieren kann. Ganz ähnlich wie ihr Kollege Paul Rose, der als Scuba House-affinen Dubstep macht und unter dem Kürzel SCB dubsteppigen Techno produziert. Rose holte Coles im Juli vergangenen Jahres denn auch als Gast zum dreijährigen Jubiläum seiner renommierten Bassmusik-Veranstaltungsreihe „Sub:stance“ ins Berliner Berghain. Dort konnte Coles in der Panorama Bar, nach ersten Auftritten im Watergate oder kleineren Berliner Clubs wie My Name Is Barbarella, zur frühen Morgenstunde vor dem Publikum ihre Fähigkeiten als DJ unter Beweis stellen. Für Maya Jane Coles war dies im Grunde ihr erster richtiger Besuch im Berghain: „Als ich das letzte Mal davor in Berlin war, habe ich gerade mal eine Stunde in dem Club zugebracht, das war einfach nicht genug.“ Dafür überzeugte sie dieses Jahr mit einem dreistündigen Set, das sie auslichungen, schließlich mit CDs bestritt, die Besucher der Panorama Bar von ihrem Sound zwischen Deephouse, Techhouse und Dubtechno. Dabei ließ sie es gelegentlich etwas stärker krachen als in ihren subtileren Eigenproduktionen, hob die Euphoriekurve immer wieder an, während sie konzentriert und leicht in sich gekehrt lächelnd am DJ-Pult stand, hinter dem sie fast zu verschwinden drohte.

Coles legt Wert darauf, dass sie beim Musikmachen als Produzentin anfing und erst später DJ wurde. „Das begann nach meiner ersten Veröffentlichung, also 2008. Wie man mixt, wusste ich damals schon, das hatte ich so mit 17 gelernt. Ich habe mir hier und da immer wieder Schallplatten gekauft, und Plattenspieler hatte ich auch. Doch ich bin dabei immer in erster Linie Produzentin gewesen, ich hatte nicht den Ehrgeiz, DJ zu werden. Das hat sich einfach durch die Releases ergeben und wurde dann zu etwas, das ich wirklich zu lieben begonnen habe. Es ist für mich als Produzent die Möglichkeit, meine Musik live zu spielen.“ Natürlich gibt es da noch ihr Projekt She Is Danger, doch Maya Jane Coles solo ist für sie gegenwärtig ihre wichtigste Baustelle.

Nach den verschiedenen Singles und EPs steht jetzt mit ihrem Debütalbum ihr bisher umfassendstes künstlerisches Statement an. Dazu muss sie ihre Zeit so gut wie möglich zusammenhalten. „Gerade war es etwas hektisch. Die ganzen Tourauftritte kosten schon ein gewaltiges Stück Zeit, die mir im Studio fehlt. Es ist dadurch schwieriger geworden, meine ganzen Projekte unter einen Hut zu bekommen, weil meine Solosachen so viel Zeit beanspruchen. Doch das war immer schon die Hauptsache, die ich voranbringen wollte.“ Ihr Album wirft seine Schatten ziemlich weit voraus. „Alles, von dem ich jemals beeinflusst worden bin, wird auf meinem Album berücksichtigt werden, also beschränke ich mich nicht lediglich auf ein Genre. Es wird Musik sein, mit der ich weder Regeln befolgen, noch Grenzen einhalten möchte. Bei House oder Bass ist es ja immer so: Wenn du einen Track machst, der in die Szene passen soll, sind da vom ersten Augenblick an jede Menge Regeln – ein Housetrack zum Beispiel muss diese bestimmte Art Intro und genau dieses Tempo haben, damit er auch in DJ-Sets passt. Danach will ich mich diesmal nicht richten, es ist einfach emotionale Musik, die ganz von Herzen kommt.“

Anders als in ihren Clubtracks wird daher auch des Öfteren gesungen werden: „Es gibt mehr songbasierte Stücke, und ich habe einige sehr coole Gastsänger.“ Wer ihr da im Einzelnen seine oder ihre Stimme leihen wird, will sie jedoch nicht vorab verraten: „Die Tracks sind noch im Entstehen begriffen, und ich bin mir nicht sicher, welche davon wirklich auf dem Album landen werden. Von einigen der Gäste bin ich jedenfalls wirklich begeistert.“ Es bleibt also spannend. Ein bisschen erstaunt dann allerdings doch, mit welcher Entschiedenheit sie darauf beharrt, dieses eher Genre-freie Album unter ihrem Namen Maya Jane Coles, mit dem sie ja immerhin als Houseproduzentin bekannt geworden ist, zu veröffentlichen. „Es wird ganz bestimmt kein Housealbum, es ist nichts, das ich einzig und allein für den Club mache. Ich möchte, dass es etwas Beständiges wird, etwas, das die Leute in zehn Jahren noch hören werden und begeistert kaufen.“ Die Latte hat sie damit einigermaßen hoch gehängt. Setzt sie sich am Ende zu sehr unter Druck? Das Ergebnis wird hoffentlich bald Klarheit schaffen. Erwartet wird ihr Debütalbum zum Frühling 2012. (Als Erscheinungszeitraum ist inzwischen das Frühjahr 2013 vorgesehen, Anm. d. Redaktion.)

Coles’ vor Kurzem erschienene EP „Don’t Put Me In Your Box“ könnte schon einmal einen Hinweis darauf geben, in welche Richtung sich ihr Album entwickeln wird. Neben dem sprechenden Titel, mit dem sie sich gegen etwaige Vereinnahmungen zu wehren scheint, gibt es dort sowohl Housetitel als auch Downtempo-Nummern, in denen ihre Vorliebe für Neunziger-TripHop und für Dub deutlich im Vordergrund steht. Mit ihrem gedrosselten Tempo bewegen sich die Tracks ein paar Schritte von der Tanzfläche weg und setzen tatsächlich mehr auf Gefühl denn auf Körperbewegung. Andererseits hat sie mit „Parallel Worlds“ wieder eine dieser klassischen Maya-Jane-Coles-Hymnen abgeliefert, die poliert und mainstreamtauglich genug sind, um große Clubs in Bewegung zu versetzen, andererseits von ihr so nuanciert gearbeitet wurden und genügend Soul in den Melodien haben, um den Hörer mit der daraus resultierenden Selbstverständlichkeit zu entwaffnen. Coles kommt in diesen Stücken wie eine künstliche Naturgewalt daher, um es paradox zu sagen. Die EP, wieder auf Hypercolour erschienen, ist optisch zudem so etwas wie eine Unabhängigkeitserklärung: Das Cover wurde komplett von Coles selbst gestaltet.

 


Stream: Maya Jane ColesDon’t Put Me In Your Box EP (Clips)

 

Hundertprozentiger Einsatz

Den Wunsch, Musik zu machen, hatte Coles schon als Jugendliche. In der Schule wählte sie Musik als Unterrichtsfach und hatte Lehrer für verschiedene Instrumente wie Cello, Gitarre, Saxofon oder Schlagzeug. „Wir bekamen die Instrumente gestellt. Ich habe mir also immer wieder ein neues Instrument ausgesucht und es sechs Monate lang gelernt, nur um am Ende dann wieder etwas Neues auszuprobieren.“ Wirklich gut wurde sie dadurch auf keinem Instrument, für Grundkenntnisse reichte es aber allemal. Das einzige Instrument, das regelmäßig bei ihren Produktionen zum Einsatz kommt, ist ironischerweise ihr Bass, den sie sich selbst beigebracht hat. „Ich habe mir einen Bass gekauft, nachdem ich mit dem Produzieren angefangen hatte, damit ich meine eigenen Basslinien einspielen kann. Ich benutze ihn ständig.“

Als Coles mit dem Produzieren anfing, stand für sie schnell fest, dass sie damit ihr Leben zubringen will. Die Schule und die Universität waren ihr auf dem Weg dorthin allerdings nur bedingt eine Hilfe. Anderthalb Jahre lang studierte sie Musiktechnik, brach dann aber ab. „Ich bin nicht mehr zu den Veranstaltungen gegangen, weil ich da nicht sonderlich viel gelernt habe. Ich hatte den Eindruck, dass mich das eigentlich nur zurückwirft, statt mich bei dem, was ich wirklich tun wollte, zu verbessern.“ Nachdem sie hingeschmissen hatte, probierte sie es im Alleingang. Ehrgeiz und Entschlossenheit hatte die zierliche und trotz ihrer leicht schüchtern wirkenden Bodenständigkeit durchaus selbstbewusst auftretende Maya Jane Coles schon damals in großem Maß vorzuweisen: „Bei Musik muss man hundert Prozent seiner Zeit und Hingabe investieren, wenn man sie zum Beruf machen will. Mir kam es so vor, als hielt mich alles andere, was ich tat, bloß davon ab. Die harte Arbeit hat sich am Ende bezahlt gemacht.“ Sie sagt das nicht triumphierend, sondern wie eine Tatsachenfeststellung. Gegenteilige Erfahrungen kennt sie anscheinend zur Genüge. „Es gab durchaus Zeiten, in denen es ein ziemlicher Kampf für mich war. Es ist hart, wenn es finanziell nicht so richtig läuft, man sich mühsam durchschlagen muss und nicht weiß, womit man die nächste Miete oder das nächste Essen bezahlen soll.“ Nebenjobs waren bis zu ihrem Durchbruch an der Tagesordnung. Ihren Do-ityourself-Weg zum Produzieren hat Coles mit überschaubarem Equipment zurückgelegt. Sie ist, von ihrem Bass einmal abgesehen, eine typische Laptop-Produzentin. „Als ich anfing, Musik zu machen, hatte ich bloß einfache Software und einen Mac. Und weil ich immer schon Instrumente gespielt habe, sind viele Sachen dadurch entstanden, dass ich sie mit einem Minidisc-Player aufgenommen und geloopt habe.“ Vieles lernte sie, indem sie anderen über die Schulter schaute. „Einige meiner Freunde arbeiteten in London in Studios. Es gab dort gemeinnützige Studios, in denen junge Leute das Equipment kostenlos benutzen durften und sich mit anderen Produzenten und Sängern treffen konnten. Den Großteil meiner Zeit als Teenager habe ich an solchen Orten zugebracht, wo man eine Menge von anderen lernen kann. Man sieht ihnen bei der Arbeit zu und schnappt dabei, einfach weil man da ist, eine ganze Menge auf.“

Auch heute noch arbeitet Coles mit einfacher Ausstattung in ihrem Wohnzimmer-Studio. „Ich habe das Gefühl, das ist genau das, was ich brauche. Ich kann damit alles machen, was ich will. Ich bin völlig zufrieden damit, in einer solchen Umgebung zu arbeiten.“ Eine Sehnsucht nach einem großen Analog-Gerätepark verspürt sie denn auch eher nicht. „Ich bin überhaupt kein Technik-Nerd. Mir genügt es, ein Mikrofon zu haben, um meine eigenen Sounds wie meinetwegen ein Schlagzeug aufzunehmen, und dazu Sampler, so etwas halt. Ich benutze eher Software als analoge Geräte, einfach weil ich das immer schon hatte.“ Ihre Generation sei eben mit Computern aufgewachsen. Bei älteren Produzenten, die mit analogem Equipment aufgewachsen sind, könne es mit der Ausrüstung schon wieder ganz anders aussehen.

 

Rastlose Vielseitigkeit

Als wäre es mit ihren bisherigen Projekten und Remixaufträgen nicht schon genug, hat Maya Jane Coles neuerdings damit begonnen, sich als Produzentin für andere Musiker zu betätigen und wird für deren Alben mehr und mehr als Gastproduzentin für einzelne Tracks hinzugezogen. „Ich produziere einige Künstler und Projekte für Majorlabels. Oder ich arbeite an backing tracks für andere. Das ist etwas, mit dem ich mich langfristig stärker beschäftigen möchte, anstatt ausschließlich meine eigenen Sachen zu produzieren.“ Einer von Coles’ Antrieben für ihre fast schon rastlose Vielseitigkeit scheint eine gewisse Angst davor zu sein, sich musikalisch zu sehr festzulegen. Während sie bei ihrem Album ausdrücklich keine reine Clubmusik abzuliefern gedenkt, hat sie als Produzentin eine ganz ähnliche Begründung für ihr Engagement: „Ich finde, es gibt so viele verschiedene Sachen, dass ich einfach nicht auf eine beschränkt sein möchte. Ich glaube, dass ich in der Lage bin, mehr als nur ein Genre zu beherrschen, wenn ich mit anderen Künstlern wie Sängern oder Bands arbeite. Es ist eine Ausrede für mich, um völlig unterschiedliche Genres für verschiedene Szenen zu bedienen und stets diese Herausforderung zu genießen, dass ich etwas tue, mit dem ich mich normalerweise nicht beschäftigen würde.“

Gefragt, mit welcher Art von Bands sie besonders gern arbeiten würde, gibt sie denn auch eine selbst für Coles erstaunliche Antwort: „Bisher hatte ich noch keine Gelegenheit, mich mit Gitarrenbands zu beschäftigen, also diese Indiesachen. Ich würde wirklich gern mal eine frauengeführte Rockband produzieren. Auf so etwas stehe ich sehr. Ich habe das immer schon gehört, weshalb ich gern mal in diese Richtung gehen würde. Im Moment habe ich so viel zu tun, dass ich dazu keine Zeit finde, aber in ein paar Jahren würde ich diese neue Route gern einschlagen.“ Frauenbands wie Warpaint haben es ihr besonders angetan. „Eine reine girl band hat schon was, ich finde das attraktiv. Es gibt so viele Bands, in denen es bloß eine Frontfrau gibt, und ansonsten sind alles Typen. Warpaint haben eine unglaubliche Schlagzeugerin, und ihre Liveshow ist einfach richtig gut.“ Eine Andeutung dafür findet sich, wenn man so will, vereinzelt in Coles’ Mixen. Ihre Bearbeitung von Little Dragons „Ritual Union“ etwa nimmt einiges vom ursprünglichen Upbeat- R’n’B-Charakter des Stücks zurück, drosselt das Tempo und verleiht dem Song mit einer zusätzlichen Gitarrenspur den Hauch einer eher indietypischen Melancholie. Was auch immer man daher von Maya Jane Coles in Zukunft noch zu erwarten haben mag, man darf ganz sicher gespannt sein. Ein paar unerwartete Wendungen kommen bestimmt noch.

 


Stream: Little DragonRitual Union (Maya Jane Coles Remix)

 

Maya Jane Coles neue EP „Easier To Hide“ ist gerade bei ihrem eigenen Label I Am Me erschienen. Ihr Debütalbum ist für das Frühjahr 2013 angekündigt.

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