burger
burger
burger

CLUB-STECKBRIEF Conne Island, Leipzig

- Advertisement -
- Advertisement -

Erstmals erschienen in GROOVE 132 (September/Oktober 2011)

Das Conne Island ist ein selbstverwaltetes Jugend-Kulturzentrum, das seit zwei Jahrzehnten vorbildliche politische und subkulturelle Arbeit in Leipzig leistet. Mit Clubnächten, Konzerten, Workshops, Popdiskursen, Skaten, Fußball und Antifa. Bis zum 15. Oktober feierte das Conne Island sein zwanzigjähriges Jubiläum mit einer bunten Reihe an Veranstaltungen, bei denen unter anderem Kassem Mosse, Chez Damier, Omar-S, Kode9 und Mala spielten. Im September erscheint außerdem das dreihundert Seiten dicke Buch  20 Jahre Conne Island – Noch lange nicht Geschichte  beim Verbrecher Verlag. Mehr als Grund genug, um sich mal mit den beiden Resident-DJs und Bookern Heiko Wunderlich (alias Onetake) und Jan Barich (alias Map.ache) zu unterhalten.

Heiko und Jan, wenn ihr die vergangenen zwanzig Jahre noch mal Revue passieren lasst, was waren die einschneidendsten Erlebnisse und inhaltlichen Veränderungen bei euch?

Heiko Wunderlich: Sicherlich waren die Anfangsjahre mit am wichtigsten. Im Nachwende-Chaos wurde der Club samt Gelände von der damaligen Crew für sich beansprucht. Das Conne Island war geboren. Der Laden entstand als klassischer Punkschuppen, der vor allem Freiraum sein und dem damaligen Naziterror im Osten aktiv etwas entgegensetzen wollte. Daneben war es jedoch schon immer auch ein Ort für Musikverrückte. Zum Glück haben wir uns rechtzeitig für andere Musiksparten geöffnet. Schnell war klar, dass sich der Laden lieber dem universellen Modell „Pop“ samt der verschiedensten Subkulturen verschreiben wollte, als den Regeln der „unkommerziellen“ Autonomen Jugendzentren zu folgen. Das ebnete schon früh den Weg für Techno, Drum’n’Bass, HipHop und später Dubstep.

Jan Barich: Daneben sind vor allem Bands der Hamburger Schule mit dem Laden gewachsen und spielen bis heute hier. Wer Bock auf hohe und internationale musikalische Standards hat, muss sich von der konventionellen „Hauptsache billig“-Attitüde eines klassischen linken Jugendzentrums verabschieden. Kultur kostet Geld! Das hat uns natürlich auch schnell den Ruf eines „Kommerzladens“ eingebracht. Der Unterschied zu Entwicklungen von ähnlichen Clubs ist jedoch, dass wir ständig auch politische Diskussionen einfordern.

Wie organisiert ihr euch als entschieden linker Veranstaltungsort?

Jan: Das Conne Island ist ein selbst verwaltetes Jugendzentrum und demnach ein eingetragener Verein, der ohne Chef auskommt. Alle Entscheidungen werden beim montäglichen Treffen gemeinsam nach dem Konsensprinzip getroffen. Dabei geht es vor allem um Diskussion und nicht um Meinungsmache oder gar Politbüro. Viele Köche verderben zwar oft den Brei. Aber verschiedene Blickwinkel auf Entscheidungen sind gut und gewährleisten die notwendige Dynamik eines solchen Projekts. Lieber Sachen einmal mehr infrage gestellt als einmal zu wenig. Außerdem sichert diese Art der Struktur eine klare Offenheit und ermöglicht, dass sich jeder einzelne Interessierte einbringen kann. Verantwortung kann somit relativ leicht übernommen werden. Der Verein wird neben seinem Dutzend Angestellten von mehr als hundert Ehrenamtlichen getragen. Sie sind die Basis des Ladens und übernehmen fast jeden Bereich des Kulturbetriebs.

Wie ist der Sound im Conne Island?

Heiko: Unser Techniker Rumsei ist der langjährigste Mitarbeiter im Conne Island und hat über all die Jahre samt Betreuung der unterschiedlichsten Musikstile seine ganz eigene Anlage präzisiert. Die Bässe sind von ihm selbst entworfen und gebaut worden. Die Hochtöner sind ein Hornsystem eines Bulgaren, der zu Ostzeiten Hörner für Militärschiffe gebaut hat, die sich damit gegenseitig Signale senden konnten. Nach dem Fall der Mauer ist er in den Westen gegangen und baut bis heute Lautsprecher. Rumsei hat die nach der Wende zu Gesicht bekommen und gleich zugegriffen. Bei Clubveranstaltungen, vor allem bei Dubstep-Nächten, gibts dann oft noch zusätzliche Bässe. Das ist gut für die Magengegend. Der Raum selber mit dem hundert Jahre alten Holzparkett-Boden und den meist mit Stoff behangenen, nicht vorhandenen Parallelwänden tut das Übrige. Er ist frei von störenden Reflektionen.

Conne Island
Koburger Straße 3
04277 Leipzig

Preise: Eintritt 5 bis 14 Euro, Bier 2,30 Euro

In diesem Text

Weiterlesen

Features

Stimming auf dem Beethovenfest: „Mein Statement für die Gewaltenteilung”

Stimming setzte sich beim Beethovenfest für Demokratie ein und ließ 22 Leute gegen seine Synthesizer antreten. Was es damit auf sich hat, hat er uns im Interview verraten.

Luca Musto: Eine Pause von der digitalen Welt

Downtempo in einer schnellen Welt? Luca Musto bleibt seinem Sound treu. Im Interview erzählt er, wie er trotz Trends zu seiner musikalischen Vision steht und was ihn inspiriert.

Motherboard: August 2024

Von Krach in Köln bis zum Lifestyle in Los Angeles ist es ein weiter Weg. Einer, den das Motherboard im August gerne geht.