Soichi Terada – Asakusa Light (Rush Hour Music)

Im Popmusik-Kontext wird gerne der Satz fallen gelassen, dass es für gute Lieder keine Rolle spiele, in welchem Arrangement man sie präsentiere – ob als Countrysong nur von akustischer Gitarre begleitet, im Heavy-Metal-Gewand oder als pompöse Klassik-Ballade. Ein Beispiel unter vielen: Metallicas „Nothing Else Matters”, das am Lagerfeuer genauso funktioniert wie mit Symphonieorchester oder im Duett mit Miley Cyrus.

Aber nicht nur gelungene Pop-Songs zeichnet diese Universalität aus, sondern auch gute Dancetracks, denn auch sie – bei aller Funktionalität und Fokussierung auf den Groove – leben im Endeffekt von der jeweils essenziellen Idee, dem Funken Besonderheit – und der spielt sich häufig nicht im Beat und schon gar nicht im Erfüllen von Genre-Regeln ab.


All diese Einflüsse münden nun 2022 in Asakusa Light, einem völlig stringenten, klaren House-Entwurf, der fast vollkommen befreit ist von allen Fusion-Versuchungen.


Soichi Terada kennt sich mit diesen Gesetzmäßigkeiten aus, das beweist ein Blick in seine Vita und ein Steppen durch seinen Backkatalog. Der Japaner hat in den letzten beiden Jahrzehnten vor allem Musik für Videospiele produziert, die ganz eigenen funktionalen Vorgaben zu folgen hat und große stilistische Variabilität verlangt. Diese spiegelt sich aber auch in seinem bereits 1996 erschienen Album Sumo Jungle wider, das traditionelle japanische Musik und Jungle zusammenbringt. Zu einer Zeit, als dieses Genre für die meisten noch eine komplett neue Welt war.

Und noch mehr auf dem schon 1992 erschienen Album Urban Rhythm Solutions zusammen mit DJ Keizo, das einen Bogen spannt von Disco-House über Raggamuffin bis hin zu Hip Hop. All diese Einflüsse münden nun 2022 in Asakusa Light, einem völlig stringenten, klaren House-Entwurf, der fast vollkommen befreit ist von allen Fusion-Versuchungen.


In derart aufgeräumten Arrangements müssen keine Frequenzen miteinander ringen, kein Sound kommt dem anderen in die Quere, was optimale Entfaltung und auch entsprechenden Druck zur Folge hat.


Das Album fühlt sich schon spätestens nach dem dritten Hördurchgang an wie eine vertraute Lieblingsplatte, was aber nicht zuvorderst am heimeligen 90er-House-Sounddesign liegt, sondern eben an der Qualität der einzelnen kompositorischen Elemente: An den Tonfolgen der Basslines und Melodien, an den Harmonien der Akkorde – und nicht an den Geräten und Instrumenten, die sie erzeugen. Womit wir wieder bei „Nothing Else Matters” angekommen wären. Stücke wie „Soaking Dry” sind Pop pur, ohne dass auch nur eine Zeile Gesang ertönen muss, allein durch das Zusammenspiel einer supereingängigen, minimalen Marimba-Figur, zwei sich abwechselnder Chords und einer perfekten Bassline.

Überhaupt ist Terada ein wahrer Meister des ultimativen Basslaufs. Dass es manchmal kaum mehr braucht als eines solchen, demonstriert der Track „From Dusk”, in dem die Drums und Synthie-Flächen auf das Allernötigste reduziert sind und dem Bass allen Platz lassen, sich auszubreiten. Was nicht nur ein ästhetisch-struktureller Kniff ist, sondern natürlich auch klangliche Konsequenzen hat – in derart aufgeräumten Arrangements müssen keine Frequenzen miteinander ringen, kein Sound kommt dem anderen in die Quere, was optimale Entfaltung und auch entsprechenden Druck zur Folge hat.


Asakusa Light verströmt durchgehend Ausgeglichenheit und eine sympathische Souveränität.


Immer wieder muss man bei solchen Tracks gleichzeitig an Daft Punk und die Prescription-Posse um Chez Damier denken. Teradas Musik fühlt sich oft wie die perfekte Schnittmenge aus diesen beiden monolithischen Eckpfeilern an – abzüglich aller ihnen innewohnenden einerseits überschäumenden und andererseits düsteren Tendenzen.

Asakusa Light verströmt durchgehend Ausgeglichenheit und eine sympathische Souveränität. Diese lässt dann auch den einzigen Ausrutscher des Albums, das tatsächlich ungewöhnlich überfrachtete und in der Soundauswahl unglückliche „Bamboo Fighter” locker verzeihen. Mathias Schaffhäuser

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