House auf Albumlänge. Da stellt sich das immanente Problem der wesenhaften Unmöglichkeit. Eine Musik, die in Clubs und für Clubs erfunden wurde, eignet sich eigentlich nicht dazu, in andere Umgebungen überführt zu werden. In den neunziger Jahren versuchte man, diese Nuss durch unsachgemäße Verwendung und übertriebenen Einsatz von TripHop zwischen einer Handvoll Housetracks zu knacken. Ging meistens gründlich schief. Wer darauf verzichtete, landete allerdings meist bei zusammengestückelten Maxisingles.
Ausnahmen bestätigen die Regel. Alan Abrahams ist glücklicherweise von dieser Angelegenheit nicht betroffen. Auch bekannt als Bodycode, ist der Südafrikaner nicht nur gefühlte zehn Mal um die Welt gezogen, hat mit Süd Electronic von London aus ein respektables Label geführt und war immer eine der interessanteren Gestalten im Minimal-Durcheinander der Nullerjahre. Auf Perlon widmet er sein Portable-Alias ganz der Singer-Songwriter-Seite seiner Person – unter den Vorzeichen von House. Dabei ist der Begriff in Abrahams Sinn wesentlich weiter gefasst, als es die Tastatur eines Rhodes-Pianos oder karge Beats leisten könnten. Wie schon auf seiner Debüt-12-Inch für Perlon („Knowone Can Take Away“) demonstriert, hat er weder Angst vor der eigenen Stimme noch Scheu vor großen Songs. I n t o I n f i n i t y baut dieses Selbstbewusstsein weiter aus. Zusammen mit Gästen wie Johannes Schön, dem erstrangigen Romantiker Efdemin oder der Süd-Electronic-Partnerin Lakuti, liefert Portable einige der schönsten und eigenwilligsten Momente ab, seit Jamie Principle mit Frankie Knuckles arbeitete. Sein Album speist sich zu gleichen Teilen aus den Schlieren von Chicago-House, dem dunklen Pathos von Minimal-Wave, der Haltung von Marc Almond, einer Ahnung von Factory Records und dem Schulterschluss von Strictly Rhythm und Perlon.
Schon der Auftakt „Making Holes“ lässt keinen Zweifel daran, dass hier ein potenzieller Nachfolger von Luomo und seiner Heldentat V o c a l c i t y (eine der oben erwähnten Ausnahmen) vorliegt: funktioniert auf dem Tanz- und dem Wohnzimmerparkett. Abrahams vertraut auf fast jedem der neun Stücke der Kraft seiner kapriziösen Stimmbänder, paart das mit der finsteren Schönheit seiner Synthesizer und der harmonischen Aufeinanderfolge der unterschiedlichen Bestandteile. In einem Fluss und aus einem Guss, empfiehlt sich Portable im Gegensatz zu dem Nihilismus im Titel des Abschlusses „Fade Away“ als Dauerbrenner. Damit hält I n t o I n f i n i t y , was andere nur vollmundig versprechen. Das hier, liebe Damen und Herren, ist ein echtes Album.
Video: Portable – Making Holes