Grafik: Balance Club / Culture Festival
Anders als das Gros der Festivallandschaft findet das Balance Club Culture Festival 2020 tatsächlich statt. Allerdings nicht, wie ursprünglich geplant, an diversen Veranstaltungsorten mit Publikum in Leipzig, sondern ausschließlich im digitalen Raum. Der Termin bleibt allerdings derselbe: Vom 20. bis 24. Mai flimmern Streams von Dopplereffekt, Sarah Farina oder LYZZA unter dem übergeordneten Motto Tender Squads über den Bildschirm. Wie es gelang, das ohnehin schon ambitionierte Konzept unter Zeitdruck ins Digitale zu hieven, erklärte uns Bookerin Ulla Heinrich.
Wie und warum habt ihr euch dazu entschlossen, das Festival online zu machen?
Damit haben wir uns lange rumgeschlagen. Da wir außerdem als Kollektiv organisiert sind und uns für unsere Plena nicht mehr treffen konnten, hat das total lange gedauert. Wir waren traurig und verunsichert, weil wir das Festival ein Jahr lang geplant hatten und die Absage bevorstand. Wenn dann tatsächlich alles im Mai wieder normal gewesen wäre, wären wir uns blöd vorgekommen.
Wegen des Online-Festivals haben wir dann zuerst unsere Förder*innen gefragt, ob sie uns das Geld auch geben, wenn wir nichts machen. (lacht) Die haben dann logischerweise Nein gesagt. Wir haben dann ein alternatives Konzept vorgeschlagen, das online sein sollte. Die Förder*innen erklärten sich damit einverstanden, unsere Künstler*innen weiterhin zu bezahlen.
Daraufhin haben wir uns trotz des extrem engen Zeitplans dazu entschieden, das zu machen. Das führte dann auch dazu, dass ich den Timetable erst eine Woche vor Festivalstart verschicken konnte. Der Grund für den Entschluss war ein ganz einfacher: Wir wollen, dass die Künstler*innen und Leute, die mit dem Festival zusammenarbeiten, bezahlt werden. Wir sind Selbstständige, die gut nachempfinden können, wie es anderen in dieser Lage gerade geht. Trotz Förderungen müssen wir aber auch Einnahmen machen, die leider wegfallen. Deshalb bieten wir auch Soli-Tickets an.
Wie lief denn die Kommunikation mit den Künstler*innen ab, die jetzt noch beteiligt sind?
Mich freut es erstmal, dass so ziemlich alle dabeigeblieben sind, obwohl die Situation bei ihnen ja auch chaotisch ist. Die Acts sind zwar ohnehin immer der Grund, warum man’s macht, haben in diesem Fall aber echt super reagiert. Allein weil sie gemerkt haben, was wir für einen Aufwand haben. Sie haben sich über die Möglichkeit gefreut, zu spielen, sich zu präsentieren und ein wenig Geld zu verdienen.
Wir haben noch einige visuelle Künstler*innen dazugeholt, weil das Internet deutlich bildlastiger ist als die Realität und wir nicht einen Schwall an DJ-Sets hochladen wollten. Die haben wir mit DJs zusammengesteckt, um deren Sets zu visualisieren. Die Künstler*innen haben wahnsinnig geackert, um das alles hinzukriegen. Wir konnten ja keine großzügigen Deadlines geben.
Wie schwer war es, als unkommerzielles Festival überhaupt eine Infrastruktur für die Durchführung zu schaffen?
Da kommt uns unser Netzwerk und unsere Community zugute. Besonders muss ich das Studio, das unsere Website programmiert, hervorheben. Das ist ein Studio namens unfun, das sich darauf eingelassen hat, innerhalb eines Monats für uns eine neue Seite zu programmieren. Ein Festival nur in den Socials stattfinden zu lassen, hätten wir als zu ausschließend empfunden. Unsere neue Webseite geht dann am 20. Mai online. Insgesamt haben wir bei der kurzfristigen Umplanung zum Online-Festival von unserer Erfahrung in verschiedensten Bereichen profitiert.
Wie nimmst du denn künstlerische Darbietungen in Streams allgemein wahr?
Ich finde es per se gut, dass es das gibt und Content produziert wird. Ich habe auch überhaupt kein Problem damit, wenn Sachen technisch nicht perfekt sind. Insgesamt gehöre ich definitiv nicht zu den Leuten, die das alles nervt. Bei einigen Livestreams war ich selbst beteiligt. Ich denke, dass es unabhängig von Klick- und Zuschauer*innenzahlen für die Clubkultur wichtig ist, dass sowas passiert. Man bleibt vernetzt, hat das Gefühl, handlungsfähig zu sein. Und das Ganze generiert auch Geld für soziale Zwecke, was man nicht außer Acht lassen darf. Ich habe auch das Gefühl, dass die Club-Landschaft derzeit viel politischer ist als vorher.
Natürlich freue ich mich aber auch drauf, wenn es irgendwann in den Clubs wieder losgehen kann. Hoffentlich führt das bei den Leuten dazu, dass sie ihre Lieblingsclubs noch mehr zu schätzen lernen und fragen, wie deren Strukturen aussehen. Wie man die Betreiber*innen beispielsweise unterstützen kann. Im besten Fall entwickelt sich auch ein bisschen Kampfsinn, der dazu führt, diese kulturellen und sozialen Räume noch stärker erhalten zu wollen.
Was macht das Balance Club / Culture für dich aus?
Das Kollektiv, mit dem wir das organisieren. Das sind zum Beispiel Leute aus dem Kunstbereich, die sehr erfahren sind. Unsere Kurator*innen leiten die Kunsthalle Osnabrück. Auch Leute aus dem IfZ sind dabei. Menschen also, die schon lange für den Erhalt der Clubkultur kämpfen. Dann machen Leute mit, die Labels haben – Journalist*innen und Menschen aus der Kreativbranche, da kommt wahnsinnig viel Energie zusammen. Beim Booking selbst genieße ich den Mut und politischen Anspruch. Wir stehen zu hundert Prozent hinter jedem einzelnen Act. Das hatte ich in der Funktion vorher noch nicht.
Wenn des Festival regulär stattfindet, liegt mir auch unser Publikum sehr am Herzen. Es geht auch – aber eben nicht nur – um Clubbing und Hedonismus. Beim Diskurs- und Kunstprogramm man miteinander, groovt sich gemeinsam ein. Es sind tolle Orte, die da entstehen.
Auf welche Auftritte freust du dich selbst besonders?
Ich bin schon ganz lange riesiger Fan von Sarah Farina. Wir starten mit einem Artist Talk mit ihr und LYZZA, die ich auch super finde. Danach zeigen wir LYZZAs Set, für das sie wahnsinnig tolle Visuals gemacht hat. Das sind zwei Künstler*innen, die meine persönlichen Highlights gewesen wären bzw. jetzt auch online sind. Auch dass die beiden sich darauf eingelassen haben, einen Talk aufzunehmen und sich mit unserem Festival beschäftigen, finde ich super.
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Sarah Farinas Mix verschmilzt in etwas mehr als einer Stunde über 30 Tracks zu einem abwechslungsreichen wie gewohnt basslastigem Appetizer für das Balance Club / Culture Festival. Die Berlinerin eröffnet – wie eben erwähnt – das Festival mit einem Artist Talk am 20. Mai, am 22. Mai läuft ihr Set.
Tracklist:
- Stones Taro – To Rave
- GRRL – Drop Ha
- DJ Bboy – Paga a bebida da Bela
- Avernian & Strick – Smoking Gun
- Grievous Angel – Move Down Low Vip
- Roska feat. Nakamura Minami – Pree Me
- Badsista feat. MC Morena – Soca Sem Parar
- LA-4A – Panic
- Boxwork – Pepper Stalk
- Tai Davis – Dat Ass Sit (That Acid)
- Tierra Whack – Cable Guy (Morgan Hislop Bootleg)
- DJ Delish – Sleeze
- DJ Bboy – Waves 2019
- Hagan – Right Here
- Skream – Konga
- Turk Turkelton – Hype
- J Kenzo – Hoodwinked
- DJ Godfather – U Know U Want It
- Chikovanni – Love Like Mine
- Futers – Power Within
- DJ Phil feat. Manny – See You Dance
- Hyroglifics & Sinistarr – Turn It Up
- Bala Bala Boyz – Sieta
- Om Unit – Patterning
- Riffz – Junglist Gal Dem
- Philip D Kick – Bleach
- Text Chunk & Hood Joplin – Keepflowin’
- DJ Chap – Say U Wanna
- Madcap – Out Of Reach
- Fixate – Morbid Chatter
- Yazzus – Impulse (Breaka Remix)
- Sully – Clash Track
- DJ Orange Julius – You Look Good!!!