Valentina Magaletti & Laila Sakini gehören ebenfalls zu den Musiker:innen, für die Stile und Genres kein Argument sind, für die experimentelles Arbeiten und Komplexität eine Selbstverständlichkeit darstellen, die es aber dennoch immer schaffen, zugänglich und leicht zu klingen. Auf ihrem ersten gemeinsamen Werk Cupo (Magaletti Sakini, 23. Februar) gelingt es ihnen sogar, Free Jazz nach Folk-Pop oder Tribal-Techno klingen zu lassen, ohne Kompromisse in und an der Freiheit des Gespielten verüben zu müssen.
Das ist mal ein ehrenreiches wie anspruchsvolles Anliegen: der Neoromantik die Klasse zurückzugeben, die sie im Neo-Biedermeier der sogenannten Neoklassik weitgehend verloren hat – und das noch am Klavier. Die kanadische Pianistin Alexandra Stréliski hat mit Néo-Romance (XXIM Records, 31. März), ihrem ersten Album bei einem großen Label, jedenfalls schon gut vorgelegt. Sie macht nichts neu und nichts anders. Modernismus und Avantgarde sind nicht ihr Ding. Dass die kleinen Piano-Etüden dennoch so frisch und klar nach vorne spielen, muss wohl daran liegen, dass sie einfach richtig gut sind.
Dazu passt Lorenzo Bracalonis Projekt Fallen, das auf ähnliche Weise von Folk und Neoklassik inspirierten Ambient in eine glänzendere Zukunft zu retten vermag, eventuell. Nämlich über die Konzentration und Leichtigkeit in der Schwere, die wie alle Arbeiten Bracalonis auch auf Sonnambuli (Shimmering Moods, 17. März) die einfachen und leicht flüchtigen, doch via Soundprocessing zugespitzten Pianosplitter, die Basslinien im Flaniertempo und die dunkel wabernden Hallflächen zu etwas Besonderem werden lassen. Das Geheimnis heißt hier Leidenschaft und Hingabe – an das Langsame, an das Einfache, an das Schöne.
Das enigmatische Neoklassik-Projekt Secret of Elements, hinter dem sich der Rostocker Künstler und Komponist Johann Pätzold verbirgt, geht grundsätzlich an Schmerzgrenzen von Melancholie, Trauer und Katharsis. Die Arbeit für einen Soundtrack ist damit naheliegend und ergiebig. Die Vertonung der Arte-Dokumentation Rebuilding Notre Dame (Infiné, 10. März) nimmt den melodramatischen Schmelz und die Emo-Wucht, die den Stücken von Secret of Elements praktisch immer eigen sind in den Dienst eines deskriptiven, begleitenden, unterstützenden Sounds, der ohne Bilder fast zurückhaltend wirkt, also für sich genommen genau richtig.
Der Antwerpener David Edren hat bestimmt schon den einen oder anderen japanischen Ambient-Klassiker verinnerlicht, aber ebenso die Moderne. Davon erzählt seine exzellente Kollaboration Flow | 流れ (Aguirre, 10. Februar) mit dem wie immer extrem aufgeräumt agierenden Japaner H. Takahashi. Dass Edren aber mindestens genauso viel Harold Budd und kosmische Krautrocker inhaliert hat, dabei aber sehr klar im Kopf geblieben ist, beweist Relativiteit Van de Omgeving (Not Not Fun, 7. April). Ganz stark, wie Edren offensichtlich und selbstverständlich ungezwungen einen Bogen vom Mkwaju Ensemble zu neuestem Post-Vapor-Dreampunk ziehen kann, ohne je ins Stolpern zu geraten.