Ben Klock & Fadi Mohem – Klockworks 34 (Klockworks)
Berghain-Buddies Klock und Mohem sorgen wieder für Rabatz unter der Gürtelschnalle. Vier Tracks erscheinen auf dem Klick-Klack-Klock’schen Klangklunker – vier Mal rennen Altmeister und Lockenkopf keinem Tralala-Trend hinterher. Dass Mohem, die Analogkanone, seine Patchkabel nach Signalfarben sortiert, ist in der Technoszene kein Geheimnis. Und Klock? Der hat schon auf der 909 rumgeeiert, als sein Partner in Spandau noch in Windeln machte.
Keine Überraschung also, dass die beiden auf Klockworks 34 die Basstrommel über eine Viertelmille Studiohardware tänzeln lassen, die Groovebox auf volle Kanne stellen und das Trancegeballer brechen wie Kraviz ihr Rückgrat. Von „Prefix” bis „Prism” klingt das Teil dementsprechend so, als hätte der Jungspund im Plattenschrank des Großen die Technoplatten aus den Neunzigern entdeckt. Es geht voran, es tut nicht weh – wer auf der Suche nach dem Werkzeuggürtel in die Tooltime crasht, nickt den OGs vom Gerüstbau lässig zu. Das ist Techno für die Bastler. Nicht mehr, nicht weniger. Christoph Benkeser
Luis – 057 (Schwyn) (AD 93)
Luis ist DJ Python ist Brian Piñeyro. Aus Queens, New York City. Und wer übt in der gleichen Stadt in einem Kunstatelier-Hochhaus seine Figuren ein? Ein Typ, der vielleicht noch ein ganz kleines bisschen bekannter ist als Python, ein Typ, der in seinen jungen Jahren bereits Könige gespielt hat und studentische Revolutionäre und den Dune-Messias: Timothée Chalamet.
Dem Schönen ist Luis‘ Eröffnungstrack dieser fünfteiligen EP gewidmet, und wie die gesamte Sammlung summt auch „Timmy Chalamet” mit den Zikaden, den Kinderlachen-Samples und den verwischten Tonhöhen von Streicher-Synthies. Komplett untypisch für DJ Python widmet sich Brian Piñeyro auf 057 den Downbeats, und zwar so sehr im Stile des Edinburgher Electronica-Duos Boards Of Canada, dass es einer Huldigung vor dem Altare gleichkommt.
Auch in „Or Anyone Said It” pfeifen im Raumhintergrund die Geister über entspannt-angespannte Beats, auch in „We Still Or Nah” lädt sich ein Pferdeschweif elektrisch auf, auch in „Yoonito” halten die Träume Konferenz, auch in „Jack Anderson” gibt’s Amen-Break-Aufschnitt zu verzögernden Spurenüberlagerungen. Es mutet wie eine Fingerübung an und macht Lust auf mehr Brian Piñeyro, mehr DJ Python, mehr Luis. Christoph Braun
Objekt – Objekt #5 (Objekt)
Die Welt ist eine andere geworden, seitdem im Jahr 2017 die vierte Ausgabe von TJ Hertz’ selbstbetitelter EP-Serie erschienen ist. Doch hat Objekt selten Konzessionen an den Zeitgeist gemacht und eher Trends gesetzt, statt ihnen zu folgen. Die ohne große Vorankündigung veröffentlichte 12-Inch beweist nachdrücklich, wie er Rhythmus, Sounddesign und Arrangement innovativ ineinandergreifen lässt.
Die Synths von „Bad Apples” scheinen Electro- oder sogar Krautrock-Sounds zu zitieren, die Bassline aber klingt wie handgespielt und erinnert eher an einen Hardcore-Punk-Breakdown, während die Rhythmen von lateinamerikanischen Grooves inspiriert sind und doch ein electroides Flair verströmen. All das wird in einen spannungsgeladenen Flow übersetzt, der selbst in seinen ruhigsten Momenten explosiv wirkt.
Auf der Flip nimmt sich Hertz weniger Zeit und fokussiert sich auf das Miteinander einer heulenden Ein-Ton-Melodie und harter Percussion, die von knarzenden Bass- und Acidtönen umspielt werden. Ein einziges Crescendo, das auf Katharsis hinarbeitet und sie doch nicht anbietet. Zwei Meisterstücke, gleichermaßen understated wie überwältigend. Kristoffer Cornils
Rene Wise – Tizer EP (sk_eleven)
Die zweite EP von Rene Wise für Setaoc Mass’ Label sk_eleven bewegt sich auf dem schmalen Grat zwischen fordernder Floor-Funktionalität und komplexen rhythmischen und melodischen Verzahnungen. Der Techno-Entwurf des seit dem Jahr 2018 höchst produktiven Briten – bürgerlich eigentlich Andrew Shobeiri – positioniert sich zwischen Birminghamer Understatement und millsianischem Detailreichtum und macht das über weite Strecken ausgesprochen gut.
„Fuego” eröffnet die EP mit Glockentönen, die einen verhetzten, von subtilen Bassline-Einsätzen umspielten Four-to-the-Floor-Beat mit rhythmo-psychedelischen Qualitäten anreichern. „Tell Me” zeigt sich fokussierter, wenn nicht sogar tooliger – im Kontrast zum vorigen Killer eher ein Filler. Die B-Seite wartet mit einem Stück auf, das die Qualitäten der beiden vorangegangenen Tracks in sich vereint. Solider Techno mit lysergischer Note und harten Claps für die Peaktime. „Speeding” ruft dann Erinnerungen an Clerics großen Hit „Avoid the Subject” auf: zitternde, an Acid bordernde Arpeggien entwickeln einen soghaften Groove, der eine bouncende Kick mit umso mehr Wucht auflädt. Kristoffer Cornils
Wax – Wax80008 (nOWt)
Drei Jahre sind vergangen seit seiner letzten Wax-Veröffentlichung, und es klingt, als sei der Meister aller Dancefloor-Klassen, René Pawlowitz alias Shed – um nur eines der zahlreichen Pseudonyme zu nennen, unter denen er operiert – in sich gekehrter geworden. Klar, es war ja auch nicht so viel los auf den Dancefloors dieser Welt in den letzten paar Jahren.
Und so finden sich auf dem achten Wax-Release zwei wunderbar dubbige Tracks, die mit langen Hallfahnen irgendwo zwischen Basic Channel und Mood II Swing tiefenentspannt hin und her eiern. Musik, die opiatartig einlullt und sowohl auf dem Techno- wie auch dem Housefloor funktionieren sollte. Sei es in Berlin, New York, zu Hause oder in your mind. Einfach schöne Musik also, in einem Groove, den man sich nie endend wünscht. Tim Lorenz