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Christoph Faust – Groove Podcast 339

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Foto: Presse (Christoph Faust)

Christoph Heinze versteht etwas davon, andere in Bewegung zu bringen und bleibt es stets selbst: Mittlerweile hat sich der Berliner in Christoph Faust umgetauft, zuvor war er als DJ und später als Produzent unter den Namen Escape To Mars und Inhalt der Nacht aktiv. Aber auch als Label(-mit-)betreiber legt er einen ähnlichen Eifer und einen Abscheu für den Stillstand an den Tag: Auf Lebendig folgte Solidarität aus Berlin und mit Exekutive Funktionen steht bereits das nächste Imprint in den Startlöchern. Kein Wunder, dass sein Mix für unseren Groove-Podcast da mal das Tempo etwas runterschraubt – zumindest für seine Verhältnisse. 


Das letzte Mal hast du vor gut einem Jahr mit der Groove gesprochen – in Zeiten von Test-Raves und auch großer Vorsicht deinerseits. Seitdem hat sich dein Tourplan wieder merklich gefühlt. Wie ist dein Resümee nach den vergangenen Monaten?

Ja das stimmt auf jeden Fall! Es ging von Null auf Hundert in einer Sekunde wieder los, der April war direkt wieder prall gefüllt und das war natürlich erstmal aufregend. Endlich wieder das Gefühl, unterwegs zu sein und hinterm Pult zu stehen, vor echtem Publikum und nicht mit Kamera! Nach so langer Zeit Stillstand ist das natürlich ein atemberaubendes Gefühl. Ich habe es sehr vermisst, endlich wieder neue Menschen kennenzulernen und auch wieder auf Kolleg*innen zu treffen und sich auszutauschen. Auf der anderen Seite ist es der natürlich auch bedrückend, dass wir nach dieser Phase nun immer noch nicht komplett frei genießen können, da in der Ukrainekrieg herrscht. Ich muss sagen, dass mich das schon Tag für Tag ziemlich mitnimmt. Ich bin auch hautnah dabei, da meine Freundin aus der Ukraine kommt und ich immer direkt von ihr mitbekomme, was so passiert. Deshalb würde ich gern an dieser Stelle aufmerksam machen wollen und daran erinnern, bitte nicht leise zu werden und die News über die sozialen Netzwerke zu teilen. Ansonsten hat sich in der Szene natürlich auch viel verändert. Das Publikum ist jünger geworden, auch sprießen viele neue junge Künstler*innen aus dem Boden. Mir persönlich gefällt das sehr, es bringt endlich frischen Wind rein und ich bin sehr gespannt darauf, wo es hingeht, wie sich alles entwickelt und wie es sich auch auf die Clubs und Festivals auswirkt.

Ende letzten Jahres hast du die Gründung deines neuen Labels Exekutive Funktionen angekündigt, das erste Release soll von Svagila kommen. Welches Konzept steht hinter dem Label?

Da liegst du völlig richtig. Das erste Release von Svagila ist auch schon gemastert und ready to go. Wie so viele andere warten wir nur auf einen Termin vom Presswerk. Dahingehend hat sich ein ganz schönes Chaos etabliert und die Wartezeiten sind grausam lang. Ich hoffe, das wird sich bald verbessern. Aber das Konzept dahinter ist, dass ich mir selber keine musikalischen Grenzen mehr setzen möchte. Ich bin sehr müde von dem klassischen Bild eines Techno-Labels, bei dem sich nach einigen Releases das Gefühl einstellt, in einem Katalog zu blättern. Ich möchte gern jeder*m Künstler*in und dem dazugehörigen Release den Respekt entgegen bringen, dem es gebührt. Jedes Release soll für sich allein scheinen und genretechnisch bin ich erstmal für alles offen.

Es ist nicht dein erstes Imprint: Auf das seit Mitte 2021 inaktive Lebendig folgte Solidarität aus Berlin. Die Erlöse aus den Verkäufen der ersten Compilation kamen der Berliner Stadtmission zugute, die zweite dem ∄ Community Fund. Einmalige Veröffentlichung solcher Benefiz-Compilations sind keine Seltenheit, ein ganzes Label mit einem solchen Schwerpunkt schon – welches Potenzial siehst du darin, eine nachhaltige Institution dieser Art zu etablieren?

Ja, ich glaube Labels auf die Welt zu bringen ist irgendwie mein Ding. Es macht Spaß die Energie, da rein zu stecken und die Ergebnisse zu sehen. Solidarität aus Berlin betreibe ich zusammen mit meinem Kumpel Frank Heise. Es war schon länger unser Traum, mal mehr in die Non-profit-Welt zu gehen und gewisse Organisationen mehr zu unterstützen. An sich steckt in der Idee keine wirkliche, wie sagt man so schön: „Rocket-Science“. Wir haben einfach gemerkt, dass es sowas noch nicht gibt und natürlich sind einmalige Fundriser-Releases auch megawichtig und erzeugen bis dato einen größeren Impact, als wir mit unserem kleinen Soli-Label. Aber ich denke, wenn man da Arbeit reinsteckt und das Ganze weiterwächst, können wir echt coole Sachen machen und starken Support an Organisationen senden, die ihn jeden Tag brauchen.

Der erste offiziell veröffentlichte Track unter dem Namen Christoph Faust erschien ebenfalls auf einer Charity-Compilation: “Wake Up Now” war auf Support Ukraine – Fundraiser VA des ähnlich operierenden Labels U4E zu hören. Wie kam der Track zustande und würdest du sagen, dass er repräsentativ dafür steht, was in Zukunft von dir zu erwarten ist?

Also meine generelle Idee von meiner kommenden Musik ist es so zeitlos wie möglich zu sein, in welche Richtung der Style geht ist aber für jeden Track offen. Da trifft für mich genau dasselbe zu wie bei meinem neuen Label, würde ich sagen. Ich habe momentan einfach Lust, ein bisschen vielseitiger zu sein. Ich denke auch, dass das in Zukunft vom Überraschungsfaktor her meinen DJ-Sets zugute kommen wird. Der Track ist ein einziger Jam. Ich habe zuerst die Synth-Line mit dem SH-101 aufgenommen und geschaut, welche Drums und eventuelle weitere Elemente dazu passen. Als dann alles ready war, habe ich drei bis vier mal aufgenommen und fürs Release die Version genommen, die mir am meisten taugt genommen. Ich denke, das wird in Zukunft oft so laufen. Ich finde, die Tracks klingen dann humaner und sind nicht so vorhersehbar, das gefällt mir gut.

Du bist weiterhin in Berlin ansässig, hast aber auch eine Residency im Khidi in Tbilisi. Wie würdest du deine Beziehung mit dem Club beschreiben und welchen Einfluss übt die Residency auf deinen Werdegang als DJ aus?

Richtig, ich bin nun bald schon drei Jahre Resident im Khidi. Die Beziehung zu dem Club und generell der georgischen Techno Szene ist mittlerweile eine sehr enge Freundschaft geworden. Die Stimmung mit allen, die dort arbeiten und dazugehören, egal ob Chef*in, Techniker*in, Runner, Resident oder Barkeeper*in, ist sehr familiär. Das ist echt ein wunderschönes Gefühl. In der Zeit dort als Resident habe ich viel über meine DJ-Sets gelernt, da ich natürlich gerade bei langen Sets die Möglichkeit habe, Neues auszuprobieren und Tracks zu spielen, die ich sonst nicht spielen kann. Jeder Gig dort ist absolut unvergesslich und jedes mal aufs Neue anders aufregend. Ich bin sehr dankbar und stolz darauf. Ich kann allen, die noch nicht in Tbilisi waren, nur ans Herz legen, dort hinzufliegen, um die Stadt und den Club live zu erleben.

Was war die Idee hinter deinem Mix für unseren Groove-Podcast?

Ich schaue immer, was ich schon an Mixen veröffentlicht habe, da ich nie so gern das Gleiche rausbringen möchte. Mit diesem Mix wollte ich ein bisschen das Tempo rausnehmen aus dem BPM-Strudel, in dem wir uns gerade befinden. Techno zwischen 130 und 136 BPM hat für mich das meiste Gefühl und die meiste Sexiness.

Was sind deine Pläne für die Zukunft?

Ich möchte dieses Jahr auf jeden Fall viel Arbeit in mein Label stecken, für meine Künstler*innen da sein und das ganze Projekt beim Wachsen unterstützen. Ansonsten arbeite ich neben dem Label gerade fleißig an meiner ersten EP als Christoph Faust, die wird dann hoffentlich im Herbst erscheinen. Aber ich muss ehrlich sagen: Ich bin kein Riesenfan von Plänen. Ich werde dann immer so versteift darauf und vergesse es, den Moment zu genießen. Also sage ich eher: go with the flow!

Stream: Christoph Faust – Groove Podcast 339

01. Conrad Van Orton & VSK – Mystery Of Time
02. Luigi Tozzi – Demersal Zone
03. Mike Parker – Ringing Bass
04. Shlømo – Vertigo
05. Post Skriptum – Isdat
06. Ricardo Garduno – News From Colombia (Xhei Remix)
07. Rommek – Off The Radar
08. TWR72 – Opticus
09. Phil Kieran – Wasps Under A Toy Boat (Planetary Assault System Remix)
10. Bjarki – Polygon Pink Toast
11. Marcel Fengler – Thwack
12. Dax J – Purist

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