Nina Kraviz (Foto: Filippos Hatzis)
Am 29. April teilte Clone Distribution per Rundmail mit, dass der Vertrieb die Zusammenarbeit mit Nina Kraviz und ihrem Label Trip Recordings beenden wird. Nach verschieden Anfragen, unter anderem des TIME Magazines, meldet sich Serge Verschuur, Chef des Vertriebs, mit einem ausführlichen Statement zu Wort. Auch Nina Kraviz teilte gestern, nach langen Schweigen zu den Vorwürfen aus der Szene, ihre Sicht der Dinge.
Verschuur kritisiert in seiner Stellungnahme nicht nur Kraviz’ bisherige Stille zum Krieg in der Ukraine, zu der sich auch schon die ukrainische DJ Nastia geäußert hat. Seiner Meinung nach sei es nicht hinzunehmen, dass Kraviz weder öffentlich noch privat zu erkennen gegeben hat, dass sie die russische Aggression nicht unterstützt, und keinerlei Zeichen von Empathie gegenüber der Opfern des Krieges gezeigt hat.
„Weil sie sich weigert, Partei zu ergreifen, (…) kann Nina ihr Leben als Künstlerin fortzusetzen, (…) während die Plünderung, die Vergewaltigung, das Morden und die Zerstörung eines Landes durch ihre Landsleute weitergeht”, so ein Auszug aus Verschuurs Erklärung.
Kraviz habe laut Verschuur und dem oben erwähnten Bericht des TIME Magazines immer wieder mit prorussischen Bildern gespielt. Sie habe unter anderem ein Putin-Meme mit dem Satz „Don’t underestimate a Russki” gepostet oder die Behauptung, Stalin habe 20 Millionen Sowjets umgebracht, auf Twitter als „propagandistische Wiki-Info” abgetan – die Zahl wird von vielen Historiker*innen bestätigt. Zudem äußerte sie sich zu einem Film über den russischen Geschäftsmann Mikhail Khodorkovsky, der als Gegenspieler Putins gilt, mit den Worten: „freak PR action for the guilty person”.
Kraviz selbst hat sich nun auf den sozialen Plattformen zu Wort gemeldet. Sie sei keine politische Person und stünde für Musik und Frieden. In ihrem Statement steht unter anderem: „Ich bin Musikerin und habe mich nie an der Unterstützung von Politikern beteiligt […]. Ich verstehe Politik und die sozialen Prozesse, die sie hervorbringt, nicht. Ich halte es daher für falsch, über die Geschehnisse in den sozialen Medien zu sprechen. Meiner Meinung nach kann das den Grad dieses alles verzehrenden Hasses nur erhöhen und trägt nicht zum Verständnis bei. Nach Seneca, einem römischen Stoiker, Staatsmann und Dramatiker, wird die Fehde von selbst erlöschen, wenn eine Seite sich weigert, sie zu befeuern.”