NOT A HEADLINER – ALC Clubbers Podcast Series #020 (Alicante Clubbers)

Auch wenn die spanische Stadt Alicante nicht gerade als Techno-Mekka bekannt ist, so veröffentlicht die dort ansässige Plattform Alicante Clubbers eine wohl kuratierte Mixserie, die einen Einblick in die spanische Szene gewährt. Der neuste Beitrag stammt von DJ und Produzent NOT A HEADLINER und liefert eine intensive Stunde voll von schnellem, reduziertem Techno.

Der madrilenische Selekteur mit dem sympathischen Namen ist nebenbei mitverantwortlich für das junge Label Global Offensive Corporation und fährt einen Sound, der starke Einflüsse aus den frühen 2000ern erkennen lässt. Oldschooltracks von UMEK oder Grafit treffen auf neuere Künstler*innen wie beispielsweise Mayeul. Der Fokus liegt stets auf der niemals langweilig werdenden Symbiose zwischen hypnotischem Groove und pumpender Bassline. Ein Stück Musik, das wie gemacht ist für die baldige Wiedereröffnung der Dancefloors. Till Kanis

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Sicaria Sound – Truancy Volume 288 (Truants)

Sicaria Sound sind ein Dubstep- respektive Bass-Music-Duo, das vor nicht allzu langer Zeit sein Aus verkündete, um diese bedauernswerte Entscheidung kurzerhand zu revidieren. Ein veritabler Gewinn für die Szene, wie die 288. Truancy-Ausgabe beweist. Hip Hop, schiebende Roller und düstere Klangkulissen vermengen die beiden Auftragsmörderinnen – so übersetzt sich sicaria ins Deutsche – zu etwa einer Stunde bester Unterhaltung.

Bierernst bleibt es dabei glücklicherweise nicht durchweg, Ennio Morricones Mundharmonika aus Spiel Mir Das Lied Vom Tod darf erklingen; das Ende dieses Mixes, der sich anhört, als prallten J-Zbel und Die Antwoord aufeinander, markiert mit „Arto” der Hidden Track von System Of A Downs Opus Magnum Toxicity. Das begleitende Interview, in dem die beiden freimütig über Missstände in der Szene plaudern und erklären, wie sie sich von diesen emanzipieren, ist übrigens nicht minder lesens- als der Mix hörenswert. Maximilian Fritz

Sobolik – Podcast 103 (Untitled 909)

Sobolik, der seit kurzem neben Simkin und DJ Pitch das britische Label All Centre betreibt, hat in den letzten Jahren mit seinen futuristischen Clubtracks auf 3024 oder early reflex für Aufsehen gesorgt. Sein Output passt in keine Schublade und reicht von UK-beeinflussten, wuchtigen Bass-Rhythmen bis hin zu funkelnden Techno-Hymnen, wie sie auf seiner jüngsten Veröffentlichung bei All Centre zu finden sind.

Gerade erschien sein Mix für den Untitled-909-Podcast. „Dieser Mix fasst zusammen, wo ich derzeit musikalisch stehe, sowohl in meiner eigenen Arbeit als auch mit den DJ-Sets, die ich in letzter Zeit gehört habe”, sagt er und nennt Lychee & Aaron J, Aurora Halal & Ron Like Hell, Sharlese, PLO Man, Sister Zo und Zoe McPherson. „Jedes dieser Sets habe ich als eine überzeugende und tiefgründige Erzählung wahrgenommen, die sich innerhalb und jenseits des geradlinigen Techno bewegt.” 

Sobolik fühlt sich dadurch inspiriert, schlichtes mit ausgefallenem Material zu vermischen. „In meinem Mix werfe ich verschiedene Stile zusammen, um hoffentlich etwas zusammenzufügen, das ebenso berauschend wie tanzbar ist.” Das ist Sobolik zweifellos gelungen. Das Set ist ebenso facettenreich wie konsistent und deckt mit klirrendem Techno, experimentellem Jungle und Bass-Rhythmen gleich eine ganze Reihe von Genres ab. So überraschen Tracks wie „Whisper” von Batu mit einer sphärischen Breakbeat-Klangästhetik, ebenso wie der dumpf-düstere Bass des Remixes von quest?onmarqs „Nobody”. Dazwischen schleicht sich mit „The Office” von gafacci auch ein Afrobeat-angehauchter Electro-Track ein. Und mit „Faaro” von Elpac + Mulholland findet Sobolik die Kurve für das perfekte Ende mit raumgreifenden Breaks, die Lust machen auf ein schweißtreibendes Tänzchen. Andrea Würtenberger

upsammy – Pacing The Platform Feb 02 2022 (NTS)

upsammy hat mit ihren unkonventionellen Mixingstil einen ganz eigenen Platz in der Clubkultur gefunden. In den letzten Jahren hat die Niederländerin Thessa Torsing mit ihrer De-School-Residency und Auftritten in der Panorama Bar oder im Robert Johnson ihr künstlerisches Profil geschärft. Ihre Releases auf Dekmantel, Nous’klaer Audio, Die Orakel oder AD 93 sind geprägt von einer experimentellen Interpretation aktueller Tanzmusik zwischen Leftfield House, IDM, verträumten Synths und verspieltem Ambient.

Wer also eine einstündige mentale Auszeit benötigt, sollte in ihr NTS-Set reinhören. Wobei reinhören nicht ansatzweise ausreicht, um die Klasse dieses Sets zu würdigen. Mit einem feinen Gespür für kristallklare Melodien und verschachtelte Rhythmen nimmt upsammy Electro, Glitch und IDM-Themen auf, gleitet über Tempo-Skalen und bewahrt dabei einen organischen Touch als sanftes Summen in digitalisierten Natur. Ein lebensbejahendes Kleinod für diese grauen und kalten Zeiten. Moritz Weber

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X-Coast | HÖR – Feb 10 / 2022

Als einer der Ersten gibt der New Yorker DJ und Produzent X-Coast dem wohl berühmtesten Badezimmer der Welt seine ursprüngliche Funktion zurück. Während des Intros holt er Rasierer und Spiegel heraus und rasiert sich so, als wäre dies das Normalste der Welt – auch wenn ihm dabei unzählige Menschen live zuschauen. Dieser performative Akt wird für so manche*n HÖR-Streamer*in ein unvergesslicher Moment sein. Nach der Rasur startet dann das energische Set, das irgendwo zwischen Trance-Revival, Balearic-Beat und Early-2000er-Renaissance einzuordnen ist. Das Set lebt neben der Selektion auch von X-Coasts schnellem, manchmal etwas schroffen Mixing. Dadurch ergeben sich aber immer wieder spannende, neue Momente, die einmalig sind.

X-Coast transportiert Sonne, Strand und glasklares Meer in das kalte und triste Berlin und lässt schon jetzt vom Sommer träumen. Als weiteren Performance-Akt packt er die noch verschweißte CD-Compilation Neapolis aus dem Jahr 1999 mit Tracks von Legenden wie Marco Carola oder Geezers aus und steckt sie ins Laufwerk des CDJs. X-Coast zeigt, dass ein DJ nicht nur Selekteur, sondern zeitgleich ebenso Performer sein kann. Technisch macht er mit Backspins, Scratches und schnellen Fade-Ins nicht immer die perfekten Übergänge. Dadurch entsteht jedoch ein einmaliger, menschlicher Drive, der wohl auch die letzten Perfektionist*innen davon überzeugt, dass ein DJ-Set auch perfekt unperfekt sein kann, dass gerade darin eine einmalige Schönheit liegt. Vincent Frisch

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