Malibu & Femi – United in Flames 6th October 2021(NTS)

Malibu (alias DJ Lostboi) veröffentlichte im Jahr 2019 ihr zweites Album, die Ambient-Wucht One Life auf Joyful Noise und hat seitdem zahlreiche Mixes für ihre Radioshow auf NTS, United in Flames, veröffentlicht – vor allem gemeinsam mit der Stockholmerin Femi. Seit 2016 sind sie nun zum sechsten Mal gemeinsam on air, und das Ergebnis ist in seiner Intensität und seinem Flow eine schiere Hymne. Warme, helle Klangwolken umplüschen gleich zu Beginn Körper und Geist. Es entsteht ein Phantasieraum der Schwerelosigkeit jenseits einer irgendwie gearteten Realität, die einem Böses will. In seiner Tiefe wie Harold Budd, so hypnotisierend wie William Basinski – kühl und wärmend zugleich. Paradox! Höhepunkte sind da Slacker und Space Afrika – handwerklich wie aus einem Guss. Und so geht es über in Nummern wie „Pictures Of You” im Remix von DJ Shog oder dem herzerweichenden „to forever“ von Rachael Starr im Moonbeam Remix. Stilistisch was gänzlich anderes, vom Gefühl her jedoch absolut auf Linie des Albums. Viszerale Noise- und schmeichelnde Schaumwände gehen selbstverständlich ineinander über. Malibu und Femi verquicken hier Progressive House mit Vocals, Trance und Noise so unbemerkt miteinander, dass es eine Wonne ist. Lutz Vössing

Mark Knekelhuis ADE x Future Intel, 15.10.2021 (Future Intel)

Mark Knekelhuis, alias Mark van de Maat, ist Betreiber des Amsterdamer Labels Knekelhuis. Zu seinen vielfältigen Projekten gehört die Zwei-Mann-Band Volition Immanent, in der Mark singt. Das Auflegen entdeckte er erst nach vielen Jahren für sich.”Ich hatte nie vor, DJ zu werden”, erzählte Mark 2019 in einem Gespräch mit De School. “Ich möchte mich einfach ständig mit Musik beschäftigen. Wenn ich auflege, versuche ich, alles zu spielen, voller Konflikte und Überraschungen, aber dennoch konsequent. Skurril, oft melancholisch.”

Die Welten der Live-Instrumentierung und der Dancefloor-Maschinerie finden auch in diesem Set Einzug. Sein Mix ist eine Erkundung tief hypnotischer Klänge und verträumter Breakbeats. Sein Set beginnt mit sphärisch-dunklem Techno, in der Mitte schleichen sich kurzzeitig Disco- und Tribal-Klänge ein, worauf sich Mark im Anschluss wieder abwechslungsreichem und pulsierenden Techno zuwendet. Der Mix, der zusammen mit dem ADE und der Online-Plattform Future Intel live aufgenommen wurde, endet  mit einem aufwühlenden, fast dramatischen Finale, dank einer zitternd-flimmernden Klangästhetik. Andrea Würtenberger

Peach – 081021 (NTS)

Galaxy Girl – so würde sich Serena Passion, besser bekannt unter dem Namen Peach, vielleicht selbst beschreiben. Jedenfalls hat sie so ihre Debüt-EP auf dem Label Peach Disc betitelt. Peach ist die neueste Künstlerin auf Shanti Celestes und Gramrcys Label und reiht sich zwischen etablierten Größen wie Hodge oder Call Super ein. Die gebürtige Kanadierin hat sich besonders in der Londoner Clubwelt einen Namen gemacht und legt in Clubs wie Corsica Studios oder Night Tales auf. Seit 2017 hostet sie auf NTS ihre eigene Show, bei der sie Techno- und Housetracks mit Pop-Einflüssen verbindet.

Auch bei dem aktuellen Mix werden wir nicht enttäuscht. Groovige Tracks aus der britischen Szene werden uns entgegen gefeuert – da darf natürlich auch ein neuer Song von der Galaxy Girl-EP nicht fehlen. Kleine, erst neuerdings gegründete Labels bekommen hier eine Bühne. Auch Einflüsse aus Chicago und Detroit sind keine Mangelware. Am Ende werden wir mit „You Could Be” von der neuen Anz-EP verabschiedet. Die Summe aus smoothen Übergängen, überraschenden Wendungen und die Abwesenheit von Spannungsabfällen laden dazu ein, ihren Tour-Plan zu recherchieren und die nächste Reise zu planen. Wenn das nicht drin ist und man auch kein Ticket für das Nachtiville ergattern konnte, sollte man vielleicht lieber Tische und Stühle wegräumen und sein Zuhause zum Club umrüsten. Moritz Weber

D. Strange – Truancy Volume 284 (Truants)

D. Strange dürfte im deutschsprachigen Raum noch ein relativ unbeschriebenes Blatt sein, der vor Kurzem von Indianapolis nach Chicago übergesiedelte US-Amerikaner setzt mit der 284. Truancy aber eine gewaltige transatlantisches Duftmarke. Mit Chicago House und moderatem Tempo hat diese allerdings wenig zu tun: D. Strange verquickt Electro und Techno, Burial mit epochalen Breaks und knöcherne Drum-Machine-Gerüste zu einer Eruption der Tanzwut. Faszinierend, wie die einzelnen Segmente trotz eigentlich relativ monotoner Repetition mit ihrem organischen Techno-Gründerzeit-Charakter bei der Stange halten. In knapp einer Stunde appelliert dieser knöcherne Mix mit derart viel Nachdruck an primitive Tanzbedürfnisse, dass es eine wahre Freude ist. Maximilian Fritz

Etapp Kyle – October 11 (HÖR)

Auf Instagram beschreibt der Berghain-Resident Etapp Kyle sehr selbstbewusst seinen aktuellen Mix bei Hör Berlin als Masterclass. Tatsächlich bewegt sich dieser Mix technisch und die Trackauswahl betreffend auf höchstem Niveau. Etapp Kyle macht sich aktuell zunehmends einen Namen als diverse Sounds spielender, technisch versierter DJ. Bereits in der zweiten Klubnacht seit der Wiedereröffnung des Berghain im Oktober hatte er anschließend auf der Mala-Junta-Showcase gezeigt, dass er mühelos mit dem neuen, immer schneller werdenden Techno-Sound, der von Künstlern wie Mama Snake oder D. Dan gepusht wird, mithalten kann.

Es scheint, als hätte Kyle viel im Lockdown gelernt und mit seiner Partnerin Daria Kolosova an einem neuen Sound getüftelt, der ständig zwischen Breaks und schneller four-to-the-floor Kick switcht und dadurch eine extreme Power entwickelt. Auch in diesem Mix gelingt es dem selbsternannten Maestro zwischen Breaks, schnellem Hypno Techno und Trance auf ein 150-BPM-Plus Tempo zu switchen. Dabei spielt er mit den Funktionen der CDJs und reizt deren Funktionalität komplett aus. So benutzt Kyle beispielsweise den Looper in noch nie gehörter Variation, um Übergänge in neue Tracks zu verzieren. Auch unzählige Backspins, ein zweigeteilter, gehaltener Backspin in der dreizehnten Minute und die generelle Bandbreite von verschiedensten Track-Übergängen schmücken den Mix.

Das Set beginnt mit dem Track „The Safety is Off” von Chaos, der 2000 auf Underground Resistance veröffentlicht wurde und die Thematik von Safe Spaces aufgreift. Anschließend beginnt Kyle den Mix mit antreibenden Breaks. Was dann folgt, ist eine musikalische Reise zu den Ursprüngen von Techno: Neues wird mit Altem kontrastiert, Breaks mit geradem Rhythmus und Harmonie mit Disharmonie. Von Electro über Hypno Techno, Psytrance, Ghettotech und Oldschool Schranz alla Tomash Gee spielt Etapp eine enormer Bandbeite an elektronischen Musikstilen. Einen wunderschönen Abschluss bilden der breakige Acidtrance- Track „Mouth Of God” von Lone und das abstrakte Vocoder-Stück „Crazy for Love” von Autechre. Vincent Frisch 

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