Green Club Training vor Corona (Foto: Marcus Bläsing)

Egal, ob DJ-Anreise oder die richtige Entsorgung von Sektkorken und Glasscherben – klimafreundliches Handeln ist in vielen Bereichen des Club- und Veranstaltungsbetriebs eine Herausforderung. Um die Clubszene auf dem Weg in eine grüne Zukunft zu unterstützen, bietet die Initiative Clubtopia zum zweiten Mal eine kostenlose Online-Schulung an, die Nachhaltigkeit und Nachtleben Hand in Hand gehen lässt. Bereits im Herbst 2020 organisierte das Berliner Projekt ein Green Club Training für Clubbetreibende, Clubmitarbeiter*innen sowie Veranstalter*innen.

Aufgrund des großen Interesses an Weiterbildungsangeboten zur Nachhaltigkeit in der Clubszene startete Mitte März das zweite Green Club Training. Mit dieser Schulung qualifizieren sich Clubmitarbeitende zu Nachhaltigkeitsexpert*innen und entwickeln ein eigenes Nachhaltigkeitskonzept für ihren Club. GROOVE-Autorin Franzi Nistler nahm an den Weiterbildungen teil und berichtet von ihren Eindrücken sowie neu Erlerntem.

Im Rahmen des Green Club Trainings veranstaltete Clubtopia insgesamt 14 Seminare inklusive Abschlussprüfung, bei der die Teilnehmer*innen ihre Klima- und Umweltschutzkonzepte vorstellen. Unsere Autorin nahm an zwei ausgewählten Workshops teil, weshalb sich ihre Eindrücke lediglich auf einen Teil des gesamten Konzepts beziehen.


Nach und nach ploppen immer mehr kleine Kacheln mit unterschiedlichen Gesichtern auf. Rund 20 Teilnehmer*innen der Veranstaltungsbranche, bestehend aus Frauen und Männern verschiedenen Alters, begrüßen sich gegenseitig im Zoom-Sitzungsraum. Hier beginnt meine Reise in Richtung Nachhaltigkeit. Thema der heutigen Schulung am 25. März: „Abfall & Ressourcen”. Dafür war Elena Schägg von der deutschen Umwelthilfe e.V. zu Gast und klärte über Bioplastik-Verpackungen, Abfallvermeidungspolitik und ehrliche Recyclingquoten auf: „Bioplastik-Verpackungen werden als ökologische Alternative empfohlen, doch sie bauen sich in der Umwelt nicht schneller ab.” Die angehenden Nachhaltigkeitsexpert*innen zögerten nicht, Fragen zu stellen, und auch im Chat wurden fleißig Tipps und Meinungen ausgetauscht – hier und dort Links zu hilfreichen Artikeln oder Dokumentationen gepostet.

Green Club Training vor Corona (Foto: Clubtopia)

Für die Tonne

Für den Workshop sollten alle Teilnehmer*innen einen Gegenstand virtuell mitbringen, der zum Alltag von Clubmitarbeitenden gehört. Beispielsweise wurde über die richtige Entsorgung von VHS-Kassetten, Quittungen und klassischen Trinkgläsern gesprochen. Fabian Brettl vom BUND Berlin e.V. klärte darüber auf, dass Quittungen aufgrund ihrer Beschichtung in den Restmüll und nicht in den Papiermüll geworfen werden, damit sämtliche Chemikalien, also die schwarze Farbe auf dem weißen Wisch, nicht in den Recyclingkreislauf gelangen.

Auch Trinkgläser sollten nicht, wie zuerst vermutet, in den Glascontainer geworfen werden, sondern in den Restmüll. Denn diese Glasart ist wesentlich robuster und besitzt einen höheren Schmelzpunkt als normales Verpackungsglas. Abgesehen davon, dass im Allgemeinen zu Mehrwegbechern geraten wird, begehen auch viele Kaffeeliebhaber*innen beim Entsorgen ihres Bechers einen Fehler. Coffee-To-Go-Becher sollten ebenfalls in den Restmüll geworfen werden, da diese hitzebeständiger sind und sich die Beschichtung, im Gegensatz zu herkömmlich beschichteten Papierbechern, bei niedrigen Temperaturen nicht löst.

Nacheinander stellten einige Seminar-Besucher*innen ihre Gegenstände vor und erzählten von ihren Erfahrungen auf dem Weg in Richtung Nachhaltigkeit. Vielen wurde schnell bewusst, dass sie nicht alles am Clubbetrieb nachhaltig gestalten können, weshalb sie sich Alternativen zum Kompensieren ihrer CO₂-Emissionen suchten. Es war gut zu beobachten, dass niemand verurteilt wurde, wenn er oder sie beim Thema Nachhaltigkeit in einigen Punkten noch hinterherhinkte. Die Teilnehmer*innen erschienen mir eher als eine Gemeinde, die zusammenhält und sich gegenseitig unterstützt. Nach rund drei Stunden Input und ausführlichem Austausch wurden wir entlassen. Für mich stand rund zweieinhalb Wochen später das nächste Seminar auf meiner Agenda.

Zukunftsfähiges Feiern mit dem Future Party Lab (Foto: Robert Herold)

Von Berlin nach New York und wieder zurück

Da nicht nur Events an sich nachhaltiger gestaltet werden können, sondern auch schon der Weg dahin, beschäftigte sich mein zweites Clubtopia-Seminar mit der Gäste-An- und -Einreise sowie Kommunikation, Mobilität und Logistik. Kim Villinger vom Verkehrsclub Deutschland (VCD) sprach mit uns unter anderem über Emissionen im Verkehrssektor und den Anteil des Autoverkehrs am Gesamtverkehr, der aktuell bei ca. 55,5 Prozent liegt. Auch ein Viertel aller Freizeitwege werden zurzeit noch mit dem Auto bewältigt.

Um dem entgegenzuwirken, erstellte Sascha Knoch, der als Moderator durch die Workshop-Sitzungen führte, Breakout-Sessions, in denen die Teilnehmer*innen in Kleingruppen Lösungsansätze zur nachhaltigeren Gestaltung der Clubs und Events entwickeln sollten. Diese Aufgabe wurde spielerisch gestaltet. Jede Kleingruppe durchlief drei Runden. In der ersten Runden sollte jede*r für sich ein paar Ideen notieren ohne sich innerhalb der Gruppe auszutauschen. In den zwei weiteren Runden wurden die Ideen untereinander durchgemischt und die Teilnehmer*innen sollten die Notizen und Gedanken der anderen Gruppenmitglieder weiterentwickeln.

Da die Teilnehmer*innen des Workshops mich herzlich begrüßten und so offen waren, ihre Ideen mit mir zu teilen, war es kein Problem, zwischen einzelnen Gruppen hin- und herzuspringen und mir Eindrücke von den anderen Gruppenarbeiten zu verschaffen. Nach etwa 20 Minuten versammelten sich alle wieder im Hauptraum der Zoom-Sitzung und stellten nacheinander ihre Ideen vor. Eine der Gruppen brachte den Vorschlag Clubs zu begrünen, um selbst CO₂ kompensieren zu können. Dachbegrünung trägt nicht nur zu einem angenehmen Stadtklima bei, sondern kann auch Energiekosten einsparen und im Sommer als Hitzeschild dienen – vor allem für den Innenbereich von Clubs und Veranstaltungen eine gute Möglichkeit, in den Genuss von sogenannten natürlichen Klimaanlagen zu kommen.

Future Party Lab (Foto: Karoline Kohle)

Mit dem Fahrrad durch die Nacht

Diese Idee stieß auf viel Begeisterung in der großen Runde. Einige Teilnehmer*innen schlugen vor, eine Facebook-Gruppe zu erstellen, um mehr Menschen zu erreichen. Auch die nächste Präsentation für nachhaltigere Lösungen bekam viel Zuspruch. Die Gruppe hatte sich überlegt, eine kostenlose Garderobe anzubieten, für alle Veranstaltungsbesucher*innen, die mit dem Fahrrad gekommen sind. Dort soll es möglich sein, kostenlos Helm und Rucksack verstauen zu können. Damit wollen sie nicht nur alle, die in der näheren Umgebung des Events wohnen, locken mit dem Fahrrad anzureisen, sondern die Menschen auch dazu bringen Fahrradhelme zu tragen, ohne dass diese den gesamten Aufenthalt mitgeschleppt werden müssen.

Beim Booking gestaltet sich die Nachhaltigkeit eindeutig schwieriger. Zwar bestätigten mir die meisten Clubmitarbeitenden im Seminar, dass sie versuchen, beim Buchen der Künstler*innen darauf zu achten, dass mehrere Veranstaltungen in der näheren Umgebung stattfinden, auf denen die Acts ebenfalls auflegen. Jedoch kann dadurch auch die Exklusivität verlorengehen. Ein*e DJ, die in der einen Woche hier spielt und in der nächsten Woche in der Nachbarstadt, kann dem Line-Up der Veranstaltung Individualität und Besonderheit nehmen.

Jedoch waren sich alle einig, dass sie, so oft es geht, Künstler*innen anbieten mit dem Zug anzureisen, solange sich die Fahrzeit innerhalb von vier bis fünf Stunden bewegt. Bei internationalen Touren gestaltet sich das jedoch schwieriger, da meistens geflogen wird und Künstler*innen vor dem nächsten Event auch eine gewisse Stundenanzahl an Erholung brauchen, weshalb oft der kürzeste Anreiseweg gewählt wird.

Wichtig ist dennoch, alles Mögliche in Richtung Nachhaltigkeit zu versuchen und sich kontinuierlich zu informieren und weiterzubilden. Auch die angehenden Nachhaltigkeitsexpert*innen sind sich bewusst, nicht von heute auf morgen vollkommen nachhaltige Events veranstalten zu können, jedoch machten sie auf mich den Eindruck, dass sie bereit sind, vieles zu ändern, und sich mit dem Thema intensiv auseinandersetzen. „Bei der Umsetzung von nachhaltigen Clubs können wir Vorreiter und Vorreiterinnen sein und Impulse für ein Umdenken bei anderen setzen”, ermutigt Sascha Knoch alle Teilnehmer*innen.

Um mehr Nachhaltigkeit in der Clubkultur zu verankern, lädt Clubtopia am 26. Mai zum zehnten Runden Tisch ein. Dieser findet monatlich statt und hilft dabei einer grünen Clubkultur näher zu kommen. Zudem arbeitet die Initiative bereits an einem Code of Conduct, durch den sich die Clubs freiwillig zu umweltbewusstem Handeln verpflichten.

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