Bei besonderen Anlässen handeln wir die Platten der Woche als Roundtable ab. Mit dieser Runde verabschieden wir uns von unserem Praktikanten Ben-Robin König, der für uns in den letzten drei Monaten zahllose starke Track-Premieren, News, Reviews und Features produziert hat. Dabei ragen seine Review des Fuchsbau-Festivals und sein Feature über HTRK heraus. Wir wünschen Ben-Robin bei seinem Studium des Kulturjournalismus an der UdK Berlin viel Erfolg und freuen uns auf die vielen spannenden Texte, die wir von ihm lesen werden!
Anunaku – Whities 024 (Whities)
Anunaku – Temples
Ben: Prost. Kommt da noch was? Oh, jetzt! Arhythmische Snares.
Raoul: Prösterchen. Das geht ja schon mal gut los mit fluffigen Breakbeats. Whities ist ja eigentlich auch eine sichere Sache.
Alexis: Ein schwer dahinrollender basslastiger Track, dessen Provenienz nicht so leicht zu durchschauen ist.
Max: Blecherne Snares vor allem. Klingt wie Slipknot mit ihren Tonnen.
Ben: Find’s geil, dass da Rimshots drin sind, hört man selten in einschlägigen Produktionen.
Max: Firmiert unter dem Etikett „bedrohliche Bass Music”.
Raoul: Bisschen Schema F mit den Vocal-Fetzen und Bass-Synth, aber why not, macht Laune.
Max: Englische Promoter würden sie eerie nennen.
Alexis: Klar Reggae-sozialisiert.
Max: Da hat jemand auf das erste Vocal gewartet.
Raoul: Diese Reggae-Orgel für mich doch bisschen zu viel.
Ben: Aber was machen die Hörner und Akkordeons da drin, ist das ein keltischer Jungle-Einfluss? Jetzt die Konga-Peitsche.
Raoul: Keltischer Jungle?
Max: Ich find’s ziemlich geil, perkussiver Soundsystem-Sound.
Ben: Bin auch Freund dieses Musikstücks.
Alexis: Die Jungle Shouts des Breakbeat-Kontinuums, anno 1994. Jetzt noch ein paar Afro-Fanfaren und Percussions. Dubstep, Gqom ist auch eingepreist. Aber fokussiert das Ganze und auf den Punkt.
Max: „Diese Reggae-Orgel” ist ja nun so präsent auch wieder nicht. Nur kurzer Exzess hin und wieder.
Ben: Auf dem Reißbrett klingt die Kombination der einzelnen Elemente echt dumm, aber es fügt sich dann doch recht stimmig zusammen. Was sind Afro-Fanfaren?
Alexis: Wer ist Anunaku?
Raoul: Die Rhythmen und Percussion ist geil, schade, dass Anunaku das durch unoriginelle Samples und Synths versucht, aufzupeppen. Weniger wäre hier vielleicht mehr.
Ben: Der Purist sprach.
Max: Ich will jetzt auch wissen, wessen Musik ich gerade höre.
Anunaku – Bronze Age
Ben: Dachte gerade kurz, dass da geskippt wurde. Die Kick zu den Percussions ist konfus.
Raoul: TSVI – das ist er. Ja, der slowe, steady Groove und die schrägen Percussions verwirren – aber gut.
Ben: Muss zugeben, irgendwas klingt immer noch etwas off.
Max: Sehr organisch, klingt nach…
Raoul: Version?
Ben: Der, dessen Reverb die Stimmung killt?
Max: Dengue Dengue Dengue! Teils zumindest.
Alexis: Genau. Guglielmo Barzacchini aka TSVI. Ich hab ihn gerade auf dem Unsound gesehen, ziemlich toll.
Max: Echt, Version ist doch immer sehr glatt poliert, oder nicht?
Ben: Jetzt fügt sich’s. Wenn’s auch eher nach afrikanisierter Rhythmik denn nach dem Bronzezeitalter klingt.
Max: Die Kick bleibt aber versetzt, angenehm desorientierend.
Alexis: Er mixt die verschiedensten bass-lastigen Tanzmusiken zu einem schmetternden Clubsound, der dicht, aber nicht hermetisch klingt.
Raoul: Ja, einerseits klingt es total gerade, andererseits off. Interessant, wie er das mit so wenig Mitteln hinkriegt. Version ist selten so organisch, stimmt. Ich meinte eher, wie aus einem slowen Gerüst unheimlich viel Energie erzeugt wird.
Ben: Volle Zustimmung hier, das ist, wie man so schön sagt, ein langsamer Brenner!
Max: Das stimmt, aber das ist ja kein, Achtung, Version-Spezifikum!
Alexis: Diskurstechno, der einem den Diskurs mal nichts ins Gesicht reibt.
Max: Ein famoses Schlusswort.
Ben: Erinnert mich aber auch ein wenig an das Percussion-Gewitter eines HNNY, wenn auch Bass-lastiger und weniger verspult.
Alexis: An Dengue Dengue Dengue hab ich auch gedacht. Schlusswort?
Max: Zu diesem Track zumindest.
Anunaku – Forgotten Tales
Raoul: Abwechslungsreiche Platte auf jeden Fall.
Ben: Die EP wird von Track zu Track mehr tribal.
Alexis: Jetzt eine gradlinige, schwebende, technoide Nummer mit dem Joe Claussell’schen Percussion-Solo.
Max: Das hätte ich mir auch an der albanischen Riviera auf dem berüchtigten UNUM Festival vorstellen können.
Ben: Anno 2010er Tribal-Riddim.
Raoul: Immer mehr tribal und ba… nal.
Max: Auf der sagenumwobenen Into The Pines Stage.
Ben: Leichter Schatten.
Max: Find’s aber funktional-angenehm. Kühles BierCHEN.
Raoul: Finde es belanglos.
Alexis: Stimmt, die Trance-Elemente irritieren hier etwas. Dass der Mann kein Purist ist, hat er aber bei den anderen Tracks auch schon gezeigt, zB mit den Afro-Fanfaren.
Max: Euphemismus-Sound.
Ben: Welch nette Umschreibung für Tracks, die funktionieren, aber nicht von der Schaukel holen.
Max: Auch etwas zum Bauchtanz animierend. Hat jemand mal Donkey Kong gespielt? Ben: Ich sehe Menschen eher von einem Bein aufs andere steigen, mit Sonnenbrille auf der Nase.
Alexis: Das Ernsthafte und das Cheesige zusammenzubringen, ist durchaus Programm.
Ben: Na ja, Track eins sah ich durchaus ernst, im letzten persifliert er sich fast selbst.
Raoul: Ja, so empfinde ich das auch. Wobei mich die Synth-Passage trotz aller Klischees ein bisschen kriegt gerade.
Max: Genau! Mir gefällt’s nach wir vor.
Ben: Aus den Trance-Elementen hätte er was machen können, das hat Special Request zuletzt mit „Ardkore Dolphin” gezeigt.
Max: Special Request zeigt für dich allerdings auch immer irgendwas.
Ben: Ja, nun.
Raoul: Zu Recht!
Ben: War einfach Fan von Vortex, ist ein Top-Album.
Max: Stimmt ja.
Ben: Das hier ist Innervisions-Sound. Dixon schaut gerade Bundesliga zu diesem Track.
Blawan – Many Many Pings (Ternesc)
Alexis: Jetzt biggste und meist-diskutierteste Platte dieser Tage: Many Many Pings von Blawan. Auf der er überraschend technoid klingt.
Ben: Jetzt wird’s stressig…
Blawan – Many Many Pings
Max: Da müsste man schon ein sehr begabter Shuffler sein, um Schritt zu halten.
Ben: Ich würde gern mal wieder Karenn sehen. Hier pingt im Anfang schon recht viel.
Raoul: Blawan produziert schon mega Techno heutzutage, aber ich vermisse seine frühen Zeiten, so spaßigere Sachen wie „What You Do With What You Have” oder „Why they hide their bodies…”.
Ben: Das ist Techno für die Nackenmuskulatur.
Max: Ui, Break.
Ben: Guter Umschwung, ich mag’s.
Raoul: Puh, wie sich die frickligen Synths mit der metallischen Percussion und den Bassdrums vermengen, ist schon große Kunst.
Ben: Herrlich verspulte Melodie zu völlig hektischem Drumset. Sagte ich schon herrlich?
Max: Da spielt sich schon extrem viel ab, ohne den Track aber zu überfrachten.
Alexis: Wie immer virtuos (meint hier britisch, digital, vielschichtig) produzierte Tracks mit einem schmissigen Drumming und einer zupackenden Bassline. Überraschend sind die schrillen, technoiden Sounds, die aus dem Track ausbrechen und neben dem Groove stehen, die das Gebretter brechen, ein unerwartetes Emo-Moment reinbringen.
Max: Der Reviewschreiber aus Print-Zeiten kommt durch!
Ben: Er war nie weg!
Alexis: Für Blawan überraschend unpunkig.
Raoul: Mir gefällt, wie die verhangene, emotionale Melodie im Hintergrund bleibt und sich nicht aufdrängt.
Max: Die Antithese zu I Hate Models?
Ben: Haha. Debattierbar.
Alexis: Ja, ist schon die Hook, aber elegant gemacht. Downwards-Schule.
Blawan – Lox
Ben: Oh, ein Didgeridoo! Blawan hat Field-Recordings an diversen U-Bahnhöfen gemacht.
Raoul: Yeah, der Bass wird hier ordentlich aufgedreht gerade.
Max: Ist das nicht eher eine verzerrte Maultrommel? Und das will was heißen. Haha, stelle mir Blawan im Studio beim Maultrommel-Exkurs neben seiner Drum Machine vor.
Raoul: Im Goa-Kostüm!
Ben: Hört jemand auch so eine Art Windhauch? Mit der das Tumbleweed einmal durchs Bild huscht?
Raoul: Stampft ordentlich, passiert jetzt noch was?
Max: Das ist das, was in Pressetexten als “irrlichternd” beschrieben wird.
Ben: Opener so scheyn, der hier so schnell, aber lahm.
Alexis: Es ist der Versuch, von dem düsteren, harten, bretternden Sound von Nutrition und Wet Will Always Dry von letztem Jahr wegzukommen und offener und klangbezogener zu werden.
Raoul: So ein bisschen Paranoia im Klub-Feeling.
Alexis: Wieder: virtuos gemacht, aber man versteht nicht ganz, auf was er da raus will.
Max: Was du den Leuten unterstellst. Finde es ja immer noch sehr düster. Ich will zurück zur letzten. Haha, das trifft’s perfekt.
Raoul: Ja, der Track will nicht so wirklich irgendwo hin.
Ben: Mich hetzt dieser Track. Beim letzten wollte ich verweilen.
Max: Den kannst du nur noch langsam ausfaden lassen.
Ben: Doch, er will dich rausschmeißen.
Max: Das Ende war jetzt gelungen.
Blawan – Gadget
Max: „Tool”. Stumpfe, Sirenen-artige Klänge zwischen den Kicks. Jetzt wird’s konkret.
Ben: Lelelele. Aber bis jetzt passt Tool noch.
Alexis: Hier startet er mit einer noisigen Soundscape und gibt sich zunächst etwas softer und offener, dann kommt aber die Basskeule doppelt dick.
Max: Haha, das klingt wie eine Bestellung beim Metzger.
Alexis: Sein Synth-Wabern läuft dennoch mit.
Raoul: Warum den 4/4-Technobeat nicht mal mit wildem Kickdrum-Gemetzel aufbrechen? Dass er das kann, hat Blawan ja schon zu genüge bewiesen. Klingt ordentlich nach Beef.
Max: Also das klingt ja eher prollig. Allem voran das Vocal.
Ben: Ist das jetzt das, bei dem sich Bros auf der Tanzfläche mit aufgerissenen Augen vielsagend anschauen und ungehört was von „Brett” schreien, während ihre Trommelfelle wegfliegen?
Max: Haha, Alexis argumentiert schon dagegen, ich seh’s ihm an.
Alexis: Gefällt mir am besten bisher, ein Techno-Marschierer, der im Frieden ist mit sich.
Max: Hahaha.
Ben: Lauter macht’s nicht besser, Alexis.
Raoul: Prollig ja, aber überzeugender als der Unschlüssige davor. Lauter macht alles besser!
Ben: Das unterstreicht aber auch schon meine Vermutung.
Alexis: Das Synth-Wabern fließt hier am organischsten in den Track ein.
Blawan – Hapexil Rotator
Raoul: Uh, da rattert der Subwoofer, eine kleine Verschnaufpause tut gut.
Max: Melodien, endlich.
Raoul: Das Spiel von Subbass-Drones, dem Glocken-Geklirre und Piano-artigem Synth erzeugt eine tolle, beklemmende Atmosphäre. Der Beat astrein programmiert, die Hi-Hats am prominentesten bisher.
Alexis: Gut auf den Punkt gebracht.
Ben: Find ich auch!
Max: Das sind doch die undefinierbaren Töne, für die man dieses Genre so liebt.
Alexis: Mal nicht so raumgreifend, linearer. Man denkt an Luke Slater, Lucy oder Donato Dozzy.
Ben: Ich denke nicht viel, aber mir sagt diese Produktion doch sehr zu.
Alexis: Nicht so gut wie der Track davor, aber schon gut. Für Blawan überraschend entspannt und atmend, die Nummer.
Max: Sehr schöne Nummer einfach.
Ben: Schüsse zerfetzen die seltsam entspannte Stimmung, die dieser Track uns gibt.
Joy Orbison – Slipping (Hinge Finger)
Joy Orbison – Burn (ft. Infinite & Mansur Brown)
Alexis: Joy Orbison kollaboriert hier mit verschiedenen Musiker*innen, u.a. dem Gitarristen Mansur Brown, der Sängerin Keyah.
Max: Aha, ein hybrides Projekt also, wie man so schön sagt.
Alexis: Bei dem Track Infinite und Mansur Brown.
Ben: Rhythmik gefällt soweit.
Max: +1.
Raoul: Genau, Joy O will jetzt ja mehrere neue Releases vorlegen, nachdem er seinen ganzen Backkatalog zum ersten Mal digital anbietet. Das süße Foto zeigt seine Großmutter und die EP ist sehr persönlich geworden, mit Aufnahmen seines Vaters, wenn ich mich nicht irre.
Max: Das erinnert mich sehr an Raouls Abschieds-Roundtable damals, als er zu jedem Release einen Roman vorbereitet hatte, der dann „spontan” abgesetzt wurde – chapeau!
Raoul: Hier fühlt man seine Ursprünge im UK Funky/ Post Dubstep, aber er überträgt diese in ein zeitloseres Gewand. Ey, das war spontan jetzt!
Ben: Davon verraten die Synthspuren und der Basslauf bisher nicht viel, die sind eher getrieben, hektisch. Wenn nun gleich wieder die Vocals einsetzen, die sich in den ersten Sekunden des Stücks angedeutet haben, gibt’s einen guten Kontrast. Wo sind denn jetzt die Vocals?
Max: Die hattest du doch am Anfang!
Ben: Reicht mir nicht. Ich mag Vocals. Aber verstehe schon, das „Fire”, das „burnen” soll, war seine Komposition.
Alexis: Ja, es erinnert an die Zeit der Neuorientierung nach dem Niedergang von Dubstep, dieser interessanten Gemengelage aus hereinströmendem kontinentaleuropäischem Minimalismus und klassischem US-House und lokalen Einflüssen.
Joy Orbison – Under (ft. Keyah Blu)
Raoul: Nicht wirklich mein Sound jetzt der zweite Track, aber gut gemacht ist das schon.
Max: Das klingt wie Bonobo auf Keta.
Raoul: Hahaha.
Ben: Alter…
Raoul: Underwater Bass Pop.
Alexis: Das ist etwas respektlos, ist so ernsthaft wie der erste Track. Eine esoterischer, rumpeliger Bass House-Jam.
Max: Respektlos? Ich mag den Track.
Alexis: Aber ja, es ist nicht ganz klar, was er damit will.
Ben: Ich find es hat fast etwas von SBTRKT.
Raoul: Schön, diese kleinen Interludes zwischen den Tracks mit Stimmfetzen und Atmo.
Joy Orbison – w Dad
Raoul: Im Gegensatz zu seinen früheren Hits merkt man schon deutlich, dass ihm die Tracks hier ein persönliches Anliegen sind – und nicht unbedingt für den Club produziert.
Max: Absolut.
Alexis: Ja, überraschend grüblerisch das Ganze.
Ben: Sehr flächiges Gerausche gerade. Hat fast mehr was von einer Interlude, den tieferen Sinn wird wohl nur er kennen.
Joy Orbison – Breathe in
Alexis: Hat fast Hörspielcharakter.
Max: Passender Titel. Aber dazu wirklich was zu sagen, fällt schon schwer.
Ben: Das klingt jetzt sehr Maschinell-dystopisch.
Max: Jetzt intensiviert es sich merklich.
Raoul: Also zu „überraschend grüblerisch” wollte ich gerade dieses Pressebild posten.
Max: Würde auch gut zu einer A/V-Performance passen.
Alexis: Hier wird seine Hip Hop-Sozialisation aufgegriffen, aber auch entrückt, traumartig, in Erinnerungsfetzen.
Ben: Wenn man die EP als Gesamtkonzept betrachtet, ist’s recht, ich sag’s jetzt, eklektisch. Beginnt housy, wird sphärisch, nun der Kopfnickerteil. Was wohl das Finale übrig hat?
Raoul: Fette Nummer, die Entschleunigung wirkt Wunder, die grollenden Bass-Gewitter und die luftige Programmierung erzeugen einen tollen Raum.
Max: Mein Highlight bislang!
Alexis: Stimmt, Max, installationsartig das Ganze, wie gemacht für Atonal, Unsound, Nuits Sonores. Eine klangliche Reise durch die eigene Kindheit und Jugend.
Raoul: Im Gegensatz zu Blawan total kurzweilig auch, hier kommt kein Moment Langeweile auf.
Alexis: Überhaupt nicht kitschig, sondern minimalistisch und loopbezogen wie auch seine Clubtracks.
Joy Orbison – Walworth Waltz (ft. Infinite)
Max: Extrem, liegt aber auch an der übersichtlicheren Länge, oder?
Raoul: Uhh yeah… was genau sagt die Stimme?
Alexis: „Here is what I need to know”.
Max: Wirklich?
Ben: Das ist jetzt sehr soulig. Ich mag die Abwechslung in der Platte.
Raoul: „Here’s what I need to know”- der Hit der Platte?
Alexis: Jetzt noch (Northern) Soul.
Max: Da finde ich den SBTRKT-Bezug auch eklatant.
Ben: Und vielleicht auch ein wenig Kenny Dixon Jr.
Max: Stimmt.
Alexis: ja. Aber nochmal durch eine weitere verschwommene, milchige Abstraktionsfolie.
Max: Richtig warme Sounds, daran kann man sich kaum satt hören.
Raoul: Finde ich auch, die Synths sind wunderschön und anrührend.
Joy Orbison – While She’s Away (ft. Mansur Brown)
Ben: Mag ich. Kann ich jetzt schon sagen. Wunderschöner Groove, recht simpel. gleichbleibend warm wie der Rest.
Max: Das hier wäre für mich noch ein Bezugspunkt.
Raoul: Knackig, luftig, cool. Das kurze Tschirpen kommt super zwischendurch.
Max: Die Stärke liegt da klar in der Reduktion.
Ben: Uuuuh, leichter Break-Einfluss. Sehr schöne EP.
Max: Dockt aber gleichzeitig auch an vieles an, fühle zeitweise auch etwas Burial.
Alexis: Jetzt nochmal ein ganz reduziertes New Jersey House (say: Blaze)- Soundscape. Und dazu ein Hydraulikgeräusch, aus dem ein Rare-Groove-Break und eine introspektive Bassline gemorpht wird.
Raoul: Auf jeden Fall auch mutig von ihm, nicht einfach „Hyph Mngo II” rauszuhauen, sondern diese EP.
Max: Bis jetzt der klare Gewinner in meinen Augen.
Ben: Fast andächtige Stille.
Raoul: Selten, dass wir uns so einig sind!
Alexis: Eine spröde EP, die uns nicht gerade abholt. Britische Pre-Brexit-Melancholie.
DJ Seinfeld – Parallax EP (Young Ethics)
DJ Seinfeld – Please Slow Down
Max: Sagte ich Burial?
Raoul: Total!
Alexis: Ist Seinfeld der einzige Meme-Houser, der eine Karriere auf die Beine gestellt hat?
Max: Na ja, DJ Boring ja auch irgendwie.
Ben: Seinfeld präsentiert hier sein Life after Lo-Fi und nähert sich den Breaknummern an, die sich hier und da schon in seinen Sets fanden. Finds erstmal interessant.
Alexis: Ja, die totale Burial Hommage, das Drumming, die Vocals, die betroffen-beklommene Stimmung.
Ben: Mall Grab auch.
Max: Aber Seinfeld hatte schon immer einen elaborierteren Ansatz, der mehr abzubilden wusste.
Raoul: Keine schlechte Nummer – Burial hat den Sound auch nicht patentiert, oder? Irgendwie auch nachvollziehbar, dass er mit seinen Emo-House-Collagen irgendwann bei sowas ankommt…
Max: Auch wenn diese EP sehr inkonsistent ist, wenn ich nicht irre.
Ben: Die trancigen Synths find ich im Kontrast ziemlich gut.
Alexis: Mall Grab ist ja kein Meme House, die Generation zwar.
Ben: Mall Grab war schon maximal Meme in seiner Hochphase.
Max: Festzuhalten aber auch: das ist keine schamlose Kopie, da kommt schon Weiterführendes hinzu.
Alexis: Und das wäre?
Max: Und ja, Burial hat natürlich kein Anrecht auf diesen Sound.
DJ Seinfeld – Xuol
Max: Die grellen Synths waren bei ihm doch eher nicht so an der Tagesordnung. Sophia Saze wurde ja auch nicht in der Luft zerrissen, sondern für ihr Album gefeiert – mit Recht.
Alexis: Nicht von uns.
Max: Das sind wiederum jetzt sehr burialige Vocals.
Ben: Find auch beim zweiten Track den Ansatz stimmig, treibend. Einzig das Vocal-Sample ist etwas kitschig geraten.
Max: Da spielt sich im Klangkostüm aber wiederum mehr ab.
Ben: Vielschichtig sind beide bislang allemal!
Alexis: Jetzt schaltet er die gerade Bassdrum an, wir sind auf dem Planet House angekommen. Es bleibt aber eklektisch, Synth-verliebt, progressiv und ein wenig kitschig.
Raoul: Die breakige erste Nummer gefällt mir besser, aber das kann sich schon hören lassen. Vielleicht ist er ja über ein Burial-Samplepack gestolpert oder so.
Alexis: Hat da jemand Harthouse gesagt?
Ben: Vielleicht auf Beatports neuer Plattform?
Alexis: Die Ideen sind nicht uninteressant, es fühlt sich aber doch ein wenig random und dick aufgetragen an.
Raoul: Ja, je länger der Track läuft, umso zäher wird er.
Max: Das meinte ich mit inkonsistent.
DJ Seinfeld – Parallax
Max: Bei dem Titel denke ich immer an Traumprinz und Efdemin.
Ben: Track 1 bleibt Favorit der EP. Aber auch hier wieder gutes Drumwork im Intro.
Raoul: Auf jeden Fall, ohne Burial-esques Reverb und Melodram.
Alexis: Jetzt wieder punchy Breakbeats, aber die dicke String-Soße ist auch gleich da.
Ben: Giegling hat gerade übrigens auch eine recht schwache Scheibe gebracht. Oh, 90s-esque Bassline.
Raoul: Die Synth-/Bass-Line macht Freude.
Alexis: Jetzt noch ein paar Planflöten-Chords.
Ben: Ach, komm.
Raoul: Bitte nicht!
Max: Hier schlägt er von Schweden aus die Brücke zu einem sorglosen UK-Sound. Hä, ich find’s gut.
Ben: Sorglos trifft den Shuffle.
Raoul: Am Ende der Party, alle liegen sich glücklich in den Armen, da käme der Track perfekt.
Max: Ok, wollte schon schreiben, dass mir die Ü30-Fraktion hier zu verbittert ist. Tausendmal gehört – immer wieder gut.
Alexis: Spätneunziger UK-House, aber sonderbar verwaschen klingend.
Max: Könnte auch das x-te Bicep-Rework eines Rave-Klassikers sein.
Ben: !!!!!!!
Raoul: Da sagt ihr was.
Alexis: Finde ich nicht, dazu klingt das zu dumpf und schlonzig.
Max: Aber tut doch niemandem weh.
Ben: Die Bicep-Referenz holt mich überraschend ab.
Max: Obwohl dafür der Drive vielleicht etwas fehlt.
Ben: Ich finds jetzt nicht bedeutend, verstehe die starken Gefühle nicht.
Max: Oder aber: der PUNCH.
Ben: Ist halt eher ein Ender.
Max: Absolut.
Alexis: Bicep ist crisp, das ist teigig.
Ben: Der Übergang war auch Crisp. Und was Crisp ist, war mal Teig.
DJ Seinfeld – Right, What Time Do You Wanna Meet
Max: Das ist ja ein Meme House-Trackname! Klingt am ehesten nach seinem Album von vor paar Jahren.
Raoul: Aber interessant, wie er total offensichtlich mit zwei Tracks auf Burial Bezug nimmt und dann wieder Abstand.
Ben: Triff mich zwischen Nebelschwaden, wie ich den Water Floor abshuffle.
Raoul: Der Subbass und die Chords kommen zuckersüß.
Alexis: Das stimmt, das ist eher der Sound, den man mit Seinfeld verbindet: Groove-lastiger mit ein paar sparsamen, sphärischen Chords.
Max: Ja, inkonsistent eben.
Ben: Da ist dann doch wieder ein erkennbarer Rückfall in Lo-Fi-Gefilde. Aufbau, Drumwork, Trackname, Vocal-Samples, alles.
Raoul: Total inkonsistent.
Ben: Schleichend wohltuende Langeweile.
Max: Aber wieso eine EP nicht mal maximal abwechslungsreich halten.
Alexis: Eklektisch.
Max: Die Dame im Track findet’s ok.
Raoul: Bin ich eigentlich Fan von, Max, aber nicht, wenn man erst einen anderen Künstler so offensichtlich zum Vorbild nimmt.
Max: Schon weichgespült, aber na ja.
Ben: Auch wieder so ein Kandidat, der vom ersten Track zum letzten hin konstant schwächer wird. Aber eigentlich stark beginnt!
Max: Gerade fandest du’s noch „interessant”!
Alexis: Aber irgendwie auch der letzte Sargnagel von House. Danach kam nichts mehr.
Ben: This is our house.
Raoul: Mhh, bin ich etwa auch inkonsistent?
Max: Besser inkonsistent als inkontinent.
Raoul: Ohne Scheiß, das Wortspiel wollte ich auch gerade bringen. Wie sagst du immer so schön: Metaphern aus der Wortspielhölle.
Raoul: Sargnagel unterschreibe ich sofort.
Alexis: Aggressive Harmlosigkeit.
Max: Harmlosigkeit, die aggressiv macht? Dazu knickt man den Leuten gerne die Totems kaputt.
Ben: Immer gerne Totems geknickt!
Trackstars – Bonanza (L.I.E.S. Records)
Trackstars – Bonanza
Alexis: Für LIES-Verhältnisse überraschend klassischer US-House.
Max: Ah ja, jetzt noch ein gerader für den Abschluss.
Raoul: Solider, vorwärtstreibender House.
Max: Schwoof it up.
Raoul: Nicht mein Bier, ich trink lieber weiter Sekt.
Ben: Sekt ist die House Music unter den Getränken, mein Freund.
Max: Ja!
Ben: Da gibts jetzt sicher Gegenstimmen, es ist irgendwo auch etwas langsam und lädt dazu ein, von einem Bein aufs andere zu trippeln, aber ich find’s doch sehr herzerwärmend, Vor allem das Piano.
Max: Fast schon funky.
Alexis: Der eigentliche Lofi-House. Konzentriertes, engmaschiges Drumming, eine soulige Bassline, melancholische Chords. Schreit nicht nach Aufmerksamkeit, macht aber alles richtig.
Max: So stelle ich’s mir auf dem J.A.W.-Weekender phasenweise vor.
Ben: Alle sind beseelt, schenken sich nach, keiner schreibt.
Max: Das ist easy listening in Reinkultur.
Ben: SO will man seinen Floor haben.
Max: Heideglühen?
Ben: Ach nein, danke.
Raoul: Auf so einem Floor würde ich ziemlich schnell einschlafen.
Alexis: Auch die Tracklänge: 4:34 ist halt leichter zu bespielen als die Seinfeld’schen 6:49.
Ben: Das von einem grundentspannten Menschen…
Max: Du sollst dein Phlegma nicht auf unschuldige Musik abwälzen!
Ben: Burn.
Alexis: Das stimmt allerdings.
Max: Ne, aber kann’s schon nachvollziehen. Das klingt wie Palms Trax’ „Equation” in Teilen.
Ben: Smae. Die Mitte der EP ist leider tatsächlich etwas Lo geraten.
Trackstars – Check the technique
Ben: Groovy, ja, aber doch auch recht unbedeutend.
Alexis: Etwas selbstgenügsam, die Platte.
Raoul: Was für eine Technique? Samples zusammenklauen und Standard-Beat drunter?
Max: Stimmt schon, Musik für den Raucherbereich, den es ja eigentlich gar nicht geben muss. Von Berlin ausgehend jetzt.
Ben: Ach, komm – Für Lo-Fi-Standards ist das schon recht sophisticated.
Alexis: Was soll da gesampelt sein?
Raoul: Die Bassline heavily, auch im Stück davor?
Ben: Aber ja, das ist maximaler Bar-House.
Alexis: Sophisticated nicht gerade, aber gut gemacht. Gut komponiert und eine schöne, spröde Textur.
Max: Mir noch nicht smallvilly genug.
Trackstars – Udu
Ben: Chords zu Beginn, schon etwas belebender alles. Das ist B1, oder?
Alexis: Ja.
Raoul: Feelgood-Sound pur, da werde ich depressiv. Okay ab sofort halte ich mich mal zurück.
Ben: Armer Junge. Keine Dystopie, kein Basslauf, der dir den Magen umrührt, einfach gerader Sound.
Max: Kleine Italo-Reminiszenz.
Alexis: Jetzt sonniger mit hüpfendem Drumming, beschwingter Bassline und gleißenden Chords.
Max: Aber der kommt mir nicht genug auf den Punkt.
Alexis: Wobei ihnen das weniger liegt, da fehlt die Dichte und Kompaktheit der anderen Tracks.
Ben: Nee. Auch hier wieder so ein Ding, bei dem der Opener bisher am besten war.
Max: D’accord.
Raoul: Auf jeden.
Ben: Ist die Opener-Woche.
Max: Obwohl mir der Zweite auch gefiel.
Trackstars – What About House
Ben: Schön tiefe Bass-Chords.
Max: Gib mir die 808. Außerordentlich jammig. Haha, Raoul hält sich ja sowas von zurück. Um nicht zu sagen: raus.
Alexis: Jetzt nochmal weniger sonnig, aber verspielt und albern. Was es auch nicht besser macht.
Raoul: Ja, ich habe nur Negatives zu sagen und will eure Sunshine-Stimmung nicht vermiesen.
Ben: Auch wieder eine bestechend simple Nummer. Feel-Good ins Mark, eine simple Melodie. Innerlich schwofe ich von links nach rechts.
Max: Ein Ins-Gespräch-Kommer.
Raoul: Aber die Melodie und das Klavier-Geklimper hier ist doch Kindergarten?!
Ben: Ins-Gespräch-Kommer ist glaub ich die fieseste Kritik, die man sich für einen Track vorstellen kann.
Max: „Unten spielt Luke Slater. Lass’ mal dahin.”
Alexis: Kindergarten, aber lame und öde. Wie der Loop durchläuft, verbreitet er bloß Tristesse.
Ben: Habe geahnt, dass der ob seines Pianos nicht gut ankommt. Ich mag’s dennoch.
Max: Ich sehe mich als intermediierendes Organ.
Ben: Viel Spaß bei Luke Slater!