Edward – Hooked On Magic (Giegling)

Gilles Aitken aka Edward steht immer etwas zwischen den Stühlen, oder genauer, zwischen dem kuscheligen House-Sessel auf der einen und dem minimalistischen Techno-Edelstahlbürostuhl auf der anderen. Was Edwards Tracks auszeichnet, ist aber insbesondere, dass sie gerne mal in alle nur denkbaren Richtungen des Genres ausschlagen. All dies findet sich auch auf Hooked On Magic wieder, eine EP, die mit konventionellen Schubern („Jap College“), oldschooligen („Whistle“) und auch gebrochenen Beats daherkommt („Time Shift“) und vor allem mit den atmosphärisch verspielten Tracks („Walk Free“, „Hidden Mirror“) zur vollen Größe aufblüht. Stefan Dietze

Feater ‎– Time Million Feat. Vilja Larjosto Remixes (Running Back)

Mit einer Remix-Trilogie feiert Running Back “Time Million”, den Centertrack von Socialo Blanco, dem famosen Albums des Wiener Producers Daniel Meuzard alias Feater. Mit Pépé Bradock und Ricardo Villalobos hat Running-Back-Headcoach Gerd Janson für den ersten Teil zwei ausgesprochene Experten in Sachen epischer Remixkultur beauftragt. Insbesondere dem „Villalobos Remix“ kann man sich in seiner Mischung aus balearischem E2-E4-Feel, Electro-Boogie-„Jam On It“-Flair und Früh-Nuller-Minimal-House-Attitude nur schwer entziehen, weshalb es auch einen knapp 14-minütigen Dub im GJ-Edit davon gibt, der zusammen mit Bonusbeat- und Acappella-Mixen von Bradock den zweiten Teil des Releases darstellt. Die dritte Maxi teilen sich Krystal Klear und Pangaea mit Meuzard, der sich hier gemeinsam mit Sam Irl selbst remixt. Während Hessle-Audio-Star Pangaea wenig überraschend Bassmusik liefert, dazu noch ein Instrumental ohne die reizenden Vocals der finnischen Sängerin Vilja Larjosto, setzt Krystal Klear auf Downtempo zwischen Compass Point, Soul II Soul und Sade. Sein “Quiet-Storm-Mix” bleibt auch im Vergleich mit Featers durchaus gelungener Selbst-Reinterpretation die bis dato gültigste Version dieses unwiderstehlichen Instant-Hits. Zudem angekündigt: eine 10“ mit weiteren Remixen von Blood Shanti. Harry Schmidt

Harmonious Thelonious – Kabriman (Midnight Shift)

Bei Harmonious Thelonious kann man sich unbesehen oder -gehört immer auf rheinische Minimalismus-Varianten von afrikanischen Polyrhythmen freuen. In diesem Fall wählt der Düsseldorfer Produzent Sebastian Schwander drei einigermaßen unterschiedliche Zugänge, zunächst mit nervös akzentuierter, zuverlässig verfremdeter, traditionell anmutender Perkussion, dann mit kreiselnden, dezent melodischen Bleep-Loops, die an eine stark reduzierte, tribalistische Version von frühem Warp-House denken lassen. Ritualistischer Höhepunkt ist schließlich das neunminütige „Polyrhythmic Monster“, das seine klopfend und klöppelnd insistierende Beatgewalt in sorgfältig geschichteten Synkopen entfaltet und dabei streng die Kontrolle behält. Ein großes Trance-Ungetüm von entrückender Majestät. Tim Caspar Boehme

Head High – Into It (Power House)

Während uns René Pawlowitz zuletzt ein Wiedersehen mit seinem Dubtechno-Alias Wax bereitete, freuten sich viele Fans mehr auf die Rückkehr seines Head High-Monikers. Um den war es nämlich seit einer die bisherigen fünf Platten vereinenden Compilation von 2015 still geworden. Auf Into It schreibt er jetzt die Geschichte des UK-Raves weiter.
An der Faustformel hat sich dementsprechend nichts geändert: Hardcore trifft House zu großen, rollenden Breakbeat-Rhythmen, die verklärte Nostalgie und Sehnsucht in sich tragen. Schwebende Synths, die dem Morgen entgegen fiebern und tief bollernde Bässe, welche in die Weiten der Nacht hinausdrängen. Alles zusammengehalten von präzise gechoppten, scheppernden Oldschool-Drums und den obligatorischen Vocal-Samples.
Dennoch hat man von diesem Sound noch nicht genug und freut sich über jeden der inspirierten Neu-Entwürfe zum Thema. Dieses Mal möchte man Head High gar eine gewisse Altersmilde unterstellen. Denn weniger ungestüm und brachial wirkt die neue EP, noch verheißungsvoller und gülden leuchtet der unsterbliche Rave-Spirit diesmal hindurch. Leopold Hutter


Roger23 – Is Demanding For A Cultural Negotiation (Ilian Tape)


Roger Reuter alias Roger23 kehrt zu Ilian Tape zurück. In der Vergangenheit hat sich der gebürtige Saarbrücker nie einem bestimmten Sound verschrieben, riskierte dadurch aber auch hin und wieder in seinen Produktionen etwas gesichtslos zu wirken. Auf seinen letzten Outputs hingegen kann man ganz klar dubbige Anmutungen heraushören. Und genau das steht ihm gut. Auf Is Demanding For A Cultural Negotiation legt er das Genre in nahezu seiner gesamten Bandbreite aus: vorwärtsgerichtete 4/4-Kicks, kicklose und sphärisch verzahnte Strukturen und brummender Drone. Das Sahnehäubchen und sicher auch bewusste Aushängeschild der Platte ist aber „Cultural Negotiation“ – ein uriges und gleichzeitig voll aufgeweckt herumflirrendes Hyperdub-Monster. Selbst die Tatsache, dass nach einer Minute – mal wieder – die allseits bekannte, aber mittlerweile komplett ausgelutschte „Dis poem…“-Phrase ertönt, wird durch die trippige Verarbeitung des Mutabaruka-Samples wettgemacht. Wo Roger sich früher wahrscheinlich erst nach und nach ausprobieren musste, zeigt er hier mehr Gesicht denn je – es scheint so, als hätte er seinen Sound gefunden. Benjamin Kaufman

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