5Bézier – 府城-EP (Honey Soundsystem)

Der taiwanesisch-amerikanische Produzent Bézier alias Robert Yang lässt auf seiner jüngsten EP seine Hörer und Leser an den Sehenswürdigkeiten Taiwans teilhaben, die ihn bei der Arbeit an dieser Platte inspirierten. Vorausgesetzt, man kann die Han-Zeichen entziffern. In den fünf Tracks geht er seinen Vorlieben für Achtziger-Synthiepop oder Neunziger-IDM nach, verwirbelt sie nach eigenem Gusto, bis es für ihn stimmt. Legt hier ein kreiselndes Arpeggio über den Viererbeat („林百貨“), lässt da hallend-harte Breakbeats auf heisere digitale Bässe treffen („綠館三溫暖“). Runde, eckige Sache. Tim Caspar Boehme

4Gunnar Haslam – Cacique De Poyais (Delsin)


Cacique De Poyais beginnt mit einem ungewöhnlich langsamen Technotrack, der während der ersten ein, zwei Minuten wie eine Ouvertüre wirkt. Als solle der Hörer auf das, was folgt, fokussiert werden. Aber das Stück geht weiter und weiter und breitet sich am Ende über dreizehn Minuten aus, und die vermutete einleitende Wirkung entpuppt sich im Laufe des Tracks als eine meditative und geradezu aufsaugende. Der nächste Track, „Port Sommeil“, kreiert dann aber eine komplett andere, ravige und enthusiastische Stimmung – und das lediglich mit einem nur auf die Kickdrum reduziertem Beat und sich ständig verändernden, modulierten und raffiniert effektierten Akkorden! “Azote Du Guano” arbeitet ähnlich, lebt ebenfalls von modulierten Sounds auf mehreren Ebenen, fußt aber auf einem komplexeren Rhythmusgerüst. Tolle EP, die zeigt, wie viel nach wie vor in dem immer öfter totgesagten Genre möglich ist, wenn Eigenständigkeit, Kreativität und Mut zusammen kommen. Mathias Schaffhäuser

3Monoloc – Drought EP (Dystopian)


In den drei Jahren seit Monolocs letztem Release auf Rødhåds Label Dystopian ist viel passiert. Von einem gefeierten Release zum nächsten, mal schnell im Vorbeigehen ein eigenes Label gegründet und dazu noch als DJ und/oder Live-Act ständig auf Tour. Wenn auch noch Szenegrößen wie Tale of Us und Dixon deine Musik veröffentlichen, machst du wohl nicht so viel falsch. Aber soundtechnisch verweilt Monoloc nicht in der Vergangenheit. Obwohl Drought ähnlich atmosphärisch ist wie sein 2016er Album The Untold Way, zeigt es doch auch neue Seiten auf. Wesentlich geradliniger marschiert er hier voran und das steht ihm ausgezeichnet. Wie Gewitterwolken, bedrohlich und scheinbar unaufhaltsam, legt der Künstler seinen Soundschleier auf die Ohren der Hörer*Innen und lässt Blitze in Form von Kickdrums und roughen Hi-Hats einschlagen. Hinzu kommen entweder dunkelschwarze Klangwolken oder verträumte Melodien, je nachdem welchen Track man gerade genießt. Perfekte Musik, um die Augen zu schließen und sich hinfort treiben zu lassen. Andreas Cevatli

2Neuzeitliche Bodenbeläge – Leben (Themes For Great Cities)

Neuzeitliche Bodenbeläge sind zurück auf Themes For Great Cities, dem Label für zeitgenössische Musik aus Düsseldorf. Das Duo lebt zwar heute in Berlin, aber Joshua Gottmanns und Niklas Wandt stammen aus Nordrhein-Westfalen. Wandt produzierte mit Wolf Müller und Sascha Funke. Gottmanns war Sänger der Band Beat!Beat!Beat!. Erstmalig musizierten sie in der Gruppe Oracles zusammen. Nun sind sie ein Duo, klingen dank ihrer deutschen – mal mehr, mal weniger poetischen – Zick-Zack-Parolen nach NDW und tanzen musikalisch zwischen New Wave, Synth-Pop und Dub-Sphären à la Spliff. Mit Clubmusik hat ihre EP Leben wenig gemein. Eher mit Salon Des Amateurs-Musik. Die erweist sich erst durch ein Sich-Fallen-Lassen als Tanzmotor und schickt ihre Empfänger mit überraschender Musikalität statt repetitiver Statik auf augenzwinkernde Rhythmus-Reisen. Michael Leuffen

1The Exaltics feat. Egyptian Lover – Exodus EP (Solar One)


Seit Robert Witschakowski im Jahr 2008 seine erste Platte unter dem Namen The Exaltics herausgebracht hat, ist einiges passiert. Inzwischen ist der Produzent aus Jena, der vor gut 20 Jahren als DJ des Clubs Kassablanca in der Szene auftauchte, eine feste Größe in der kleinen, aber umtriebigen Welt des unkaputtbaren Electro-Sounds. Dessen Ursprünge liegen in den frühen Achtzigern. In einer Zeit also, in der man in Einkaufspassagen immer wieder Münzen in Arcade-Automaten warf, um Pac Man, Galaga oder Tron zu spielen. Post-Kraftwerk-Electro-Beats dominierten währenddessen im Hip Hop, die Zukunft sah noch aus wie Sci-Fi. Inzwischen macht Witschakowski regelmäßig mit seinem einstigen Vorbild Gerald Donald (Drexciya, Dopplereffekt) Musik. Und nun ist auf “I Want You”, einem Track seiner neuen EP, die Electro-Hip Hop-Ikone Egyptian Lover zu hören. Ein Hit? Ja sicher. Keinen Deut weniger bouncet aber “Exterminate” auf der anderen Seite dieser bunten Picture-Disc in Schädelform. Holger Klein

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