Ein berühmter Sohn deiner Heimatstadt Chicago, Kanye West, hat vor zwei Jahren für seinen Track “Fade” ein Stück von dir gesamplet, “Mystery of Love”. Wie war das für dich?
Kanye hat ganz einfach nach dieser alten Hip Hop-Sample-Tradition gearbeitet. Es ist ein bisschen wie russisches Roulette – wen trifft es als nächstes? Dass es in diesem Fall mich traf, war eine schöne Überraschung. Ich erfuhr schon davon, bevor mich seine Anwälte kontaktierten. Zum ersten Mal wurde der Track auf einer Modenschau in Paris gespielt. Jemand, den ich kenne, war dort und schickte mir direkt eine Textnachricht. Ich freute mich riesig, dass es dieses Stück am Ende auf sein Album schaffte.

Wie reagierten denn die Leute um dich herum darauf?
Die meisten fragten mich, was für ein Typ Kanye West denn sei, ob ich ihn denn getroffen hätte. Aber ich habe keine Ahnung, ich traf ihn ja nicht. Das wurde ja alles von Anwälten und Managern geregelt. Leider bekam ich ich auch niemals eine Kopie von diesem Album.

Glaubst du, dass durch dieses Sample deine Musik von neuen Leuten entdeckt wurde?
Ich hoffe doch. Wenn du Musik machst, möchtest du, dass sie von den Leuten gehört wird. Auf welchem Weg das passiert, ist mir egal.

Und wie ist deine Meinung zu “Fade”? Gefällt dir, was er aus deinem Stück gemacht hat?
Ja, durchaus. Auf der anderen Seite habe ich “Mystery of Love” schon so oft gehört, dass es quasi unmöglich ist, mich mit diesem Song noch zu überraschen. Als ich “Fade” erstmal hörte, dachte ich: Klingt wie “Mystery of Love”. Zunächst mal wurde auf dem Track gar nicht gerappt, er hat ein langes Intro, was für Hip Hop ungewöhnlich ist. Doch als dann der Rap und diese Gesangsparts einsetzten, fand ich es wirklich cool.

Es wurde immer wieder berichtet, dass du auch Hip Hop- und R’n’B-Track produziert hast. Veröffentlicht wurde davon nichts. Wieso?
Über die Jahre hinweg war es für mich völlig unmöglich, ein Musiker und Produzent zu sein und nichts mit Rap zu tun zu haben. Ich habe immer Leute gekannt, die Rapper waren. Und so habe ich ab und zu Beats gemacht, eigentlich nur so zur Übung. Vielleicht ergibt sich ja eine Gelegenheit, dachte ich mir. Common, der ja wie ich aus Chicago kommt, hatte zum Beispiel irgendwann mal Interesse angemeldet, Crucial Conflict auch. Es kam aber nicht dazu. Doch ich dachte mir eine Zeit lang, da bleibst du dran. Es machte mir Spaß, Beats zu produzieren, über die Freunde von mir freestylten.

Warum hast du nicht auf eigene Faust etwas veröffentlicht?
Mit den Vertrieben, mit denen ich arbeitete, hätte das zu nichts geführt. Das erschien mir sinnlos. Meine Vertriebe waren alle auf Clubmusik spezialisiert. Wir hatten also kein Vehikel für meine Hip Hop-Produktionen. Ich habe übrigens schon mit 17 eine ganze Menge R’n’B-Stücke geschrieben. Später hatte ich Songs, die vielleicht für Brandy gepasst hätten. Aber wie sollte ich denn einen brauchbaren Kontakt zu solchen Leuten herstellen? Am Ende nahm ich die ganze Sache vielleicht auch nicht ernst genug.

In deiner Musik stecken ohnehin eine Menge R’n’B-Einflüsse, auch in Cerebral Hemispheres. Dieser Quiet-Storm-Vibe ist eigentlich schon seit Introduction ein fester Bestandteil deiner Musik. Auf Alben wie Love’s Arrival und Where Life Begins war er das bestimmende Element.
Als ich noch jung war, unterschied sich mein Musikgeschmack schon von dem meiner Freunde. Ich hatte immer einen irgendwie erwachseneren Ansatz. Während meine Freunde die Isley Brothers hörten, lief bei mir zuhause das Mahavishnu Orchestra. Die anderen konnten damit überhaupt nichts anfangen. Für die klang das einfach nur merkwürdig. Mich interessierten oft Dinge, die gerade überhaupt nicht angesagt waren.

Vielleicht bist du in den späten Achtzigern mit deinem Projekt Gherkin Jerks genau aus diesem Grund viel weiter gegangen als alle anderen House-Produzenten bisher, was die Freude am Experiment anging. Wie stehen die Chancen auf ein Gherkin Jerks-Comeback?
Das wird es nicht geben. Zum Namen Gherkin Jerks kam es, weil ich damals mit Gherkin Records zusammenarbeitete. Es wäre merkwürdig, wenn ich den Namen heute noch verwenden würde, die sind ja schon lange nicht mehr aktiv. Gherkin Jerks war schon eine verrückte Sache, ich hatte Spaß am Experimentieren. Ich verkabelte die Geräte, ohne wirklich zu wissen, was ich da tue. Die Sounds, die ich so erzeugen konnte, waren wirklich abgedreht. Gherkin Jerks war so ein bisschen das Werk eines verrückten Wissenschaftlers, der mit seiner Arbeit auch die ganze Welt hätte in die Luft jagen können, am Ende aber doch nur schräge Musik machte.

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