Von den späten Neunzigern an hast du Alleviated eine einige Jahre zusammen mit Brett Dancer und seinem Label Track Mode betrieben. Wie kamst du an ihn?
Ich kann gar nicht mehr genau sagen, wie wir uns getroffen haben. Ich fand aber sein Label schon eine ganze Zeit lang super. Nachdem der Deal mit MCA beendet war, hing ich in der Luft. Und so war es perfektes Timing, wie wir uns kennenlernten. Anders als noch bei MCA konnte ich wieder die Kontrolle über alles erlangen. Der Vertrieb lief über die Struktur von Track Mode, gleichzeitig wurde ich zu Bretts A&R-Berater.
Leider verschwand Track Mode vor etwa zehn Jahren von der Bildfläche. Wieso eigentlich?
Das war die Zeit der Finanzkrise, die ja auf dem Immobilienmarkt begann. Brett Dancer war es aus diesem Grund nicht mehr möglich, das Label zu betreiben. Das war sehr bedauerlich, aber es gibt Dinge, über die man keine Kontrolle hat. Er will nun mit einem neuen Label zurückkommen. Das wird nach dieser langen Pause nicht einfach, die jüngere Generation wird Track Mode nicht mehr kennen, der Konkurrenzkampf ist hart.
In jener Zeit, als du dein Label in Zusammenarbeit mit Track Mode betrieben hast, tauchte auch Chad White in deinem Leben auf. Mit “The Sun Can’t Compare” konntest du mit ihm zusammen noch mal einen mächtig erfolgreichen Underground-Hit landen. Wie habt ihr euch kennengelernt?
Wir lernten uns auf einer Party kennen. Chad war gut am Feiern, er hüpfte die ganze Zeit auf und ab, irgendwann kamen wir ins Gespräch und es stellte sich heraus, dass er singt. Ich hatte schon seit Langem nur noch alleine Musik gemacht, inzwischen vermisste ich aber die Energie, die zwischen zwei Menschen entstehen kann. Und so verabredeten wir uns noch am selben Abend zum Musikmachen. Er ist ein super Typ und ein sehr guter Sänger, das mit ihm passte einfach.
Nun ist er bereits seit zehn Jahren ein stetiger musikalischer Partner von dir.
Mein musikalischer Partner ist er nicht, das traf damals auf Robert Owens zu. Doch ich arbeite einfach gerne mit Chad und helfe ihm mit seiner eigenen Musik.
Ihr beiden seid in den letzten Jahren auch regelmäßig zusammen auf Tour gewesen.
Ja, das ist richtig, schon bald stehen die nächsten Shows an. Robert Owens hat auch ein paar Termine zugesagt. Wir machten sogar die Telefonnummer von Ron Wilson (neben Robert Owens und Larry Heard einst das dritte Fingers Inc.-Mitglied, Anm. d. Red.) ausfindig, aber er rief uns nie zurück. Das ist alles ein bisschen rätselhaft. Es war schon schwierig, überhaupt seine Telefonnummer zu bekommen. Wir wissen, dass er irgendwo in der Gegend von Chicago wohnt. Ich hoffe sehr, dass er mich eines Tages doch mal zurückruft. Ich wüsste gerne, was los ist. Ist er aus irgendeinem Grund sauer, haben wir etwas Falsches gemacht?
Das wäre ja eine Fingers Inc.-Reunion gewesen. Wie bist du damals an die beiden geraten?
Ich traf Robert auf einer Party, das war kurz nach der Veröffentlichung von “Mystery of Love”. Er war dort als DJ gebucht und spielte irgendwann “Mystery of Love”. Später ging ich zu ihm hin, um ich zu bedanken. Wir kamen ins Gespräch, es stellte sich heraus, dass Robert auch Sänger war und Texte schrieb. Also tauschten wir Telefonnummern aus. Als wir dann erstmals gemeinsam im Studio waren, schrieben wir den Song “Empty”, der später auf meinem Album Introduction erscheinen sollte. Ihm ging es damals wie mir, er hatte viele Ideen, doch es fehlte ihm ein Vehikel, mit dem er all das umsetzen konnte.
Ron Wilson komplettierte schließlich das Trio. Du hattest wieder wie früher als Schlagzeuger in deinen Bands im Bühnenhintergrund deinen Platz.
Ja, ich war der einzige Musiker in der Band, Robert und Ron standen als Sänger im Vordergrund. Das war eine wirklich großartige Zeit. Wir drei waren jung, hatten Erfolg mit unserer Musik und lernten die unterschiedlichsten Orte und Kulturen kennen. Wir lernten Menschen aus aller Welt kennen. Was wir dadurch lernten, kann dir kein College beibringen.
Auf den Cover- und Pressefotos saht ihr aus wie ein etwas flamboyantes R’n’B-Trio.
(lacht) Robert ist immer sehr an Mode interessiert gewesen, Ron war der Tänzer. Die beiden verband eine intensive kreative Energie, auch was den Image-Aspekt anging. Roberts Texte hatten immer etwas Dramatisches, aber er schrieb auch Nachdenkliches oder Witziges. Wie alle erfolgreichen House-Acts jener Zeit war Fingers Inc. eine Produzenten-Sänger-Kombination. Wir hatten nicht das Budget für weitere Musiker. Doch zusammen mit Robert und Ron erreichte ich so viel mehr als in all meinen Bands zuvor. Wir tourten nicht wie die Rolling Stones, aber wir kamen rum! Wir traten in London und Glasgow auf, als das ganze House-Ding gerade los ging. Doch wir waren nun mal nicht Grateful Dead, mehr als ein paar Gigs pro Jahr waren es nicht. Ich weiß aber auch nicht, wie solche Bands das ständige Touren überlebt haben. Ich bin nach zehn Auftritten schon richtig müde. Es ist Wahnsinn, wenn man sich mal überlegt, was Leute wie James Brown und seine Musiker geschuftet haben – immer auf Achse, und dann noch mit solch körperlich anstrengenden Shows. Ich brauche eine Balance, sonst bleibt zwischen Labelarbeit und Gigs meine Musik auf der Strecke. Ich bin aber immer gerne unterwegs, auch deswegen, weil ich ein begeisterter Fotograf bin. Wenn man reist, ist das immer eine tolle Gelegenheit, Bilder zu machen.