Platten wie “Mystery of Love” oder “Can You Feel It” werden heute als Klassiker gehandelt, du giltst als Ikone der House-Musik. Wie fühlt sich an?
Ich denke über so etwas überhaupt nicht nach. Ich bin mit all den Aufgaben, die mir die Gegenwart stellt, gut beschäftigt. Aber natürlich freut es mich riesig, dass sich die Leute immer noch diese Stücke anhören. Genau deswegen macht man doch Musik. Es ist unglaublich, dass da immer wieder eine neue Generation nachgewachsen ist.
Nervt es dich manchmal, dass deine Hits von damals heute noch so viel mehr Interesse auf sich ziehen als aktuelle Tracks?
Natürlich denkst du manchmal vor einer Show: Ach, heute lasse ich “Can You Feel It” mal aus. Doch am Ende spielst du es doch, weil du die Leute nicht enttäuschen willst. Das nervt dann schon ab und zu. Es käme mir aber nie in den Sinn, mich auf meiner Vergangenheit auszuruhen. Wenn man zurückkommt, müssen es frische Ideen sein.
Wie bist damals überhaupt zu House-Musik gekommen?
In Clubs ging ich nur sehr selten, weil ich einen Vollzeitjob und noch eine Band hatte. Aber ich hörte viel Radio. Die ganze Disco-Bewegung fand in Chicago ja auch im Radio statt. Man hätte unter einem Stein wohnen müssen, um das nicht mitzubekommen. Nachts gab es richtig coole Shows, in denen Platten von Devo oder New Order liefen. Für diese Musik aus Europa, die so völlig anders klang, hatten wir keinen Namen. Mich prägte das. Als ich dann meinen ersten Drumcomputer hatte und ausprobierte, was man mit ihm anstellen kann, landete ich zwangsläufig beim 4-to-the-floor-Beat. Das sind nun mal die Patterns, die am einfachsten zu programmieren sind. Zu denen gelangt man, nachdem man die Bedienungsanleitung gelesen hat und endlich etwas mit dem Gerät machen will.
Was hattest du denn für einen Job?
Ich arbeitete im öffentlichen Dienst, für die Bundesregierung. Ich hatte einen Job beim Ministerium für Gesundheit, Bildung und Wohlfahrt. Da kümmerte ich mich Krankenversicherungen und Renten. Mit 27 Jahren gab ich den Job auf, der Musik wegen. Schon als Jugendlicher hatte ich mitbekommen, dass um mich herum Erwachsene waren, die irgendwann mal einen Traum hatten, den sie nicht weiter verfolgten, was sie schließlich bereuten.
Ab diesem Zeitpunkt müsstest du ja Zeit gehabt haben, um dich auch mal in den Clubs der Stadt rumzutreiben.
Ja, das machte ich auch. Ich musste ja schauen, was geht. Ich beobachtete genau, was die DJs spielten und auf was die Leute wie reagierten. Wir hatten damals in Chicago ja etliche wirklich gute Produzenten – Steve Hurley, Chip E, Adonis, Marshall Jefferson und all die Jungs. Diesem Wettbewerb musste man sich stellen, wenn man dabei bleiben wollte. In Chicago ging es in der Musik sehr konkurrenzbetont zu, das merkte ich schon mit meinen Bands. Ich battlete mich mit anderen Schlagzeugern, das war so ähnlich wie zwischen Hip Hop-MCs. Wir saßen uns gegenüber und battleten uns beim Schlagzeugspielen. Für den Verlierer konnte das eine peinliche Situation sein. Auch Tänzer waren immer im Wettbewerb mit anderen Crews. Wer die besten Moves hatte, gewann.
Wie hast du deine allerersten Platten denn veröffentlicht?
Ich gründete mein eigenes Label und brachte die Stücke selbst raus. Wie mühselig die Suche nach einem Label ist, wusste ich ja bereits. Ein Kumpel von mir, Donnie Hardy, fragte mich, wieso ich es nicht auf eigene Faust versuchen wollte. Zusammen recherchierten wir dann, wie das eigentlich geht. Schließlich machten wir in Gary, Indiana ein Presswerk ausfindig. Der Besitzer war ein Musiker aus der Bigband-Ära. Nach seiner Bühnenkarriere gründete er eine Mastering-Firma. Er erklärte mir den ganzen Herstellungsprozess, gab mir aber auch Tipps, was die rechtlichen Aspekte einer Labelgründung anging. Als schließlich die erste Platte fertig war, packte ich die Kartons in mein Auto und klapperte die einzelnen Läden in Chicago ab. Damals war das Geschäft mit Platten noch ausgesprochen gesund. Ich konnte immer kartonweise verkaufen. Und schon bald riefen die Läden wieder bei mir an, um Nachschub zu bestellen. Das war alles enorm viel Arbeit, aber es machte mir riesigen Spaß. Ich hatte das Gefühl, dass meine Arbeit belohnt wurde.