5. Joy O & Ben Vince – Transition 2 / Align (Hessle Audio)
Für die tatsächlich erste Zusammenarbeit von Joy Orbison und Hessle Audio hat sich der Brite nicht mit seinem Lieblings-Kollaborateur Boddika zusammengetan, sondern mit dem Saxophonisten Ben Vince. Dieser steht für eine experimentelle Herangehensweise zwischen Jazz und Electronic – ein perfektes Match wenn man die zwei Tracks „Transition 2“ und „Align“ hört. Sie sind Ergebnis von gemeinsamen Studiosessions sowie Orbisons Bearbeitungen von bereits existierenden Aufnahmen von Vince. Auf „Transition 2“ hebt sein freies Spiel einen kleinteiligen Minimalhouse-Track auf ein sympathisch verspultes Level. „Systems Align“ ist ein forscherer Technotrack, bei dem fragmentierte Saxophonklänge auf manische Bleeps treffen.
4. Alex.Do – World On A Wire (Dystopian)
Es ist mehr als offensichtlich, dass der Berliner Alex.Do seine dritte EP für Dystopian, World On A Wire, nach Rainer Werner Fassbinders 1973er Science-Fiction-Klassiker Welt am Draht benannt hat und tatsächlich sprach der Berliner erst kürzlich bei Groove über den Einfluss des Films auf sein Schaffen. Do liebt cinematographische Sounds und die vier Tracks bewegen sich souverän in einer Balance aus druckvollem Techno, subtilen Melodien und atmosphärisch packenden Soundscapes, die genügend Raum für eigenes Assoziationsspiel lassen und sich nicht wie dunkle Melasse um den Hörer schließt wie so viele andere zeitgenössische Technotracks. Total super ist „Holm“, bei dem Do unvermittelt mit einem Electro-Beat den geraden Groove aufbricht.
3. Randomer – Slicing (Dekmantel UFO)
Vier hochenergetische Tracks liefert der Londoner Randomer auf seiner neuen EP Slicing für Dekmantel UFO. Die Tracks zeichnen allesamt einen speziellen Fokus auf organisch klingender Percussion und Off-Beats, die mit abstrakten, metallisch klingenden Sounds konterkariert werden, aus. Das funktioniert vor allem auf „Van Pelt“ wunderbar, das einen extrem zeitgemäßen, mitreißenden Urwaldsound evoziert. „Shadow Harp“ dürfte mit seinem eindeutigen Techno-Drive von vielen DJs gespielt werden, kann aber nicht das gleiche Interesse entfachen wie die etwas harscheren und experimentierfreudigen „Dissolve“ und „Slicing“.
2. Mori Ra – CockRing d’Amore 04 (CockRing d’Amore)
“Reconstruction For A New Age” ist auf die eine Seite des Plattenlabels gestempelt, auf der anderen Seite eine Illustration des schwulen Manga Künstlers Gengoroh Tagame – passt natürlich super zu der vierten Katalognummer von CockRing d’Amore, dem Edit-Label von Discodromo. Die beiden Italiener haben mit CockTail d’Amore eine der populärsten, musikalisch anspruchsvollsten schwulen Partys Berlins am Laufen und ihre zwei Labels fangen diesen speziellen Spirit auch bestens ein. Hier gibt es drei Edits des in Osaka lebenden DJ und Producer Mori Ra zu hören, deren Originalquellen mir leider unbekannt bleiben. Es sind wunderbar verspielte, niedertourige New Age House Tracks, die mit Latin-Percussion, dicken Synth-Teppichen und halbseidenen Streichern daherkommen.
1. Róisín Murphy – All My Dreams / Innocence (The Vinyl Factory)
Im Zuge der großen Koze-Festspielwochen kommt eine neue, eigene Veröffentlichung von Róisín Murphy natürlich zur rechten Zeit. Die irische Sängerin kann ja auf eine karrierelange Liebesbeziehung mit House Music zurückblicken, und trotzdem überrascht einen ihre Wahl für den Produzenten ihrer neuen Single – der ersten von drei folgenden – positiv. Der US-Amerikaner Maurice Fulton ist nicht nur einer der eigenwilligsten, charismatischsten House-Producer überhaupt mit Hang zum spleenigen Funk, Jazz und Band-Sound, er hat auch bereits mit der Sängerin Kathy Diamond gearbeitet. „All My Dreams“ ist dann auch ein großartiger Popsong mit House-Ästhetik, wie man ihn sich von Murphy nur wünschen kann: druckvolle Vintage Drums, ein funky Disco-Gitarrenlick und ihr bittersüßer Gesang, bei dem vor allem vor allem die Zeilen „Ridiculously sexy, this is ridiculous. This wait is driving my crazy, it’s just ridiculous“ im Ohr hängen bleiben. Man möchte ein ganzes Album von den beiden hören.