Jeden Tag werden DJ-Mixe ins Netz geladen. Manche sind besser, manche sind schlechter und nur wenige werden uns jahrelang begleiten. Jeden Monat sucht das Groove-Team die fünf besten des vorangegangenen Monats aus, präsentiert in alphabetischer Reihenfolge. Diesen Monat mit Nina und Bruce beim Meakusma, Midori Takadas meditativer Playlist für i-D, Nick Craddocks perfekt auf Kante gemixten Blowing Up The Workshop-Beitrag, Seth Troxlers Marathon-Set aus dem Münchener Blitz und Yaejis Boiler Room-Party. Und wer danach noch nicht genug hat, schaut einfach mal beim Groove-Podcast vorbei.

5. Nina & Bruce – Live From dublab Sleepless Flooor (Meakusma Festival 2017)

Eines der definitiven Highlights des diesjährigen Meakusma Festivals war das Set des Briten Bruce, der mit brodelndem Ambient begann und sich langsam über dräuende Basslines zu slammenden Riddims hinarbeitete. Bruce wurde von Ben UFO eingeladen, der für die von ihm kuratierte Festival-Stage auch Nina heranholte. Der Hemlock-Artist und die Golden Pudel-Resident teilten sich aber auch auf dem vom Dublab programmierten Heuboden einen Slot. Das gemütlich eingerichtete Obergeschoss des kargen Gebäudes lud eher zu Sitz- oder Liegesessions als zum Tanzen ein, das musikalische Programm gestaltete sich dementsprechend ruhiger und experimenteller.

So beginnt auch das Sitz-B2B von Bruce und Nina mit verknusperten Brutzelsounds, tappst verschlafen auf der Stelle und will sich auch eigentlich nicht weit fortbewegen. Stolze 18 Minuten dauert es, bis der erste Beat einsetzt, ein Andy Stott-Stück – und danach soll es wieder eine ganze Weile dauern, bis Rhythmen das Klangbild bestimmen. Was die beiden DJs stattdessen bieten, ist eine eindringliche, dichte Soundcollage, wie sie selbst auf diesem Ausnahmefestival eher selten zu hören war. (Kristoffer Cornils)

https://www.mixcloud.com/dublab_de/nina-b2b-bruce-live-from-dublab-sleepless-floor-meakusma-festival-2017/

4. Midori Takada – i-DJ


Eine der schönsten musikalischen Entdeckungen konnte man dieses Jahr mit Midori Takada machen. Through The Looking Glass, ihr für die längste Zeit ignoriertes Debütalbum von 1983 wurde erst dank des Bloggers Jackamo Brown, der die seltene Ambient-Platte auf YouRube stellte, sowie des Autoplay-Algorithmus der Videoplattform zum Streaming-Hit und schließlich auch im Januar von We Release Whatever The Fuck We Want Records auf Vinyl wiederveröffentlicht. Seitdem ist die Komponistin und Perkussionistin auch wieder in Konzerten zu hören.

Ihre Musikauswahl für das Modemagazin i-D ist kein Mix, sondern eine Zusammenstellung meditativer Stücke von den 60er bis 90er Jahren, von Musikern aus Ghana, Senegal, Japan, Korea, Spanien und Frankreich. Afrikanische Griots (Lamin Konte) werden hier abgelöst von einem Chor von Mönchen (Gyuoto Monks Tantric Choir), gefolgt von Free Jazz (Kim Dae Hwan). Die Titel, die zu Takadas Lieblingsmusik zählen, sind nicht weniger als eine klangliche Offenbarung. (Heiko Hoffmann)

3. Nick Craddock – Blowing Up The Workshop 80


Nick Craddock gehört zu den wenigen DJs, die ausschließlich auflegen. Seit seinem Beginn als DJ in den 90ern hat er nicht eine Platte veröffentlicht, seine Diskografie listet lediglich eine Mix-Kassette aus dem Jahr 2015. In seinem Mix für Blowing Up The Workshop beweist er seine große Expertise in Sachen House. Disco als Urvater des Genres ist hier kaum noch rauszuhören: Von Lo-Fi über Leftfield und Acid bis Breakbeat finden sich in seinem Mix vor allem die etwas abgelegeneren Seiten von House wieder. Zeit, die er nicht zum Produzieren verwendet, nutzt er offensichtlich, um sein Mixing zu perfektionieren. Alles sehr stimmig miteinander verwoben, bewegt sich Craddock erfolgreich 75 Minuten lang an den äußeren Rändern des Genres. (Christoph Umhau)

2. Seth Troxler – All Night Long @ Blitz


Viele DJs haben in diesem Jahr ausgesuchte Gigs in Clubs gespielt, bei denen sie die ganze Nacht allein aufgelegt haben. Meist sind es nicht mehr ganz junge DJs, die es noch aus ihren Anfangsjahren, bevor der Beruf des reisenden DJs erfunden wurde, nicht anders kennen. Sei es, um sich selbst neben den ganzen 2-Stunden-Slots der Festivals noch einmal herauszufordern, oder auch weil so ein Marathon-Set in der tighten Aufmerksamkeitsökonomie der Clubwelt immer noch etwas Spezielles darstellt. Dieser siebeneinhalbstündiger Mix von Seth Troxler aus dem neuen Münchner Blitz Club zeigt sehr schön, warum so ein All Night Set auch Sinn für die Crowd machen kann – wenn man es nämlich wie bei ihm mit einem Selector zu tun hat, dessen Musikgeschmack breit gefächert ist und der glaubwürdig an einer Kommunikation mit den Tänzern interessiert ist.

Oft sagen DJs, dass ihre aktuelle Mix-CD ein Kondensat einer Clubnacht sei, umso interessanter ist es hier, einmal nachzuvollziehen, wie eine Clubnacht tatsächlich klingt, wenn sie komplett in der Hand nur eines DJs ist. Troxler spielt sich erst einmal zwei Stunden mit Platten warm, die wohl in die Kategorie “Lieblingsplatten, die man aber selten in Clubs spielen kann” zählen dürfte. Von Black Devil Disco Club über Lana Del Ray und alte Hip House Platten steigert er langsam das Tempo, um dann ein ziemlich abwechslungsreiches House-Set hinzulegen, bei dem er immer wieder phasenweise andere Akzente setzt, sei es Acid, Oldschool Vocal House, trancigere Nummern, auch das ein oder andere guilty pleasure wie Sonos “Keep Control” ist zu hören. Nach sechs Stunden kommt noch einmal ein Disco-Block, der von Skatt Bros’ “Walk The Line” eingeläutet wird und das Ende mit Mitt-90er US House angekündigt – und mit The Streets “Weak Become Heroes” und einer alten Soulnummer versöhnlich endet. Super DJ, super Mix. (Thilo Schneider)

1. Yaeji – Boiler Room New York


“Fucking… fucking DJ, producer, vocalist, visual artist, fashion designer…” – wenn das mal kein Intro ist. Tatsächlich hat sich Yaeji, bekannt vor allem durch ihre Vocal-Features auf diversen Mall Grab-Stücken, in kürzester Zeit als Allrounderin bewiesen. Dass der Boiler Room ihr in New York sogar eine eigene Party schmiss, verwundert da schon kaum noch mehr. Dass sie daraus ihr ganz eigenes Ding gemacht hat, umso weniger.

Anfangs noch von Yaejis unnachahmlichen, an Galcher Lustwerk erinnernden Sing-Rap-meets-Deep-House-Sound getragen, entwickelt sich ihr Set in ein entspanntes Up and Down zwischen veritablen House-Bangern und deepen Cuts. Zwischen Tracks von Khotin, Reckonwrong, The Bug, Four Tet und sogar Claro Intelectos unsterblichem “Peace Of Mind” gibt es allerhand eigene Produktionen der vielseitigen Künstlerin zu hören. Stilistisch glatt oder immer on point gemixt ist das nicht immer und soll es auch gar nicht sein: Hier geht es um den Track an sich, das Überraschungsmoment, kurzum – die Party an sich. (Kristoffer Cornils)

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