Vor einigen Jahren wurde das Gelände, auf dem die Distillery steht, verkauft. Könnt ihr weiterhin in der jetzigen Location bleiben?
Das Gelände hat 2013 die Stadtbau AG gekauft, ein Investor aus Leipzig. Wir warten seitdem aber darauf, dass ein Bebauungsplan erstellt und beschlossen wird. Tendenziell wäre es die Stadtbau AG lieber, wenn wir umziehen würden. Vor unserem Club wurde vor einigen Jahren eine neue Straße gebaut – mit einer Einfahrt, die eine Straße durch die Distillery andeutet. Die Stadbau AG meint, dass es für die Erschließung des Geländes unabdinglich ist, dass dies so bleibt. Es gibt aber keine konkreten Vorschläge, wie ein Ersatz aussehen könnte. Das ist sehr unklar und unbefriedigend.
Wie geht ihr mit der Unsicherheit um?
Wenn man nicht weiß, ob man wirklich noch fünf Jahre planen kann, ist das blöd. Ich habe zwar ein Grundvertrauen in die Welt, dass es immer irgendwie funktioniert – und das hat es auch immer – aber man möchte so eine Institution gern auch weiterentwickeln. Das ist im Moment nicht möglich. Völlig unabhängig davon, wie es hier weitergeht, überlege ich, den Plan B weiterzuentwickeln und zu sagen: Ok, dann ziehen wir eben aus, auch wenn das Gebäude noch steht. Mittlerweile suchen wir intensiv nach einer neuen Location. Um das Projekt Distillery am jetzigen Ort weiterzuentwickeln, müsste man massive Baumaßnahmen vornehmen. Hier ist aktuell jeder Kubikzentimeter ausgenutzt. Ich hätte schon Lust, ein paar mehr Dinge zu machen als nur einen Club. Aber das ist hier nicht möglich.
Ursprünglich habt ihr als Crew angefangen, dann seid ihr auseinandergegangen. Wie war es für dich, allein weiterzumachen?
Das ging schrittweise. In der alten Distillery waren wir zu neunt, nach dem Umzug zu viert. Im Jahr 2000 gab es ein Krisentreffen, weil der Laden nicht mehr so lief und die anderen drei meinten, dass sie in eine andere Richtung gehen wollen. Da war erstmal total baff. Ich habe es am Anfang auch unterschätzt. Dummerweise wollte ich parallel ein Restaurant aufmachen – das ist aber völlig in die Hose gegangen. Ich musste mich erst reinfuchsen, um das allein zu machen. Drei bis vier Jahre habe ich schon gebraucht, bis sich wieder alles eingegroovt hat. Was schade war: Allein hatte kein Korrektiv mehr, also niemanden, der auf meiner Ebene steht und mir kontra gibt und sagt, dass ich gerade Mist mache. Als Team arbeiten wir jetzt zwar sehr freundschaftlich und sagen uns auch, wenn etwas blöd ist, aber irgendwie ist es noch etwas anderes, jemanden auf gleicher Augenhöhe neben sich zu haben.
Distillery und Tresor sind die beiden ältesten noch aktiven Clubs in Deutschlands – gibt es eine besondere Verbindung zwischen euch?
Eigenartigerweise weniger. Über die Bookingschiene kennt man sich. Ich kenne Dimitri Hegemann, und wenn wir uns treffen – und erkennen – quatschen wir miteinander. Ein alter Leipziger DJ hat eine Zeitlang dort gearbeitet, da hatten wir einen guten Draht zum Tresor, aber sonst haben wir weniger miteinander zu tun.