Foto: George Nebieridze (DJ Stingray). Zuerst erschienen in Groove 167 (Juli/August 2017).

Seit über 20 Jahren schreibt Sherard Ingram mit an der Geschichte von Techno. Ende der Achtziger begann er, in Detroit aufzulegen und Musik zu produzieren. Einen Namen machte er sich erst als Urban Tribe, später dann unter dem Pseudonym DJ Stingray. Einer Mix-CD für Tresor sollen in diesem Jahr eine EP für die UFO-Serie des niederländischen Labels Dekmantel sowie Alben von Urban Tribe und DJ Stingray folgen. Stillstand ist für Ingram keine Option.

Es ist ein neues Kapitel für DJ Stingray. Im Juli 2016 zog der 50-Jährige, der bis dahin den Großteil seines Lebens in Detroit verbracht hatte, nach Berlin. Der Produzent fand, dass es Zeit für etwas Neues wurde. Neben dem Vorteil, nun einfacher an DJ-Sets in sämtlichen Städten Europas zu kommen, schätzt er das Leben dort. „Dafür dass die Stadt so groß ist, sind die Leute hier ziemlich entspannt“, findet er. „Meistens jedenfalls“, fügt er hinzu und lacht. Wie zur Illustration schiebt sich nach dem Interview auf dem Bürgersteig ein Mensch mit auffordernder Ankündigung und Nachdruck an Ingram vorbei, ohne eine ausweichende Reaktion abzuwarten.

Die Berliner Szene spielt sich ein paar Hundert Meter entfernt vom Tresor ab. Für das Label des Technoclubs nahm Ingram eine Mix-CD auf, mit der er die Energie seiner Sets einfangen möchte. DJ Stingray, der immer mit Sturmhaube hinter das Pult tritt und in Verbundenheit mit seiner Heimatstadt Shirts der Baseballmannschaft Detroit Tigers trägt, verliert beim Auflegen kaum Zeit. Sein Stil zeichnet sich durch schnelle Wechsel der Tracks aus, flüssig ineinander übergleitend oder auch hart mit dem Finger auf der Start/Stopp-Taste der Plattenspieler.

Im Gespräch gibt er sich beinahe beschämt, als er über seinen Kern Vol. 4-Mix für das Berliner Label spricht. „Er ist um die 50 Minuten lang und ich spiele rund 30 Tracks – das ist für mich eigentlich schon langsam. Ich habe mich fast schuldig gefühlt, als ich mal einen Schluck Wasser getrunken habe“, erzählt er lächelnd. „Ich muss beim Auflegen arbeiten. Schnelle Wechsel halten die Energie hoch und das Interesse der Leute wach. Andere spielen Platten vier oder fünf Minuten lang, nehmen dabei einen Drink, rauchen eine Zigarette, machen ihre Steuer oder checken E-Mails“, bemerkt er schmunzelnd und schiebt hinterher: „Ich sage aber nicht, dass mein Stil für alle DJs und alle Situationen passt.“

Sherard Ingram will niemandem etwas aufdrücken. Ihm geht es darum, dass diejenigen, die ihn hören, Freude haben. Seine Sets sind nicht nur schnell gemixt, sondern auch abwechslungsreich. In ihnen spannt er den Technobogen immer wieder zwischen Breakbeats und 4-to-the-floor.

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