Wenn Sessions für Vermont geplant sind, steht auch außerhalb des Studios ein Wohlfühlprogramm an. Man kauft gemeinsam ein und kocht zusammen. Ab und zu geht man in die Sauna. „Wir machen uns halt eine schöne und ruhige Zeit, wir lassen es uns gut gehen“, schwärmt Worgull von der gemeinschaftlichen Harmonie. „Ich kenne auch Studiosessions mit anderen Leuten, da gibt es dann ordentlich Bier und Zeugs. Das ist bei uns beiden eben nicht so. Unsere gemeinsamen Tage verlaufen immer ein wenig ähnlich. Manchmal kommt dabei viel rum, manchmal weniger, was dann auch nicht schlimm ist.“ Plessow stimmt zu: „Wellness ist tatsächlich ein Aspekt, wenn wir uns treffen. Das, was man normalerweise alleine macht, verpacken wir in so einen Mantel aus schöner Musik, Essen, Sauna und Wellness. In diesem state of mind machen wir Musik.“
Der Motor-City-Drum-Ensemble-Macher schämt sich keineswegs für den New-Age-Geist, der die beiden Alben von Vermont so ein bisschen umweht: „Wenn du das historisch betrachtest, hatte jede Ära Musik, auf die man heruntergeschaut hat, weil man sie zum Beispiel nicht für echt hielt. Oft war das politisch ideologisiert oder rassistisch motiviert. In den Achzigern hatte Ambient und New Age ein furchtbar schlechtes Image, das galt als schlechter Esoterik-Kiffer-Sound. Alice Coltrane hat in dieser Zeit zwei New-Age-Kassetten veröffentlicht, die zum Besten und Krassesten gehören, was sie je gemacht hat. Damals interessierte sich keine Sau dafür, jetzt wurden diese beiden extrem gesuchten Alben wiederveröffentlicht.“ Noch bevor das erste Album fertiggestellt war, zog Danilo Plessow von Köln ins niederländische Utrecht. Das zweite Vermont-Album entstand in Amsterdam. Falls es eine dritte LP geben sollte, wird diese auf der Schwäbischen Alb aufgenommen werden. Inzwischen hat Plessow ein geräumiges Studio im Haus seiner Eltern in Schwäbisch Gmünd eingerichtet.
Stream: Vermont – Norderney
Wenn er nicht gerade der Liebe wegen in seiner Lieblingsstadt Paris weilt, möchte er dort die Ruhe des Kleinstadtlebens genießen. Ganz gleich, wo es Plessow gerade hinzieht, Worgull wird ihm wie bisher für die Vermont-Sessions folgen. Auf der Schwäbischen Alb dürften Waldspaziergänge als neuer Wellnessfaktor hinzukommen. „Hätten wir uns damals stattdessen bei mir getroffen, wäre es nie zu diesem Projekt gekommen“, glaubt sein Kölner Partner. „Danilo hat Jupiter-, Juno- und ARP-Odyssey-Synthesizer rumstehen, dann noch einen Fender Rhodes und so weiter. Du hängst ein Effektgerät dran, ein Space Echo zum Beispiel, drückst drauf und schon ist der Sound da.“ Ihre gemeinsamen Stücke entstünden auf eine spielerische und spontane Art und Weise, nachbearbeitet würde nur sehr wenig.
Blick in die Vergangenheit
Als Kompakt im Frühjahr 2014 das erste Vermont-Album veröffentlichte, war das Medienecho überaus positiv. Und natürlich wurde die Platte immer wieder mit Krautrock-Vergleichen bedacht und in einen Kölner Gesamtzusammenhang eingeordnet. Da das Projekt in der Domstadt seinen Anfang nahm, war das Erbe von Can nur einen Steinwurf weit. Dass es ohne den Blick in die Vergangenheit Vermont in dieser Form gar nicht geben würde, gibt Plessow freimütig zu. Harmonia und Neu! seien als Einflüsse überhaupt nicht zu leugnen. Speziell die ambienthaften Synthesizersounds von Harmonia haben es den beiden angetan. Auch wenn die meisten Vermont-Stücke ganz ohne Beats auskommen, schimmert immer wieder der Umstand durch, dass hier zwei DJs am Werk waren. Hört man sich einen Track wie „Majestät“ an, so findet man es nur halb erstaunlich, dass dieses Stück in der Mitte eines DJ-Sets von Derrick May gut funktionierte.