Wie es sich in der ravenden Gesellschaft gehört, fängt auch bei uns in der Redaktion die Woche hin und wieder erst am Dienstag an. So der Fall in der Kalenderwoche 11, die musikalisch ungleich flinker aus den Pantoffeln kommt als wir: Jamie Lidell und Matthew Herbert können wir in unseren Office Charts nicht genug loben, das skurrile Telephones-Remix-Bündel mit Call Super und DJ Fett Burger hat es uns ebenso angetan und mit Lake People, Marvin & Guy sowie nicht zuletzt ROD mit der wohl besten EP seiner Karriere werden auch wir endlich wach – wird ja auch Zeit, an diesem Dienstag.

5. Jamie Lidell – When I Come Back Round / Herbert Mix (Accidental Jnr)

Dass der Sänger und fabelhafte Live-Performer Jamie Lidell vor mehr als 15 Jahren einmal zu den charismatischsten Stimmen des Dance-Undergrounds zählte, dürfte jungen Menschen heute kaum noch bewusst sein. Damals veröffentlichte er gemeinsam mit Cristian Vogel unter dem Namen Super_Collider. Matthew Herbert hatte eine Live-Radio-Aufnahme Lidells zu einem immer noch Vocal-starken House-Track umgebaut, die er nun auf seinem Label Accidental Jnr veröffentlicht. Wie gut Lidells Stimme auch heutzutage noch trägt, merkt man dann an der Instrumental-Techno-Nummer „Megaphone“, der im Vergleich dazu leider jegliche Magie fehlt.

4. Telephones – Vibe Remixes (Running Back)

Running Back schiebt zwei Remixes von dem letztjährig veröffentlichten Telephones-Album Vibe Telemetry nach – und was für welche! Der Brite Call Super schließt in seinem Remix von „DTMF“ perfekt an den schwerelosen Baleraric Sound an, den der Norweger Henning Severud ja bereits im Original (oder in seinen Produktionen für José Padilla) so scheinbare mühelos aus dem Ärmel schüttelte – neun Minuten Sueño Latino-Sundowner-Gedenk Sound vom Feinsten. Der zweite Remix kommt von DJ Fett Burger, der sich auf gut 15 Minuten Spielzeit mit unzähligen Breaks und gut gelaunten Bassline-Einschüben als überaus vergnüglich erweist.

3. Lake People – Break The Pattern (Uncanny Valley)

Der Leipziger Lake People wird ein Jahr nach seiner letzten Veröffentlichung seinem Stammlabel Permanent Vacation untreu und bringt seine neue EP Break The Pattern auf Uncanny Valley heraus – passt ja vom Standort her, und auch stilistisch dürfte das niemanden die Stirn runzeln lassen. Drei der vier Tracks sind deepe Electro-Tracks mit Lake People-typischen, sehnsuchtsvollen und ultra eleganten Melodien. Mit „Chords In Chorus“ gibt es außerdem einen sehr schönen Oldschool House-Track mit eingängiger Orgel und dezentem Acid-Einschlag. Super EP!

2. Marvin & Guy – Fire! Fire! (Permanent Vacation)

Die zwei Italiener Marvin & Guy haben bereits auf Labels wie Hivern Discs und Correspondant ihren sehr gut produzierten Nu-Disco Sound veröffentlicht. Auch die vier Tracks auf Fire! Fire! für Permanent Vacation enttäuschen nicht. „Despierta (Tus Sentidos)“ zum Beispiel lässt sich mit den entrückten Vocals von Zombies in Miami auf einen coolen Clashsound ein, dessen Darkwave-Gestus nie poserhaft klingt. Toll auch der Track „Theme From Fire! Fire!“ mit seinen Italo Disco-Referenzen.

1. ROD – Hor (Klockworks)

Mit ROD hatte sich der niederländische DJ und Produzent Benny Rodrigues vor sechs Jahren ein Alias für seine puristischeren Techno-Nummern gegeben und auf Drumcode. CLR, Figure und Klockworks veröffentlicht. Seine neue EP für Ben Klocks Label zählt zu den besten seiner Karriere. „Hor“ ist ein aus dem Vollen schöpfender Rave-Track mit einem fest zupackenden Synth-Thema, das wahlweise Erinnerungen an EBM aufruft oder auch Electroclash-Zeiten hochleben lässt und dabei erstaunlicherweise so naiv und enthusiastisch klingt wie es eben nur möglich ist. Zur richtigen Zeit gespielt, dürfte das das Rave-Potential jedes größeren Floors unter Beweis stellen. Neben den zwei deepen Technotools „Pull“ und „Dubix“ spielt „Nitecollage“ ebenfalls mit dem Retro-Sequencer, nicht ganz so hittig wie „Hor“, aber ebenfalls gelungen.

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