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Electric Indigo

Zeitgeschichten

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Gerade aufgrund deiner zahlreichen Projekte, die Musik und Kunst zusammenbringen, habe ich den Eindruck, dass diese sozialen und kreativen Komponenten von Zusammenarbeiten sehr gut zu dir passen. Oder arbeitest du lieber alleine?
Viel Spannendes ist zusammen mit anderen entstanden, das stimmt. Aber ich habe auch immer wieder das Gefühl, dass ich zumeist doch eher alleine meine eigenen Fertigkeiten weiterentwickeln und ausbauen kann. Ich habe zwar immer irrsinnig viel gelernt, aber das birgt auch die Gefahr, sich zu verzetteln und etwas nicht tief genug verfolgen zu können. Mir war es dann auch wieder wichtig, zum Kern vorzukommen, was ich zum Ausdruck bringen will. Das ist ja nicht immer so klar (lacht). Ich habe immer wieder das Gefühl, auf einem guten Weg zu sein. Aber gerade im Moment ist ein heikler Punkt, weil ich mich etwas zerstreut fühle. Ich brauche mehr Konzentration, um kreativ arbeiten zu können.

Electric Indigo und DJ Rock im Tresor Garden (1994)

Woher kommt die Zerstreuung?
Vom Ende des vergangenen Jahres. Seit Donald Trump und der österreichischen Präsidentschaftswahl und dem Warehouse-Brand in Oakland, dann kam mein Geburtstag, danach war Weihnachten – so war ich anderthalb Monate total zerstreut, in denen ich theoretisch Zeit gehabt hätte, um an neuer Musik zu arbeiten.

Einige dieser Geschehnisse sind auch gute Beispiele dafür, dass dir bei der Musik nicht nur die soziale, sondern auch die politische Dimension wichtig ist. Ein weiteres Beispiel war die Compilation Music, Awareness & Solidarity w/ Rojava Revolution, mit der du und dein Netzwerk female:pressure 2016 die Aufmerksamkeit auf einige Aktivistinnen im Syrienkonflikt gerichtet habt. Wie kam es zu diesem Projekt?
Das war eine Initiative von der Antye Greie, die bei female:pressure immer wieder neue Sachen gezündet hat und politisch sehr engagiert ist. Sie war total begeistert, als sie von den basisdemokratischen Bestrebungen in den Siedlungsgebieten von Rojava erfahren hat. Der Hintergrund ist, dass drei nordsyrische Regionen dieses Gebiet Rojava bilden, wo vor allem syrische Kurden leben. Deren Ziel ist es, eine Nichtregierungsorganisationsform für ihre Region zu bilden, die auf basisdemokratischen Prinzipien beruht. Explizit mit einer Gleichberechtigung der Frauen, was ja für diese arabische Region unerhört ist. In den Medien sind sie durch ihre Frauen-Bataillone bekannt geworden. Jedenfalls gibt es viele bewundernswerte Aktivistinnen und Aktivisten, die wir unterstützen wollten, und da haben wir haben diese Compilation gemacht, bei der alle Einnahmen direkt an das „Rojava’s village for women“-Projekt gegangen sind. Ich würde sagen, das war das politischste Projekt, das female:pressure je gemacht hat.


Stream: Music, Awareness & Solidarity w/ Rojava Revolution

Dabei könnte man fast meinen, dass female:pressure bereits seit der Gründung im Jahr 1998 politisch war.
Der Grund, warum ich female:pressure gegründet habe, war, dass ich immer wieder, meistens von Männern, darauf angesprochen wurde, dass sie außer mir kaum andere Frauen kennen würden, die DJs sind. Da kam dann zwar der eine oder andere populäre Name, je nachdem zu welcher Zeit. Also früher Miss Djax oder Marusha, später dann Ellen Allien und heute vielleicht Nina Kraviz oder Helena Hauff. Doch diese Fragen haben mich dann auf Dauer genervt, gerade weil man beim Smalltalk im Club auch nicht wirklich den Rahmen hat, um so ein Gespräch zu führen. Ich wollte einfach auf etwas verweisen können. Mitte derNeunziger hatte sich auch schon gezeigt, dass das Internet eines der wichtigsten Medien sein wird. Und weil ich sowieso gerne Listen schreibe, habe ich einfach mal angefangen, alle DJ-Kolleginnen aufzuschreiben, die ich kannte. Damals hatte kaum jemand eine Mailadresse, das war eher eine Sammlung an Telefon- und Faxnummern.

Stimmt es eigentlich, dass der Name female:pressure von einem Mann stammt?
Ja, die Namensgeber-Party. Das war eine Feier von Rudi Wrany [alias DJ Crazy Sonic, Partyveranstalter aus Wien; Anm. d. Red.]. Mit dem habe ich damals wirklich viel zusammengearbeitet. Irgendwann 1997 muss das gewesen sein, mit Acid Maria und Eva Cazal. Der hat sich gedacht, er macht mal was ganz Originelles und bucht nur Mädels und nennt die Party „female:pressure“ (lacht).

Hattet ihr das vor der Party gewusst?
Weiß ich nicht mehr. Jedenfalls haben wir es alle gesehen und ganz fürchterlich gefunden (lacht). So: Irre, da rollt es einem ja die Zehennägel auf (lacht). Wie es dann zu diesem 180-Grad-Schwenk kam, dass wir genau den Namen genommen haben, weiß ich auch nicht mehr. Aber es schien uns allen irgendwie total passend und hat sich ja durchaus bewährt.

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