Wenn Stamper von den dunklen Tagen ihrer Jugend erzählt, spannt sie sich merklich an. Erinnert sie sich aber an die schönen Abschnitte, wird ihre Stimme sanfter, ganz so, als würde sich ihr Lächeln hörbar machen wollen. Ihre Schwärmerei davon, als Teenager selbstgedubbte Mixtapes aus dem Kofferraum eines Autos vertickt zu haben, ist zwar nostalgisch, ihre Passion aber beständig: Wenige Stunden zuvor hat sie ihre eigenen Platten aus der Booth der Panorama Bar heraus ans Publikum verkauft. Sie erzählt von Raves in Pferdeparks und Partys in Scheunen, deren zwei Floors – einer für „slammenden Acid Techno auf 150 BPM, der andere für House“ – provisorisch durch Heuschober voneinander getrennt wurden. Während sie sich also kaum verändert hat, tat es die Szene des US-amerikanischen Mittwestens umso mehr.
Finden in den USA überhaupt noch Raves auf Feldern statt?
Mein letzter amerikanischer Rave war furchtbar. Ich habe dort House Music aufgelegt. Für zwanzig Jahre war diese Musik eine essenzielle Facette eines jeden Raves, doch dort waren die Leute davon angewidert. Sie standen rum und starrten mich an, als würde ich etwas Anomales tun. Es war eine Zombie-Version von dem, an was ich mich erinnere. Ich legte mein damaliges Pseudonym ab und bin nie wieder zu einer solchen Party gegangen. Ich sagte mir, dass ich lieber alleine in meinem Zimmer rumsitze, anstatt etwas zu bewegen. Das ist das Beste, was mir jemals passiert ist. So fing das mit The Black Madonna an.
Bevor sie als The Black Madonna in Erscheinung trat, hatte Stamper unter anderem solo als Lady Foursquare sowie als Teil der Duos The Klientele und Noise/Floor Crew Musik veröffentlicht. Heute nennt sie ihre alten Projekte nicht mal beim Namen, wenn sie sie beiläufig erwähnt. Stamper, die gerne von der Vergangenheit spricht, lässt nur gelten, was ist. Oder was kommen wird. Oder könnte.
Du hast bereits vor geraumer Zeit ein Debütalbum angekündigt.
Das ist sehr theoretisch. Letztes Jahr bot mir ein größeres Label an, ein Album bei ihnen zu veröffentlichen, aber ich war noch nicht so weit. Es gibt Stücke und Ideen, die sich vielleicht in ein größeres Ganzes zusammenflechten lassen, aber ich will es richtig machen. Ich war noch nie jemand, der alles überstürzt hat. Ich bringe nur dann etwas raus, wenn ich fest davon überzeugt bin.
Was wäre dazu denn nötig?
Wenn du ein Album machen willst, brauchst du eine Idee anstatt nur eines Sounds. Es gibt so viele Alben, die sich nach einer Sammlung von Tracks anfühlen. Diese können gut miteinander funktionieren und stilistische Schnittstellen haben, eine Message fehlt jedoch. Dabei gibt es wirklich großartige Dance-Alben. Nimm Daft Punks Homework. So groß und mainstreamig sie auch geworden sind, dieses Album ist wirklich in sich geschlossen! Es gibt einen Fahrplan, mit dem sie verschiedensten Facetten der US-amerikanischen Dance Music erkunden und ihre Interpretationen davon ebenso wie ihre Dankbarkeit dafür ausdrücken. Solange ich nicht genau weiß, was ich sagen möchte, sollte ich kein Album machen. Was, das finde ich gerade noch heraus. Auf den EPs funktioniert das bereits, darauf erzähle ich Mikrostorys.
Stream: The Black Madonna – He Is The Voice I Hear
Mit diesen Mikrostorys zollt Stamper ihren Vorbildern Tribut. Mit ihr sei es wie mit Daft Punk, die im Song „Teachers“ von Homework ihre Stifterfiguren aufzählen. „Das, was ich mache, ist immer die Imitation von denen, die ich offen und schamlos verehre. Wenn ich versuche, nach Metro Area zu klingen, geht es in die Hose und ich klinge wie ich“, erklärt sie mit einem Lachen. Der schmale Backkatalog von The Black Madonna weist eine Bandbreite von Einflüssen auf, dominiert wird er vom klassischen House-Sound Chicagos und orchestralem Disco.