Foto: Joie Lacono (Ena Lind)

Hinter den Decks zu stehen ist eins, noch weiter dahinter die Fäden zu ziehen ein anderes. Ena Lind tut beides. Seit gut einem Jahrzehnt mischt sie nicht nur als DJ im Berliner Clubgeschehen und darüber hinaus. Als Mitbegründerin von MINT hat sie darüber hinaus noch als Veranstalterin von Klubnächten, Panels und Workshop nicht allein in der Bundeshauptstadt einiges zu tun. Dass da noch Zeit zum Produzieren bleibt, überrascht – und dennoch erscheint heute die Debüt-EP The Wisdom To Know The Difference Linds auf Twirl!. Gefeiert wird das heute Abend noch standesgemäß im Rahmen einer MINT-Party im Berliner ://about:blank, bei welcher unter anderem auch Dana Ruh hinter den Decks stehen wird. Zur Einstimmung kommt Linds schlenkender House-Mix für unseren Groove-Podcast doch gerade recht.

 


 

Du bist in unterschiedlichen Bereichen der Clubkultur aktiv. Was machst du eigentlich genau und wie fing das mit dem DJing bei dir an?
Ich habe vor etwa zehn Jahren angefangen aufzulegen. Ich habe damals eher live Musik gespielt, Schlagzeug vor allem. Wegen einer Verletzung musste ich das ganze dann aufgeben und hab mich somit den Platten zugewandt. Schon davor habe ich verschiedene Events organisiert, damals hatte ich eine Reihe, die hieß Bend Over. Unter dem Namen sind verschiedene Sachen entstanden. Ich habe mich immer wenig fürs Gradlinige oder Naheliegende interessiert; mit jedem Projekt wollte ich mir die Freiheit offen halten, was ich damit anzustellen will. Ob das nun eine Ausstellung, ein Magazin, ein Label oder eine Klubnacht ist. Mir war schon immer das ganze Konzept wichtig, inklusive Artwork oder das Licht bei einer Veranstaltung. Für mich sollte alles eine Handschrift haben.

Vor Kurzem hast du deine erste EP veröffentlicht, The Wisdom To Know The Difference. Benannt ist sie nach einem Ausspruch des US-amerikanischen Theologens und Politikwissenschaftlers Reinhold Niebuhr. Was genau hat dieses Motto mit deiner Musik zu tun?
Momentan beschäftige ich mich viel mit dem Thema Alter und der damit zusammenhängenden “Weisheit”. Als ich das “Gelassenheitsgebet” das erste mal gehört habe, hat mich die Klarheit der Worte sofort fasziniert und sie schwirrten jahrelang in meinem Kopf herum. Im Zusammenhang mit der Arbeit an meiner EP hat das einfach für mich Sinn gemacht. Für mich reflektiert die Musik, die man macht, sehr das was einen im Leben beschäftigt. Das ist für andere natürlich nicht hörbar, aber für einen selbst ist das sehr klar.

Viele kennen dich auch als Mitbegründerin von MINT. Was hat euch zur Gründung des Netzwerkes bewogen und welche Aktivitäten verfolgt ihr neben euren monatlichen Partys eigentlich noch?
Es ging einfach darum, einen Ort zu schaffen, an dem sich Frauen, die im Bereich elektronische Musik arbeiten, austauschen, fortbilden und networken können, weil wir empfanden, dass es davon nicht genug gibt. Wir veranstalten dazu neben den Klubnächten auch Panels, Workshops, Netzwerkdinner, alles in verschiedenen Formaten. Nächstes Jahr wollen wir etwas weniger Klubnächte in Berlin veranstalten und dafür mehr auf Reisen gehen.

Damit hast du offenkundig bereits angefangen, zuletzt warst du in Uganda. Was genau hast du dort gemacht und mit welchen Erfahrungswerten kamst du zurück?
Ich bin vor zwei Monaten nach Uganda gegangen um dort auf einer Warehouseparty von DJ Rachael, der ersten weiblichen DJ Ostafrikas aufzulegen, aber auch um einen Workshop für Frauen zum Thema DJing und Musikproduktion zu leiten. Ich finde es grundsätzlich unglaublich bereichernd, ausserhalb dieser Blase Berlin nicht nur aufzulegen, sondern auch mehr mit anderen Musikern zusammenzuarbeiten und wieder etwas auf den Boden zurückgeholt zu werden. Man kann schon ziemlich arrogant und blind werden, wenn man ausschließlich in Berlin auflegt.

Außerdem wirst du im November bei Ableton Loop dabei sein. Welchen Fokus legt eure MINT-Veranstaltung im Rahmen des Festivals?
Wir werden dort ein Breakfast-Panel zum Thema ‘Kollaborationen’ hosten. Unter anderem werden KuČka und Lady Blacktronika auf dem Panel sitzen.

Hattest du eine bestimmte Idee für deinen Beitrag zum Groove-Podcast im Kopf?
Meine DJ-Sets sind selten gradlinig. Ich liebe Herausforderungen – die Herausforderung, das alles trotzdem Sinn haben zu lassen, aber auch die technische Herausforderung für mich selbst. Ich mixe gerne Tracks, die nicht alle mit der gleichen Drummachine produziert wurden, oder bei denen es nicht naheliegt, dass sie zusammenpassen. Das wollte ich in dem Groove-Podcast zum Ausdruck bringen. Das hält sich dabei immer noch in Grenzen. Ich finde es schwer, kein Feedback vom Publikum zu haben. Sich zuhause die Tracks und deren Reihenfolge zurechtzulegen, ist nicht meine übliche Herangehensweise. Ich liebe die Spontaneität bei einem Gig.

Last but not least: Wo können wir dich das nächste Mal hinter den Decks erleben?
Heute Abend feiern wir meine EP-Release auf der MINT Klubnacht im ://about blank. Am Samstag bin ich dann in Stockholm, im Underbron. Mehr Berliner Gigs kann man auf meiner Seite einsehen.

 


Stream: Ena LindGroove Podcast 76

01. Ena Lind – Sadie
02. Lady Blacktronika – Mummy Bells (Mike Starr Remix)
03. Virginia – Raverd (Dub Mix)
04. Genius Of Time – Tom Jam
05. Tom Terry – Funky Brass
06. Compassion Crew – V.H.S.S.
07. Mr G – Mangos in Season
08. Purveyors Of Fine Funk – May I Interject
09. Black Riot – A Day In The Life
10. Perel – Cantuccini
11. Soundstudio – Track 440
12. Santuri – Jinja Pearls (Sam Jones Construct)

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Kristoffer Cornils war zwischen Herbst 2015 und Ende 2018 Online-Redakteur der GROOVE. Er betreut den wöchentlichen GROOVE Podcast sowie den monatlichen GROOVE Resident Podcast und schreibt die Kolumne konkrit.