Foto: Tonje Thilesen (Nene Hatun)
In unserer umfassenden Liste mit empfehlenswerten Radio-Sendungen mit und rund um elektronische Musik durfte natürlich auch nicht eines der zahlreichen Programme des Berlin Community Radios fehlen. Die Wahl für nur ein Format fiel dabei schwer: breit und abwechslungsreich ist das Angebot des Webradios, sympathisch und geschmackssicher die Hosts der Personality-Shows. Aber auch in anderer Hinsicht zeichnet sich das von Sarah Miles und Anastazja Moser gestartete Projekt aus. Im April wurde das Förderprojekt Incubator ausgeschrieben, welches jungen Berlinern Talenten neue Möglichkeiten der Musikproduktion zusichern sollte. Professionelle Beratung, Studiozugang, Live-Auftritt und eine eigene, einmonatige Show beim Berlin Community Radio inklusive. Mit Nene Hatun hat sich nun die erste Teilnehmerin vorgestellt und erste Musik auf Name-Your-Price-Basis über den Bandcamp-Account des Berlin Community Radios veröffentlicht.
Eine kurze Google-Suche nach Nene Hatun fördert vor allem Ergebnisse zu einer anderen Person gleichen Namens zutage: Die historische Person Nene Hatun ist eine türkische Widerstandskämpferin aus dem 19. Jahrhundert. “Sie war so etwas wie eine Feministin ihrer Zeit”, erklärt die ebenfalls aus der Türkei stammende Produzentin Beste Aydin die Wahl ihres Pseudonyms, unter welchem sie seit zwei Jahren aktiv ist. Die Pianistin konzentrierte sich lange auf ihre Klavierkarriere, wandte sich aber schon bald der elektronischen Musik zu. Die auf Mixcloud abrufbaren Shows ihrer einmonatigen Radio-Residency bei Berlin Community vermitteln bereits einen guten Eindruck in die Interessen Nene Hatuns, welche nicht ohne Grund bereits Andy Stott supportete: Ihr Entwurf von Clubmusik nimmt sich, ähnlich wie der des Briten, Techno als Ausgangspunkt, reichert ihn mit vielen dubbigen und dezent psychedelischen Momenten an, die nicht immer auf einen rein westlichen Ursprungs verweisen und doch die Brücke zu Pop-Strukturen schlagen. Von “Psychedelic Anatolian Techno-Pop” spricht sie selbst, eine passende Umschreibung des Tracks “Kûn”, welcher nun nach einer von rRoxymore protegierten Studiozeit während des Incubator-Projekts entstand. Flankiert wird er von einem Remix Anikas, welche die Stimme Aydins stärker in den Vordergrund stellt und den brodelnden Quasi-Acid des Originals zu einem unbequemen Hintergrundrauschen macht.
Stream: Nene Hatun – Kûn