Achtet ihr darauf, dass ihr regelmäßig zusammen auf Partys spielt?

Dixon: Man achtet da schon ein bisschen darauf. Mindestens einmal im Monat machen wir irgendwo eine Sause zusammen.

Kristian: Man muss eher aufpassen, dass es nicht zu viel ist.

Dixon: Ich frage mich auch manchmal, warum manche Clubs gleich Dixon und Âme zusammen buchen müssen. Wir haben schließlich zu 95 Prozent dieselben Fans, warum wollen die immer gleich beide haben, warum reicht denen nicht einer von uns? Das würde sie ja schließlich auch wesentlich weniger kosten.

Ist es in eurer Wahrnehmung nicht so, dass ihr kaum mehr schlechte DJ-Sets habt, gerade weil ihr ja fast ausschließlich für Headline-Spots gebucht werdet? Die Leute gehen auf die Partys, um mit euch zu feiern. Geht man dann nicht aus jedem DJ-Set raus und sagt: Das war eine super Nacht?

Kristian: Da sind wir, denke, ich viel zu kritisch, um so etwas zu sagen.

Dixon: Ja, aber prinzipiell stimmt das schon. Wenn ich auf 2013 zurückblicke, dann war ich doch eher überrascht, wenn ein Abend schlecht war. Wenn also nicht unbedingt ich, sondern wirklich der Abend als ganzes schlecht war. Mit sich selbst unzufrieden zu sein, das kommt immer noch regelmäßig vor. Wir haben uns das schon erarbeitet, dass es uns jetzt leichter fällt, einen Primetime-Slot zu bespielen als vielleicht noch vor zwei Jahren. Damals hat man natürlich sein Ding gemacht, aber man hat gekämpft. Jetzt mache ich mein Ding und habe das Gefühl, dass ich die Freiheit habe, zu tun, was ich will.

Gibt es bei euch Moment, an denen ihr denkt, wie absurd dieses Leben von Party zu Party auch mitunter ist?

Dixon: Ich war letztens beim Geburtstag meiner Frau nicht da. Genau da hatte ich das Gefühl, dass es absurd ist, was ich hier eigentlich für ein Leben führe und warum ich das überhaupt tue.

Gerd: Manchmal, wenn ich auflege, frage ich mich, wie lange es wohl noch dauert bis der Schwindel auffliegt. Weil ja im Prinzip auch jeder andere Platten auflegen kann, der das Interesse dafür mitbringt.

Dixon: Das Komische ist: Alle DJs, die nicht gut auflegen, denken, dass das eben nicht jeder machen kann. Wohingegen alle guten DJs denken, dass es jeder machen könnte, weil sie es irgendwie im Blut haben und denken: „Es ist doch eigentlich so einfach!“ So ist es. Es ist für dich extrem einfach, deswegen denkst du, es könnte jeder machen. Es ist eben ein Handwerk.

Kristian: Wenn Frank und ich zurück auf Karlsruhe, unsere Hood, schauen, dann erdet es uns. Da hatte niemand irgendwas damit zu tun. Ich dachte immer, wenn man nach Berlin zieht, dann lebt man nur noch in dieser Techno-Bubble und kommt gar nicht mehr runter. Unser Privatleben hilft uns da auf jeden Fall immer, auf dem Boden zu bleiben. Steffens Sohn und meiner Tochter ist es scheißegal, wie viel Geld wir am Wochenende in irgendwelchen Clubs verdienen. Wenn ich zum Beispiel meine Tochter in den Kindergarten bringe und mich mit der Mutter ihrer Freundin unterhalte, ist so etwas ja überhaupt kein Thema. In solchen Situationen wird es einem dann aber auch bewusst, wie krass das eigentlich ist, was wir hier seit Jahren durchziehen.

Dixon: Ich habe aber auch mindestens zwölf Jahre gebraucht, um zu begreifen, wie privilegiert ich eigentlich bin. Ich habe meinen Eltern zwölf Jahre lang am Ende jeden Monats vorgelogen, wie gut es mir doch finanziell geht. Ich hab auch ganz schön geblutet dafür. Ich weiß schon noch, dass ich einige Male Pfandflaschen in der Wohnung zusammengesammelt habe, um irgendwie über die Woche zu kommen. Das hat eben Mitte der Neunziger dazugehört.

Ihr habt als DJs fast alles erreicht. Wo liegt für euch noch die Motivation?

Dixon: Immer wieder dieses Gefühl zu haben. So toll die Gigs auch sind, diese extreme Befriedigung spürst du nur bei jedem vierten oder fünften Gig. Dass da irgendwelche Sachen zusammenlaufen, die bei mir nicht nur eine wahnsinnige Gänsehaut erzeugen, sondern auch das Adrenalin hochschnellen lassen. Ich hatte jetzt zum Beispiel an Neujahr im Trouw in Amsterdam so einen Abend. Da habe ich ein Fünf-Stunden-Set gespielt und nach zwei Stunden gab es plötzlich so ein Hoch und es war dann zwei Stunden lang einfach unglaublich. Das ist vielleicht der entscheidende Punkt, diese von einem selbst entwickelte Routine, verlassen zu können. Das ist es, was einen antreibt.

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