Vielleicht macht sich Ron Morelli ja einfach nur über uns lustig. Ist man bei den kruden Sounds vom Debüt des L.I.E.S.-Chefs nicht eingeschlafen, entpuppt sich diese Interpretation als keineswegs so abwegig. Spit ist im wahrsten Sinne des Wortes hingerotzt. Finetuning, Post-Produktion, Mastering? Überbewertet. Wird ja heute gerne als Realness-Pathos verkauft, was seine acht, nennen wir sie der Einfachheit halber am Besten Schnellschüsse oder Fragmente oder Entwürfe nicht unbedingt besser macht. Nehmen wir „Modern Paranoia“: Trantütiger Beginn, mit von sich selbst gelangweilter Hi-Hat-Fläche und stark verkümmerter House-Kontur. Der Bass vollführt ein grummelndes tête-à-tête, sodass die Assoziation Bandwurm nicht mehr aus meinem Kopf will. Ein bisschen Delay auf die Claps. Fertig. Oder unfertig, je nachdem. Der Rest? Siedelt sich irgendwo zwischen den Amateur-Experimenten eines Puristen, hoch-fragmentiertem Industrial-House und spontaner weirdness an. Neben dem angesprochenen Scherz treten natürlich auch die Deutungsmöglichkeiten, (wenn auch die wenig innovative) künstlerische Vision sowie wohlfeiler Spiegel von Hype-Hysterien der Industrie hinzu. Irgendwo zwischen diesen Optionen und dem Postulat, Spit sei ein Album über Stress, Monotonie und Druck, changiert dieser vertonte Burnout. Aber vielleicht irre ich mich auch komplett. Spit ist immerhin der erste Teil einer Triologie auf Hospital Records. Vielleicht ist das auch eines der besten und überraschendsten Alben des Jahres. Ein Spalter ist es hingegen ohne Zweifel.
Stream: Ron Morelli – Spit (Album Preview)