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TAPE CRACKERS Ein doppelter Fall von toten Medien

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Was ein historischer Dokufilm normalerweise braucht, sind rare Bilddokumente und eine Menge talking heads, sprechende Zeitzeugen, Experten und Angehörige. Rollo Jacksons Film T a p e  C r a c k e r s verzichtet auf all das und beschränkt sich allein auf einen Kronzeugen, den Enthusiasten Michael Finch. Und der präsentiert die „Spitze des Eisbergs“ seiner riesigen Sammlung von Audiokassetten, auf denen er seit 1995 die Kultur von Londoner Piraten-Radiostationen dokumentiert – in Zeiten von Youtube und iPod ein doppelter Fall von toten Medien.

Mit wachsendem Elan entfaltet Finch im Laufe des Films die Geschichten von Dream FM, Pressure FM, Rude FM, Rinse FM und Kool FM. Bei allem, was geschrieben steht über diese Periode des „Hardcore Continuum“, orientiert sich das Narrativ vor allem an Vinyl-Veröffentlichungen. Wer aber sonst erinnert sich heute noch an MC Terrorist oder die ersten Meriten, die Evil B, Ragga Twin Flinty Badman, Moose oder DJ SL auf legendären Sessions verdient haben? Im Film wechselt Finch seine Tapes, preist längst vergessene MCs und DJs, lässt Namen und Anekdoten fallen, nippt am Bier und rülpst behaglich, wenn die „Screwface“-Bassline einsetzt. Das macht Spaß. Leider fällt dem Regisseur Rollo Jackson im zweiten Teil die Dramatik in den Keller. Beim Betrachten der alten „Tape-Packs“ – Mitschnitte legendärer Raves – und der bedruckten Hosen, die man als Raver damals so trug, kommen dem Regisseur und seinem alten Ravekumpel nur noch wehmütiges Seufzen und Kichern, aber kaum mehr ein erkenntnisträchtiger Satz über die Lippen. Immerhin: ein Treffer und ein Eigentor.


Stream: Kool FM – Moose’s debut, DJ Brockie, 5ive 0 (1993)

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