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Die Platten der Woche mit Active Surplus, Aphex Twin, DJ Koze, Reflex Blue und Ruf Dug

Active Surplus – Mirroring (Telephone Explosion)

Was bisher aus dem Umkreis des kanadischen Duos Active Surplus zu hören war, konnte durchaus zufriedenstellen. Ob Evan Vincent und Tan Sierra (früher Ian Syrett) gemeinsame Sache machten oder Vincent mit seinem Projekt Emissive allein an den Rändern von House unterwegs war, gab es da stets einen unerwarteten Dreh im Umgang mit den Konventionen der Clubmusik, gern auch mal über diese hinaus.

Auf ihrer jüngsten EP, deren 42 Minuten Spielzeit locker für ein Album reichen, erweitern die beiden ihren Ansatz über sechs Tracks verteilt noch einmal. Man könnte die Sache vereinfacht abgekürzt als IDM-Hommage einsortieren, was als Kategorie sicher stimmt, nutzen sie doch bevorzugt verspielt bleepende Melodien und einen meist aufgelockerten Groove und haushalten recht aufgeräumt mit ihren Tonspuren. Doch das Frische daran kommt so noch überhaupt nicht zum Ausdruck. Es ist der selbstbewusst freie Umgang mit Frequenzen, Breaks und den nie aufdringlichen Harmonien, mit denen sie sich ihre Elemente ganz selbstverständlich aneignen. Und sie lassen den Dingen Zeit, sich zu entwickeln, wie im zwölfminütigen Höhepunkt „Silencer”. Was sich sophisticated präsentiert, fließt dabei mit einer so souveränen Lockerheit dahin, dass es an Rationalisierung grenzen würde, sich dem zu verweigern. Ach, was heißt „grenzen”? Tim Caspar Boehme

Aphex Twin – Blackbox Life Recorder 21f / in a room F760 (Warp Records)

Ein neuer Aphex-Twin-Release ist mittlerweile ja immer ein Grund zum Feiern. Zwischen den Alben Drukqs und Syro lagen satte 13 Jahre, seither bringt der Analord immer mal wieder eine EP heraus. Die letzte Offizielle (zu seinen sporadischen „Konzerten” erscheinende und auch nur dort offiziell erhältliche Veröffentlichungen nicht mitgezählt), die Collapse EP, ist nun aber auch schon wieder fünf Jahre her.

Jetzt also Blackbox Life Recorder, vier relativ kurze Tracks – oder eigentlich drei, ist der Titeltrack doch in zwei Versionen vertreten, einer smooth dancigen und einer etwas ruppigeren –, die sicherlich zum Eingängigsten gehören, was Richard D. James bisher produziert hat. Das soll keine Abwertung sein. Es ist alles da, was den Aphex-Sound ausmacht: rasende Breakbeats, clever verschränkte Melodien, interessante Klänge, sehnende, melancholische Flächen. Und das Ganze ist nicht mal in irgendeiner Weise anstrengend arrangiert. Wird James auf seine mittlerweile ja auch etwas älteren Tage etwa etwas poppig? Egal, denn es ist wirklich alles tippitoppi und macht Höllenspaß beim Zuhören. Es hätte nach fünf Jahren nur ein wenig mehr sein dürfen, aber na ja: Vielleicht kommt ja noch etwas nach. Und ein kleiner Tipp zum Schluss: Vom Titeltrack gibt es auch noch eine dritte, ambiente Version. Auch sehr schön und zu beziehen über die Aphex-Twin-Augmented-Reality-App. Tim Lorenz

DJ Koze – Wespennest EP (Pampa)

Typisch DJ Koze: Den Sommerhit im letzten Drittel der Festivalsaison veröffentlichen, und dann geht’s auch noch um den Frühling. Passt vielleicht ja nicht anders in den Plan: Aktuell steht ja noch die Promophase zum von ihm produzierten Róisín-Murphy-Album Hit Parade an. Überhaupt handelt es sich bei den zwei neuen Tracks ja sowieso um die ersten Vorboten eines neuen Albums im kommenden Jahr, das wohl fiesen Wintertagen wohlige Träumereien von Boot-Raves in der Adriaküste entgegensetzen wird.

Der Titeltrack der EP ist auch als Streaming-kompatibler Edit enthalten, was angesichts seines poppigen, das heißt von Gesang akzentuierten Charakters nur sinnvoll scheint. Sophia Kennedy, meisterliche Synthetikerin von Cool und Pathos, croont verhallte Frühlingspoesie über einen roughen Groove und glitzernde Synthie-Chords. „Candidasa” vollbringt das Kunststück, gleichermaßen den muskulösen Bigroom-Sound von Kompakts Speicher-Serie, Amapiano-Vibes und trancige Zeitgenossenschaft miteinander zu vereinen und über fast zehneinhalb Minuten noch sinnvoll miteinander zu arrangieren.

Es sind eben mal wieder zwei Koze-Classics: zu spät für die Saison und aber in der nächsten noch genauso frisch. Kristoffer Cornils

Reflex Blue – Fantasy Value (Limousine Dream)/ Gotham EP (Craigie Knowes)

Auf seiner EP für Gene On Earths Label Limousine Dream gibt sich Reflex Blue betont zurückgenommen. Die Tracks kreisen meist um einen Groove und plätschern dann mitunter fast etwas zu belanglos in kontemporären Deep-House-Gefilden herum, aufgelockert hier und da von einem poppigen Sample, etwa von Madonna. Tiptop produziert das alles, natürlich. Sehr gute Tools, sicherlich, mehr aber auch nicht.

Etwas anders sieht es da schon auf seiner zeitgleich erscheinenden EP für Craigie Knowes aus. Hier sind die Arrangements abwechslungsreicher, die Sounds tranceig-technoider, mehr in die Tiefe gehend. Insgesamt die EP, die mehr Spaß macht. Tim Lorenz

Ruf Dug – Casita Más Alta (International Feel)

Ein Liebesbrief an die Weiße Insel sei die jüngste EP des aus Manchester stammenden Producers Simon Hindle für Mark Barrotts Balearic-Boutique-Label International Feel, so die Produktinfo.

Erstaunlich wenig Understatement legt der Titeltrack dabei an den Tag, sondern wirft sich dem Traumeiland nach dem noch flötenumspielten und discoakzentuierten House-Build-up und dem Detroit-Break recht umstandslos als Acid-Not-Acid-Track an den Hals. Grandios dagegen „Cala Vedella”, mählich dahintreibender Downbeat, der wie eine Quersumme aus Angelo Badalamenti, Art of Noise und Laurie Anderson klingt. Gelungenes Soundplay auch in „Las Cicadas”, dessen verstimmte Bassline etwas an Chicken Lips’ „He Not In” erinnert. Spannend, deep, tribal – und mit einem überraschenden Beleuchtungswechsel in der zweiten Hälfte und wohldosierten Percussiondetails der gelungenste Track hier. „Niu Blau” beginnt mit hymnischem Chor-Geklingel und winkt mit Steeldrums zum Abschied – eine Calypsopostkarte zum Ausklang von Ruf Dugs Hommage an Ibiza. Harry Schmidt

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