Lena Willikens hinter den Decks (Foto: Presse)
Was die Selektion in ihren DJ-Sets angeht, lässt Lena Willikens sich nicht durch Trends oder Hits beeinflussen. Ganz im Gegenteil: Von Beginn vertraute die DJ und Produzentin ihrem eigenen Bauchgefühl, perfektionierte ihren Stil mit einer Langzeit-Residenz im Salon des Amateurs und einem Studium an der Kunstakademie Düsseldorf, bevor sie als Artist bei Dekmantel und NTS eine immer größer werdende Fangemeinde hinter sich versammelte.
Heutzutage tourt Willikens mit ihren stilübergreifenden Sets kreuz und quer über die Kontinente, hat eine monatliche Radioshow und kompilierte bereits die fünfte Selectors für Dekmantel. Mit den DJ-Charts von 2017 bekommt man eine vage Vorstellung davon, wie skurril ein Set von Willikens werden kann. Die bizarre Auswahl von vor fünf Jahren lässt sich mit den Schlagworten New Wave, EBM und Minimal Synth oberflächlich kategorisieren, was jedoch nicht Sinn der Sache ist. Die Künstlerin denkt und hört vielmehr in Stimmungen und Klangfarben, anstatt sich von Kategorisierungen leiten zu lassen.
Die Charts starten mit düsteren Produktionen, die in Sets eine extreme Erwartungshaltung und Spannung aufbauen. Drum- und Synth-Sounds klingen, als wären sie in den Achtzigern aufgenommen worden, und die Sequenzen der Midbass-Loops ziehen sich mit vereinzelten Variationen über die gesamte Tracklänge. „Murmur” von Batu sticht durch entstellt-verzerrte Snaredesigns und avantgardistisches Arrangement hervor. Die Arpeggiator-Soundscape-Komposition „Dusk” von Pragma erzeugt durch subtile Variationen innerhalb der Rhythmik eine Sogwirkung mit starkem Spannungsaufbau.
„Krokodil” von Golden Bug greift die 80er-New-Wave- und EBM-Ästhetik auf und versetzt sie in ein modernes Setting. In Manie Sans Dériles EP Untitled stechen kreativ platzierte Vintage-Drums heraus, die von videospielartigen Arpeggios in Zaum gehalten werden. Charlotte Bendiks „Noir” hebt das Tempo auf ein tanzbares Niveau und fängt die Aufmerksamkeit mit eingängigem Groove und dem mit Staub überzogenen Midbass-Loop. Willikens Nummer eins ist der Downtempo-Track von As Longitude. In Juxtaposition mit einer besinnlichen Radiostimme schwingen schillernde, mit Delay und Filtern verzierte Höhenelemente durch die gesamte Produktion und erzeugen eine psychedelische Stimmung ganz im Stil von Boards of Canada.