Freie Musik von freien Geistern. Die losen Enden von Improvisation und Jazz, die ausfransenden Säume von Komposition und Elektroakustik, elektronisch oder akustisch, sind hier jederzeit gerne gehört. Heuer finden sich ganz disparate Ansätze und Generationen zusammen. Zum Beispiel die Kölner Cellistin und Komponistin und häufige Impro-Kollaborateurin Emily Wittbrodt, die ihre musikalische Ausbildung und Ausrichtung nie vergisst, aber doch auf ihrem Soloalbum Make You Stay (Ana Ott, 22. September) in den Dienst von etwas ganz anderem stellt. Mit eingewebter, gesungener oder gesprochener Lyrik und geborgten Song-Lyrics wird aus den digital prozessierten Cello-Klängen und der zurückhaltend aufspielenden Jazz-Trio-Besetzung ihrer Backing-Kombo eine eigene, ziemlich moderne Art von Art-School-Pop. Unverkrampfte Avantgarde, die ganz unverhofft zum Mainstream werden könnte, ja sollte.
Rein klanglich bleibt das Trio von Josh Cole, selbst meist am Bass zu finden, und von Saxophonistin Karen Ng und Holzklöppler Michael Davidson kongenial unterstützt, ganz nah am klassischen Jazz-Trio-Sound. Also ganz nah dran an Instrument und Mikrofon, jedes noch so kleine Knarzen und instrumentale Atmen noch hörbar. Und doch ist Kind Mind (Cassiar Records, 20. Oktober) viel eher ein elektronisch strukturiertes, hochgradig experimentelles wie zugängliches Ambient-Album, das zum Beispiel mit unterlegten Feldaufnahmen den herkömmlichen Klang des Akustischen, des gut Gespielten noch einmal woanders hintreiben lässt.
Es ist nicht nur eine gewisse Konfrontationsfreude, es wirkt so, als wäre es das Instrument selbst, die Trompete, die Nicole Rampersaud zu Kraftakten treibt, die ihre Saudade (Ansible Editions, 3. November) erst mal gar nicht so melancholisch und in sich gekehrt wirken lässt. Freiheit in Klang und Struktur, ernst genommen. Selten klingt das zentrale Instrument nach sich selbst, selten ist es cool und modal, öfter am Ausbrechen, am Erweitern der Möglichkeiten und Denkbarkeiten.