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Tony Y Not – Groove Podcast 392

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Foto: Presse (Tony Y Not)

Miriam von Koerber hat sich in den vergangenen Jahren unter dem Namen Tony Y Not im Umkreis des Kollektivs BAE in New York City, aber auch international und vor allem in Deutschland einen Namen als DJ gemacht. Als Produzentin hat die Betreiberin des Podcasts Safe Spaces Series zuletzt auf Me Me Me, Live At Robert Johnson und der SELECTS Reihe von Love Hertz beziehungsweise fabric ihre gleichermaßen atmosphärisch-emotionale wie energetische Musik veröffentlicht. Ihr Beitrag zu unserem Groove Podcast versprüht über eine Stunde lang mit bouncigen Grooves jede Menge Lebensfreude.


Du wurdest in der Schweiz geboren, auf elektronische Musik beziehungsweise Clubkultur bist du aber vor allem während deiner Jugend in Deutschland gekommen. Welche Künstler:innen, DJs oder Clubs waren für dich besonders wichtig?

In meinen Teenagerjahren war ich noch in der Schweiz und da waren Clubs wie die Zukunft schon sehr wichtig. Dachkantine, Alte Börse und andere Clubs haben das Nachtleben in Zürich sehr einzigartig gemacht und auch jetzt ist die Stadt noch extrem gut aufgestellt, wenn es ums Weggehen geht. Als Teenager fand ich Paul Kalkbrenner toll, aber die Liebe für elektronische Musik hat schon viel früher angefangen – durch die Street Parade in Zürich, die ein mal im Jahr stattfindet.

Deine ersten Schritte als DJ hast du – zumindest unter dem Namen Tony Y Not – in deiner langjährigen Wahlheimat New York City im Umfeld des Kollektivs BAE gemacht. Was hat dich zur DJ gemacht und wie genau sahen deine ersten Schritte hinter den Decks aus?

In New York hatte ich Freund:innen, die Events organisiert haben und ich wollte da einfach mal mitmachen. Von Anfang an hat es mich gestört, dass es nicht viele Frauen gab die aufgelegt haben. Ich hab bei Hauspartys immer oft die Playlists zusammengestellt. Dann hat mir ein Freund das Mischen beigebracht und schon ging’s los. Bei dem Kollektiv BAE war ich für die Eventproduktion zuständig. Das Kollektiv fördert Frauen und „femme-identifying“ Künstlerinnen. Die Gründerin des Kollektivs, Reem, eine gute Freundin von mir, meinte dann irgendwann mal zu mir, ob ich nicht einfach mal auflegen will.

Deine letzte Solo-EP erschien auf Live at Robert Johnson. Welche Beziehung hast du zum Label und dem dahinterstehenden Club?

Ein Freund von mir hat michzur gleichen Zeit, als sich das Label bei mir für einen Mix gemeldet hat, mit ihm in Kontakt gesetzt. Das war ein lustiger Zufall. Dementsprechend hat es dann auch gleich gepasst und das Label mochte meine Tracks. Mit dem Club hat das nicht viel zu tun und ich habe auch noch nie im Robert Johnson aufgelgt. Aber wir arbeiten daran, ein Datum zu finden.

Zuletzt erschien ein Track von dir auf der SELECTS III-Compilation von Love Hertz beziehungsweise fabric. Wie hast du “From Here On Out” geschrieben und wie kam es dazu, dass er auf SELECTS III landete?

Eigentlich war der Track ein Remix, den ich für ein sehr spezielles Projekt von einem Freund gemacht habe. Irgendwie ist aber das Projekt dann stehen geblieben und ich habe mich entschieden, all die Samples des Originals rauszunehmen und den Track in ein Original von mir umzubauen. Zum Beispiel waren die Vocals ursprünglich ein polnischer Sprechgesang. Die habe ich dann rausgenommen und meine eigene Stimme aufgenommen. Dann ging alles ganz schnell und nachdem mich fabric für einen Auftritt gebucht hatte, haben sie auch gleichzeitig nach einem Track für die Compilation gefragt.

Beide Releases setzen einen relativ starken Fokus auf deine Stimme. Was reizt dich, mit ihr zu arbeiten? Geht es dir dabei eher um klanglichmusikalische oder auch inhaltliche Aspekte?

Ich war schon immer Sängerin und hab als Teenager viele Poplieder geschrieben. Ich denke, meine Stimme zu benutzen kommt da sehr natürlich. Die Stimme ist ein Instrument mit dem sich viele verbinden können. Gleichzeitig ist sie ein großartiges Werkzeug, Nachrichten zu vermitteln. Meine Mutter hat immer gesagt das Kunst vom Wort Künden komme. Ich nehme es sehr ernst, etwas mit meiner Kunst zu verkünden.

Der Track “The War Is Not Over But The Fight Goes On” auf Your Exile In My Mind bezieht sich direkt auf deine Long-COVID-Erkrankung, die dir weiterhin auf körperlicher und geistiger Ebene zu schaffen macht. Die Pandemie scheint innerhalb der Szene überhaupt kein Thema mehr zu sein. Würdest du sagen, dass dir von Clubs, Promoter:innen und Crowd mit ausreichend Akzeptanz begegnet wird? Von DJs wird gemeinhin körperliche Verausgabung und emotionaler Einsatz zugleich erwartet.

Das stimmt, die Pandemie ist in der Szene kein Thema mehr und wir vergessen es gerne, weil es für viele wirklich schlimm war. Die Event-Industrie ging als erstes zu und als letztes wieder auf. Ich würde aber sagen, dass viele noch mit den emotionalen und finanziellen Konsequenzen der Pandemie zu leben haben. Obwohl von DJs viel verlangt wird auf jeder Ebene, begegnet ich sehr viel Verständnis von allen, auch den Gästen. Vor auf ein paar Monaten stand auf meinem Rider noch, dass ich einen Barhocker brauche, um aufzulegen. Den brauche ich zum Glück nicht mehr. Ich habe mich immer sehr dafür geschämt, aber es hat ehrlich gesagt niemanden interessiert. Die einzige Person, die mich wegen meinen Einschränkungen verurteilt, bin ich selber. Long-COVID ist eine Spektrumkrankheit und mehr Leute leiden darunter, als man denkt. Das Verständnis ist absolut da. Mitleid will ich keins. Aber ich will, dass trotzdem Aufmerksamkeit für Menschen mit Einschränkungen in unserer Industrie geschaffen wird.

Mit Safe Spaces Series hast du in Verbindung mit deinen Erfahrungen einen Gesprächs-Podcast über geistige Gesundheit in der DJ-Welt gestartet. Welches Ziel verfolgst du damit?

Ich habe gemerkt, dass besonders über unsere mentale Gesundheit oft nicht geredet wird. Nach außen hin sieht das Leben von DJs immer sehr verlockend aus, aber wie wir alle wissen, hat es auch viele Schattenseiten. Kaum jemand redet darüber. So viele Menschen fühlen sich alleine mit ihren Problemen. Ich würde mir wünschen, dass mehr darüber gesprochen wird, und genau das ist das Ziel meines Podcasts: Mit Künstler:innen, Expert:innen in mentaler Gesundheit und anderen Menschen, die das Thema mentale Gesundheit und Musik verbinden zu sprechen.

In diesem Jahr warst du wieder zunehmend als DJ unterwegs und hast auch international, vor allem in Berlin gespielt. Wie hat sich die Erfahrung bisher gestaltet?

Sehr gut. Ich bin sehr froh, wieder mitzumischen. Alle DJs waren das ja, aber für mich ganz besonders, weil ich physisch ja auch noch immer Mühe habe mit meiner Energie. Es freu mich, wieder zu reisen und Dinge zu erleben.

Was war die Idee hinter deinem Mix für unseren Groove-Podcast?

Der Mix ist perfekt für einen sonnigen Sonntagnachmittag, entweder zu Hause oder auch woanders. Happy, groovy, dynamic.

Was sind deine Pläne für die Zukunft?

Keep on doing what I am doing. Musik machen, Gigs spielen, mich auf meine mentale und physische Gesundheit konzentrieren und weiter dafür kämpfen, für Dinge zu stehen, die ich gut finde. Ich werde im Oktober und Dezember wieder für paar Auftritte in Europa sein.

Stream: Tony Y Not – Groove Podcast 392

01. Elfenberg – Descending
02. Teknobrat – Acid Bamako
03. K’Alexi Shelby – Luv of a stranger
04. Henrik Villard – Aether
05. Tony y Not – ID
06. Jaisiel – Nada Que Ver (Lipelis ADHDance Mix)
07. Steve Lawler – Show The Way
08. The Atmosphere – Atm-Oz-Fear (Justin Strauss House Dub)
09. Spray – Witches Drinner
10. Henrik Villard – Kinetics
11. Esprit Divers – Sanasana (Theus Mago & Moisees Fluffy Mix)
12. Corbi – Kraken
13. DJ Antoine – Let’s do it again

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