upsammy – Germ in a Population of Buildings (PAN)
„Es sind die kleinen Dinge im Leben”, wird oft gesagt, um zu erinnern, dass erst die Details das große Ganze schaffen. Auch wenn dem Spruch ausgelutschter Pathos innewohnt, steckt manchmal ein wenig Weisheit drin, hört man sich beispielsweise upsammys aktuelle LP Germ in a Population of Buildings an.
En détail verarbeitet die in Amsterdam lebende Künstlerin ihre Umwelt und zaubert aus allem Möglichen, seltsam Klappernden und Plätschernden, urban anmutende Klanglandschaften, die sich im ständigen dynamischen Wandel befinden. Die Entdeckungstour von upsammy, bürgerliche Thessa Torsing, ist geprägt von Überraschungen und Umwandlungen. Sie bricht ihre eigenen Strukturen immer wieder mit neuen Elementen auf, lässt verschiedene Klangtexturen überlappen oder die Grenzen zwischen Artifiziellem und Organischem verschwimmen.
So hält es sich auch mit „Metro Snake Whispers”. Der letzte Track des Albums beginnt mit zischenden und rauschenden Synths, als schnellte ein Zug vorbei, während unter den Gleisen die Steine klackern. Torsing wird zur Zugführerin einer Fahrt, die von einer sparsamen Instrumentation ploppender und raschelnder Untermalung zu verträumten, psychedelisch-langgezogenen Synths führt.
Die Musikerin begibt sich auf die auditive Mikroebene, auf der sie kleinste Geräusche wie Ploppen, Platschen oder Schnurzen zu holprigen Rhythmen und verspielten Melodien zusammenbastelt.
Der Closer endet mit nochmals aufbrausendem Rauschen, als wäre Torsing aus der Bahn gestiegen. Gleichzeitig drängt sich das Bild einer sich wie eine Schlange durch die Straßen windenden Metro auf. Die Musikerin begibt sich auf die auditive Mikroebene, auf der sie kleinste Geräusche wie Ploppen, Platschen oder Schnurzen zu holprigen Rhythmen und verspielten Melodien zusammenbastelt.
Diese Vorliebe für Umweltgeräusche in Verbindung mit experimentierfreudigem IDM kristallisierte sich bereits auf upsammys 2020 auf Dekmantel erschienenen Albumdebüt Zoom heraus. Auf ihrer zweiten LP nutzt Torsing ihre Field Recordings, um das tatsächlich Lebendige und Dynamische – den Germ in a Population of Buildings – in der Urbanität fernab jeglicher Genregrenzen zu akzentuieren.
Der unbelebte, rigide Asphalt wird zum Schauplatz von Bewegung und Wandelbarkeit.
Die vielfältigen Klänge erinnern an zerbrochenes Glas auf dem Gehweg, glitschigen Asphalt nach einem Regenschauer oder das Vibrieren des Bodens, wenn eine U-Bahn darunter durchrattert. Die von Torsing verarbeiteten Orte und Räume sind in ständiger Bewegung, wie nicht zuletzt Tracktitel wie „Ergo Dynamic Tree” verraten. Ein klobiges Klanggebilde aus gepitchten und verzerrten, unidentifizierbaren Worten und metallischem Rascheln wird durch eine grazile, gezupfte Saitenmelodie aufgebrochen und sorgt für einen der eher seltenen, einfacher zugänglichen, melodischen Momente des Albums.
Ein anderes Beispiel für die Dynamik der LP ist „Asphalt Flows”. Aus verschiedenartigem, merkwürdigem Glucksen und Klappern sowie wankenden Synths bastelt Torsing ein bewegliches Konglomerat aus Sound, das mit zunehmender Zeit an Schwung zunimmt, um letztendlich mit plätschernden Klängen davongespült zu werden. Der unbelebte, rigide Asphalt wird zum Schauplatz von Bewegung und Wandelbarkeit.
Die ungewöhnlichen Klangkombinationen und eher schwer zugänglichen Rhythmen lassen Germ in a Population of Buildings vorerst eher befremdlich und kurios wirken. Doch irgendwann tut man es Torsing gleich, betrachtet aus ihrer Perspektive und schaut beziehungsweise hört einmal ganz genau hin.