Haben sich Midori Takada vom Mkwaju Ensemble, FM-Minimalist Hiroshi Yoshimura und der Improv-Saxofonist Yasuaki Shimizu eigentlich jemals getroffen und zusammen Musik gemacht, damals in den Achtzigern? Diese drei auf so unterschiedliche Weise prägenden Figuren der Kankyō Ongaku? Unmöglich wäre es nicht gewesen, vielleicht nicht einmal so unwahrscheinlich, aber passiert ist es, so weit mir bekannt, wohl nicht. Wie sich eine solche Kollaboration angehört haben könnte, lässt sich mit Humid Sun (Telephone Explosion, 31. März) von Masahiro Takahashi allerdings lebhaft vorstellen. Takahashi lebt und arbeitet zwar in Toronto, sein jüngstes Ambient-Jazz-Werk klingt aber wie eine maximal inspirierte virtuelle Neuerfindung des ungefähr Besten, das in Japan vor 40 Jahren musikalisch passiert ist.
Der New Yorker mit dem hübschen Alias Golden Hallway Music sieht nicht nur so aus, als wäre er gerade einer Siebziger-Landkommune am Niederrhein, so zwischen Neu!-Stadt, Can-Dorf, und Stockhausen-Land entsprungen, er klingt auch so. Die jüngste Folge seines Konzeptalbum-Megaprojekts Rules & Chances Vol. 3 (Not Not Fun, 7. April) knüpft mit allerwärmsten, allerfeinsten Modularsynthesizersounds an das Allerbeste der hiesigen Kosmischen Musik und die Krautsynthesizer der „Blubberheinis” von vor 50 Jahren an. Und es klingt nicht nur wie neu, sondern wirklich neu.
Der Québecer (nicht nur) Gitarrist und Improvisateur André Duchesne ist seine eigene psychedelisch-kosmische Postrock-Band. Er hat sein Album Ch’val (Ambiances Magnétiques, 7. März) Schicht um Schicht, Instrument um Instrument hintereinander eingespielt, Prince-Style, und es klingt nach vollem Bandsound mit gedämpfter Shoegaze-Euphorie. Einzig die immer wieder durchscheinenden kleinen Eigenheiten, was Spiel und Struktur angeht, bezeugen den Free-Jazz-Hintergrund, könnten aber eben genauso von einer ähnlich gestimmten Math-Rock- oder Prog-Combo stammen – sind aber schon etwas lockerer und lässiger, verspielter, verpeilter.
Entspannen, aber mit tanzbarem Groove? Geht klar, gib’ mir Funk, gib’ mir Dub, gib’ mir balearischen House. Gib’ mir Indie-Rock? Auf jeden! Das Berliner Trio YELKA aus den langjährig bewährten Indie-, Post-, Techno- und Dub-Rockern Yelka Wehmeier, Christian Obermaier und Daniel Meteo füttert mit Nowhere Jive (Fun in the Church/Bertus, 31. März) den Impuls nach Relaxation zum Bewegen oder eben nur gemütlich das Sofa zu rocken. Also Funk mit ein bisschen Dub (ohne geht nicht, immerhin spielt hier Daniel Meteo mit), ein bisschen Khruangbin-Style-Retro-Vibes und einer Riesenportion gelassener Freundlichkeit und sympathischer Spielfreude in altbewährter Indie-Trio-Besetzung.
Die bezaubernde EP Peaches (RVNG Intl., im Februar erschienen) des in Glasgow lebenden Laptop-Produzenten Isik Kural ist pure Vorfreude auf unbeschwerte, warme Tage in den Farbtönen des Pfirsich. Schon erstaunlich, wie ein derart lockerer, humanistisch eingefärbter Sound in diesen Tagen, in denen bedingungslose Menschenfreundlichkeit ein rares Gut geworden ist, so selbstverständlich möglich sein kann. Und sei es nur in Musik. Vielleicht ist das Album dewegen so kurz geraten.
Immer noch nicht entspannt? Dann hilft vielleicht die lässige Ambient-Americana von Steve Gunn & David Moore. Die haben für die erste Folge der neuen Kollaborationsreihe des immer überzeugenden Labels RVNG Intl. mit Reflections Vol. 1: Let the Moon Be a Planet (RVNG Intl., 31. März) einfach mal ein üppiges instrumentales Album aus warmer Akustikgitarre und Piano, zwischen Jazz, Country und Folk aus der Hüfte geschüttelt, das zur Referenz ihres Genres werden könnte, ja sollte.